German Rock e.V.

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1969 Deutsche Bands

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Kunze, H.R., Osnabrück

Biografie

Eine ausführliche Biographie zur Person Heinz Rudolf Kunzes findet man im Musikerverzeichnis.
Gerda Kickers hat den Artikel für 'German Rock News' Nr.20 (2003) geschrieben.

[Mit Beiträgen von: Jürgen Hornschuh, Andrea Göbel, Stephan Schelle,Gerda Kickers]

© 1998, 2003 german rock e.v.
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Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
2009 2009 Räuberzivil CD
2010 2010 In alter Frische CD/DVD
0000 Singles: Single
0000 Alben: Single
0000 Singles: Single
1981 Für nichts und wieder nichts Single
1981 Reine Nervensache Single
1982 Eine Form von Gewalt Single
1982 Die kommen immer wieder Single
1983 Sicherheitsdienst Single
1983 Der schwere Mut Single
1983 Auf der Durchreise Single
1983 Sicherheitsdienst Single
1984 Die Städte sehen aus wie schlafende Hunde Single
1984 Lola Single
1984 Deutsche Wertarbeit Single
1984 Lola Single
1984 Miss Saigon Single
1984 Ausnahmezustand Single
1985 Dein ist mein ganzes Herz Single
1985 Ein Mann muß tun was ein Single
1985 Dein ist mein ganzes Herz Single
1986 Wunderkinder Single
1986 Mit Leib und Seele Single
1986 Fallensteller Single
1986 Papierkrieg Single
1986 Wunderkinder Single
1986 Mann tun.......... Single
1987 Finden Sie Mabel Single
1987 Les Miserables Single
1987 Ich brauch dich jetzt Single
1987 Dies ist Klaus Single
1987 Deutsche singen bei der Arbeit Single
1988 Einer für alle Single
1988 Meine eigenen Wege Single
1988 Liebe ist Zärtlichkeit Single
1988 Fetter Pappa Single
1989 Reise um die Welt Single
1989 Reise um die Welt Single
1989 Alles was sie will Single
1989 Gute Unterhaltung Single
1989 Alles was sie will Single
1990 Größer als wir beide Single
1990 Heul mit den Wölfen Single
1991 Wenn du nicht wiederkommst Single
1991 Ein Abend mit Brille Single
1991 Sternzeichen Sündenbock Single
1991 Brille Single
1991 Alles gelogen Single
1991 Der Abend vor dem Morgen danach Single
1992 Mücken und Elefanten Single
1992 Mit Pauken und Trompeten Single
1992 Leichter gesagt als getan Single
1992 Draufgänger Single
1992 Finderlohn Single
1992 Held der Arbeit Single
1993 Lisa Single
1994 Tohuwabohu Single
1994 Einfacher Mann Single
1994 Leg nicht auf Single
1994 Tohuwabohu Single
1994 Leg nicht auf Single
1994 Kunze Macht Musik Single
1994 Macht Musik Single
1994 Der Golem Aus Lemgo Single
1995 Nicht daß ich wüsste Single
1996 Halts Maul Single
1996 Ich steh dir bei Single
1996 RichterSkala Single
1996 Halts Maul Single
1996 Richter Skala Single
1996 Joseph and the amazing technocolor dreamcoat Single
1997 Alter Ego Single
1997 Löwin Single
1997 Korrekt Single
1997 Heimatfront Single
1997 Gib den Ring wieder her Single
1997 Du bist nicht allein Single
1999 RENT Single
1999 Aller Herren Länder Single
1999 Aller Herren Länder Single
1999 Himbeerbaby Single
1999 Nonstop Single
1999 NonstopDas Bisher Beste Von Single
1999 Heinz Rudolf Kunze: agent provocateur Single
2000 Non Stop: das bisher Beste von HRK Single
2001 Pegasus Single
2001 Klärwerk Single
2001 Halt Single
2001 Halt! Single
2002 Wasser Bis Zum Hals Steht Mir Single
2003 Vorschuß statt Lorbeeren Single
2003 Mach auf Single
2003 Dabeisein ist alles Live Single
2003 Rueckenwind Single

Kontakt

http://www.heinzrudolfkunze.de

© 1998, 2003 german rock e.v.
- 1-Dezember-1999 - {/p

Bilder

Kunze backstage in der Worpsweder Music Hall

Musiker

keine Daten gespeichert

Interviews

Heinz Rudolf Kunze ist immer für eine Schlagzeile gut. Mal fordert er eine Quote für deutsche Musik im Radio, dann schreibt er einen Song für den Kirchtag.  Kurz vor diesem Interview im April 2007 versuchte sich der querdenkende Deutschrocker bei Grand Prix-Vorentscheid. Während der Proben zur anschließenden Tour sprach er mit Lars Fischer:

Seid ihr so knapp vor dem Tourauftakt gar nicht nervös?

Na ja, es sind noch drei Tage. Es wäre ja furchtbar, wenn wir heute schon am Zittern wären. Aber das kommt dann sicher noch am Donnerstag.

Ohne Lampenfieber geht es also nie – auch nicht nach über 25 Jahren auf der Bühne?

Nein, das ist unvermeidlich. Ich kenne auch keinen Kollegen, bei dem das anders wäre. Einige behaupten dass zwar, aber die lügen!

Das Programm steht schon fest?

Ja, wir haben schon eine Woche bei uns geprobt und dabei auch eine Reihenfolge, in der die Songs am besten zusammenpassen, festgelegt. Und wie ich uns kenne, wird die auch nicht mehr geändert, es sei denn, ein Stück geht völlig unter und die Leute können gar nichts damit anfangen. Dann überlegt man sich noch einmal eine Manöverkritik, aber eigentlich steht alles.

Ihr habt vor zwei Jahren bereits in Worpswede geprobt und die Tour begonnen...

Ja, wir machen das eigentlich immer so, dass wir in etwas kleinere Städte gehen, um uns etwas aufzuwärmen. Hier sind einfach tolle Arbeitsbedingungen: Wir werden gut versorgt und können hier einfach noch drei Tage „basteln“ ohne unter Druck zu stehen.

Bekommt man in so einer intensiven Arbeitsphase viel von der Umgebung mit?

Man hat schon einen ziemlichen Tunnelblick, aber es entgeht einem nicht, dass es ein sehr schöner und vor allem recht bewaldeter Ort ist. Dass Worpswede ein Künstlerort ist, wusste ich schon vorher, aber man kommt nicht dazu, Sightseeing und Shopping zu machen. Dafür ist man zu sehr auf den Job fixiert.

Was erwartet diejenigen, die noch eine Eintrittskarte für dein Konzert bekommen haben?

Wir haben ein sehr ehrgeiziges Programm erarbeitet. Weil wir davon ausgehen, dass wir von Tour zu Tour eine Stammkundschaft, die sich auch sehr wenig ändert, bedienen, wollten wir den Leuten wirklich mal etwas Neues bieten. Ich hoffe, dass wird auch honoriert, denn es gibt keinen einzigen Titel, der sich mit der letzten Tour überschneidet. Stattdessen haben wir alte Stücke, die wir ganz lange nicht mehr – oder auch noch nie – live gespielt haben im Programm und natürlich viele vom neuen Album „Klare Verhältnisse“.

Keine Angst, dass dabei viele Fans ihre Lieblingssongs vermissen?

Bei über 200 veröffentlichten Liedern kann man es natürlich nie allen Hörern Recht machen. Aber es wird in den Zugaben dann so eine augenzwinkernde Anspielung auf ein paar Hits geben. Die sind also nicht ganz weg, aber sie werden nur als Zitat erwähnt.

Wie fällt dein Resümee zur Teilnahme beim Vorentscheid zum Grand Prix aus?

Sehr positiv! Ich bin da ganz vorsichtig und defensiv rangegangen und hatte nichts anderes als einen dritten Platz erwartet. Angeblich soll ich sogar Zweiter geworden sein, aber das wird offiziell nicht verkündet. Das ganze war eine sehr professionell, gut gemachte Aktion und die ganzen Umständen passten. Man konnte sich so einem Millionen-Publikum mit einem neuen Lied zeigen.

Es ging dir also eher darum, zu zeigen, dass es dich noch gibt und du weiterhin Rockmusik machst?

Ich habe ja in den Wochen vorher überall gesagt, mir geht es darum, einfach dabei zu sein, ich will gar nicht unbedingt gewinnen. Aber wenn man dann dort drei Tage sitzt, dann entwickelt man plötzlich einen ganz anderen Ehrgeiz und möchte doch gewinnen. Einfach so, egal was danach kommt.

Aber die Enttäuschung war zu verkraften?

Ich konnte dann ja den „elderly statesman“ raushängen lassen und habe die Mädels von Monrose getröstet. Zwei von denen haben mir noch das Jackett vollgeheult...

Spielte bei der Entscheidung, dort mit zu machen, auch der Spaß an der Provokation eine Rolle?

Ich glaube die Provokation wäre in der Zeit zwischen Nicole und Guildo Horn größer gewesen. Damals hatte man mir das auch schon mehrfach angeboten und ich habe immer abgelehnt. Aber seit Raab oder Dittsche da waren ist der Wettbewerb ja auch für Leute, die mir näher stehen, offener geworden und die Provokation nicht mehr so groß.

 

Lars Fischer

30.08.2000, 15.00 Uhr

GR = Andrea Göbel für die GERMAN ROCK NEWS
HRK = Heinz Rudolf Kunze

GR: Du hast Dir nicht nur als Musiker, sondern - nach mittlerweile fünf Büchern - auch als Autor einen Namen gemacht...
HRK: Die Lesungen zu meinem fünften Buch Heimatfront laufen seit zwei Jahren. Momentan stammt nur noch die Hälfte aller Texte aus diesem Buch. Die anderen stammen bereits aus der sechsten (demnächst beim Christoph Links Verlag erscheinenden) Veröffentlichung. Es handelt sich hierbei, genau wie bei den Vorgängern, um lose Textsammlungen ohne inhaltlichen Zusammenhang. Es ist schlicht und einfach eine Bündelung von allem, was so am Schreibtisch um die Songs herum nebenbei entsteht. Die einzige Absicht dieser Bücher ist, dass die Texte nicht verloren gehen, die es nicht auf Platte gibt. Das sind dann eben häufig nicht gereimte und gestrophte Geschichten, sondern eher Prosa, die kabarettistischen Charakter oder Kleinkunstcharakter hat.

GR: Gibt es für die Texte eine zeitliche Ordnung?
HRK: Die Ordnung ist chronologisch, also nach Jahreszahlen. Das Heimatfront-Buch enthält Texte von 1995 bis 1997 und das neue Buch ist dann von 1998 bis 2000.

GR: Am Freitag, dem 8.9.2000, gab es eine Lesung im Wittenberger Irish Harp Pub. Wie kommt es, dass Heinz Rudolf Kunze auch in solch kleinen Orten gastiert?
HRK: Da hat sicherlich jemand aus Wittenberg bei meinem Verlag Interesse bekundet. Das wird dann an mich weitergegeben und wenn es in meinen Terminplan passt, so geht das in Ordnung. Wir machen die Lesungen in recht unterschiedlichen Städten, also nicht nur in Hamburg oder Berlin, sondern auch in Kleinstädten und Dörfern. Ich bin vor gar nicht langer Zeit dreimal in Sachsen-Anhalt gewesen (in Gardelegen, in Haldensleben und in Magdeburg). Veranstaltungsort sind Öffentliche Bibliotheken oder Buchhandlungen. Für eine Lesung, die doch eine relativ intime Angelegenheit ist, ist eine Anzahl von ca. 100 Menschen schon ausreichend. Bei mehr als 500 Besuchern würde solch ein Unterfangen nicht mehr nah genug sein.

GR: Lässt sich solch ein kleiner Kreis trotz Deinem Bekanntheitsgrad noch verantworten, oder passiert es schon mal, dass bei zuviel Interessenten ein Teil vor der Tür bleiben muss?
HRK: Also, bei Lesungen habe ich es noch nicht erlebt, dass wir Leute abweisen mussten. Wir haben sie eigentlich immer irgendwie da reingekriegt.

GR: Zum Thema Literatur allgemein: Was bedeuten Bücher für Dich persönlich?
HRK: Ich bin sehr früh ans Lesen geraten. Das wurde von zu Hause auch sehr stark gefördert. Ich habe sehr früh, als kleines, kleines Kind, Interesse gehabt an Literatur, an Märchen und Geschichten, an Sprache und Musik. Beide Neigungen sind ungefähr gleich alt. Meine Eltern haben dies sehr früh erkannt und auch im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten immer gefördert und unterstützt. Ich musste eigentlich nie nach Büchern besonders fragen oder betteln. Als ich so 14/15 war, hatte ich auch mal den Wunsch Autor zu werden, Schriftsteller und nicht Musiker... Das hat sich dann so ein bisschen verschoben. Ich bin dann doch Musiker geworden, mit eigenen Texten,- und hab dann auf dem Umweg über die Musik dazu gefunden, eben auch die anderen Texte die ich schreibe zu veröffentlichen. Das wäre wahrscheinlich ohne die Musik gar nicht so einfach gewesen. Dadurch, dass ich mir da einen gewissen Namen gemacht habe, hatten dann auch die Verlage Interesse an mir. Die Neigung, sich mit Sprache auseinander zusetzen und selber auch Sprache anzuwenden, ist uralt bei mir. Das ging mit 4/5 Jahren los.

GR: Welche Bücher haben Dein Leben besonders beeinflusst?
HRK: Das kommt auf das Lebensalter an. Ich habe wahrscheinlich viel zu früh (ohne das von der eigenen Reife her verkraften zu können) Dostojewski gelesen. Die Gebrüder Karamasow oder Schuld und Sühne... Das war für mich Pubertätslektüre und hat mich sicherlich sehr beeindruckt. Ich habe natürlich auch eine ganz normale Kinderbuch-Phase gehabt. Wie die meisten Menschen meiner Generation und anderer Jahrgänge auch, hatte ich als kleines Kind zum Beispiel eine sehr intensive Astrid Lindgren-Phase. Diese schwedischen Kindergeschichten haben mich als Kind dauernd begleitet. Ich habe so viele tausend Bücher zu Hause, dass es wirklich schwer zu beantworten ist, was da hervorzuheben sei. Ich habe kein Lieblingsbuch...

GR: Welche Bücher sollte man Deiner Meinung nach unbedingt gelesen haben?
HRK: Fluss ohne Ufer von Hans Henny Jahn, die Wahlverwandtschaften von Goethe, die Erzählungen, die Parabeln von Kafka... das sollte man auf jeden Fall gelesen haben. Auch da könnte ich leicht eine Liste aufmachen von mehr als fünfzig Namen. Ich denke, dass die beiden bedeutendsten Autoren die zur Zeit in deutsch schreiben, diejenigen sind, die Marcel Reich-Ranicki am meisten verachtet und schmäht, nämlich Dieter Hahnke und Botho Strauß... und dann sollte man sich noch die Gedichte von Hölderlin angesehen haben.

GR: In Anbetracht des alles überrollenden Fortschrittes,- was hältst Du vom digitalen Buch?
HRK: Ich werde es nicht verhindern können, wie so viele technische Entwicklungen, mich lässt das kalt. Mir macht es keine Freude. Ich halte mich doch gerne an ein Buch als Objekt, als Gegenstand, als Medium, dass man in die Hand nehmen und umblättern kann. Ich beobachte das und werde die Entwicklung weiter verfolgen. Für mich ist das zu abstrakt und zu kalt. Ich bin jetzt 43 Jahre alt und ein Mensch des vergangenen Jahrhunderts. Ich bin da geprägt worden und ich mag das Buch als Gegenstand. Das wird sich in meinem Leben auch nicht mehr ändern.

GR: Aus welchen Quellen stammt das gestalterische Material für Deine eigenen Bücher?
HRK: Normalerweise sind das bei den Fotos die verwendet werden \"Abfallprodukte\" von den Fotosessions die wir für die Platten immer machen. Da gibt es eine Menge Bilder die für die Platte nicht gebraucht werden. Wenn die mir patent erscheinen, dann gebe ich sie an den Verlag weiter. Dort muss man die Sachen allerdings auch gut finden. Die nehmen nicht automatisch das, was ich ihnen vorschlage. Bei Heimatfront allerdings waren wir uns sehr schnell einig, was das Coverfoto betrifft.

GR: Ist das Arbeiten an den regelmäßig parallel zur Musik erscheinenden Büchern ein Selektieren zwischen den Tourneen, oder geschieht das ohne wirkliche Unterbrechungen?
HRK: Das kann sich jederzeit ereignen. Erzwingen kann man das nicht. Ich kann mich nicht vor ein leeres, weißes Blatt setzen und sagen: \"Jetzt mach ich das und das\". Da muss man halt die nötige Geduld haben warten zu können, bis einem was einfällt. Bis man sich dann wieder an einem Thema abarbeitet. Das ist nicht steuerbar. Ich muss drauf warten, dass es passiert, aber es passiert gottseidank relativ regelmäßig.

GR: Unterscheidet sich die Arbeit als Autor von der Vorgehensweise als Songschreiber? Werden Geistesblitze spontan niedergeschrieben oder ist es eher ein konzentriertes Daraufhinarbeiten?
HRK: Das kommt darauf an. In glücklichen Umständen ist ein Lied sehr schnell fertig. Es kann sein, das es einem sehr zusammenhängend und sehr kompakt einfällt. Wenn man Pech hat, dauert es länger. Wenn einem die Idee trotzdem etwas wert erscheint, dann muss man eben auch Geduld aufbringen und immer wieder daran basteln. Man darf einfach nicht den Mut verlieren und es frustriert wegschmeißen.

GR: Was macht Dir Mut und was macht Dir Angst, beim Blick in die globale Zukunft?
HRK: Tja, beim Stichwort Angst könnte ich eine Liste von vielen Wörtern herunterbeten... Am meisten macht mir Angst, dass es eigentlich im Moment keine erkennbare Alternative mehr auf der Welt zu einem absolut wahnsinnig werdenden Kapitalismus gibt, zu einer Wirtschaftsordnung, die, wenn sie losgelassen wird, einfach dazu tendiert sich selber aufzufressen. Mut macht mir dieser Glaube von dem ich nicht lassen will, dass der Weltuntergang schon sehr oft vorhergesagt wurde und bisher noch nicht eingetroffen ist und dass die Menschen immer wieder auf kreative Lösungen gekommen sind, die das Weiterbestehen ihrer Art (bisher jedenfalls) gesichert haben. Unsere Fantasie und Kreativität ist das einzige Kapital das wir wirklich haben: dass Probleme, die uns heute noch hoch wie ein Berg erscheinen, eines Tages doch vielleicht von unseren Kindern und Kindeskindern lösbar sein könnten...

GR: Was hält der Philosoph in Dir für das größte Übel und den größten Vorzug der menschlichen Natur?
HRK: Das ist eine weit gesteckte Frage (die ich nur unter größtem Vorbehalt beantworten kann, da mir morgen vielleicht etwas ganz anderes dazu einfallen würde): Das größte Übel ist die Dummheit und der größte Vorzug ist der Spieltrieb.

GR: Ist wahre Freiheit eine Illusion?
HRK: Das beantworte ich mal mit Nietzsche: Es gibt eigentlich keine Freiheit, es gibt keinen Zufall und trotzdem muss man sich entscheiden.

GR: Mal abgesehen davon, dass sich bestimmte Einstellungen zu bestimmten Begriffen im Laufe des Lebens ständig ändern,- hat das Wort \"Rebellion\" für Dich noch eine Bedeutung?
HRK: Es hat sicherlich für mich noch eine Bedeutung, die andere Frage ist, ob es für mich noch eine Anwendung hat! Ich kann mir unter dem Begriff sehr wohl etwas vorstellen, aber Rebellion, so wie ich sie verstehe, das ist eine Sache, die sehr stark mit dem Begriff Jugend zusammenhängt. Auch wenn man als älter gewordener Mensch, als Mensch der mittleren Generation, sicherlich ebenfalls auf Dinge trifft mit denen man nicht einverstanden ist, so sucht man sich doch andere Wege des Widerstandes als die Rebellion. Ich bin ja nun in der privilegierten Situation einen ganz ungewöhnlichen Beruf haben zu dürfen. Ich kann öffentlich kundtun was mir stinkt, was ich nicht mag, was ich gerne anders hätte,- das ist ja vielen Leuten so nicht vergönnt. Ich kann sozusagen meine Distanz zu vielem was so abläuft und was mich stört auch öffentlich austragen und vortragen. In wie weit das der Welt weiterhilft weiß ich nicht. Vielleicht kann ich dem einen oder anderen Menschen dadurch Anstöße geben, das wäre schön, aber zumindest kann ich es öffentlich kundtun.

GR: Wenn man - so wie Du - ständig alles hinterfragt, empfindet man diese Position dann manchmal auch als Problem?
HRK: Nein. Da ich offen zugebe, wenn ich nicht mehr weiterweiß und nicht behaupte, irgendwelche Rezepte zu haben, konfrontiere ich die Leute manchmal auch nur mit meiner eigenen Ratlosigkeit, dann lachen wir zusammen und es ist gut!

GR: Was möchtest Du (abseits der Musik) in den nächsten Jahren unbedingt noch realisieren?
HRK: Ich würde gerne, abgesehen von den Sachen die ich bis jetzt so machen durfte, einmal im schauspielerischen Bereich eine Rolle spielen, in einem Fernsehfilm. Ich würde zum Beispiel gerne einmal Tatort-Kommissar werden!

GR: Angenommen Du hättest nur noch 24 Stunden zu leben,- wie würdest Du mit dieser Zeit am liebsten umgehen?
HRK: Ich denke, ich würde versuchen sie mit hemmungslosem Sex zu verbringen...

GR: Wenn Zeitreisen hier und heute möglich wären, welche Zeit würdest Du gerne einmal besuchen? (Natürlich mit der Option, wieder gesund und unbeschadet zurückzukommen...)
HRK: Der zweite Weltkrieg würde mich interessieren.

GR: Gäbe es die Möglichkeit, eine die Zukunft betreffende Frage auf der Stelle beantwortet zu bekommen,- was würdest Du gerne wissen?
HRK: Ich glaube, das würde ich ablehnen. Ich möchte nicht an der Zukunft kratzen. Ich fürchte (auch wenn es nur eine angebliche \"Kleinigkeit\" wäre), dadurch wäre es dann nicht mehr die Zukunft! Ich würde mich dann doch viel zu stark nach dieser vorweggenommenen Einsicht richten.

GR: Andererseits stellt sich die Frage, was aus dem zweiten Weltkrieg geworden wäre, wenn Du dort aufgekreuzt wärst...
HRK: Das ist richtig! Die Frage ist ja aber rein spekulativ.

GR: Könntest Du einen bereits verstorbenen Menschen wieder zum Leben erwecken,- wen würdest Du gerne zurückholen?
HRK: Meinen Freund Matthias, der mit 31 Jahren an Krebs gestorben ist.

GR: Wie lautet Deine allerwichtigste Lebensphilosophie?
HRK: Da habe ich ein ziemlich skeptisches Motto. (Manche würden auch pessimistisch dazu sagen, aber ich glaube, ich bin trotzdem noch im Stande zu grinsen...) Meine Lebensphilosophie ist: „Rechne immer mit dem Schlimmsten und freue Dich, wenn Du Dich irrst!\"

GR: Wenn Du aus heutiger Sicht Deine Kindheit betrachtest, welches Bild hast Du dann spontan im Kopf?
HRK: Da gibt es einige Bilder. Ich habe einen Teil meiner Kindheit sehr idyllisch verbringen dürfen, auf einem ganz winzigen Bauerndorf in der Nähe der holländischen Grenze, im finstersten Emsland. (Wo man uns gewarnt hatte, da wären die Bauern dermaßen reaktionär und dumpf und primitiv, dass sie zugereisten, mittellosen Ossis mit Sicherheit feindselig gesinnt wären... Genau das Gegenteil war der Fall! Die Leute dort waren unglaublich gastfreundlich, herzlich und angenehm...) Das Bild, was ich habe ist, dass ich als Vierjähriger in Scheunen herumgetobt bin und mich von ganz oben in riesige Heuberge fallen lassen konnte. Ich bin wirklich mit Kühen und Schweinen und Heu und Bauernhof (zumindest in einem Teil meiner Kindheit) aufgewachsen und das war ziemlich paradiesisch.

GR: Gibt es in Deiner Ahnenreihe irgendwelche Künstler, die Dir das Talent zum Musiker vererbt haben könnten?
HRK: Überhaupt nicht. Ich komme aus wirklich proletarischen Verhältnissen. Mein Vater war der erste, der nicht entweder Kohlensäcke geschleppt hat oder Bauer war. Er war Realschullehrer und hatte zumindest eine Neigung zum Künstlerischen. Er fand das gut. Er hat das selber nicht richtig praktiziert, aber er hat es gefördert. Schon die Generation meiner Großväter und Großmütter, wenn man da in die dritte Generation zurückblickt, das waren alles ganz arme und kleine Leute.

GR: Stell Dir vor, Du hättest für einen Tag lang die Herrschaft über die ganze Welt und jedes Gesetz, was Du an diesem Tag erlässt, behält seine Gültigkeit für die nächsten 100 Jahre. Wie würde Deine erste Anordnung lauten?
HRK: Das weiß ich nicht, da ich mir diese Rolle nicht mal im Traum anmaße. Ich glaube nicht, dass die Welt gut beraten wäre, mich als allumfassenden Diktator zu haben. Ich glaube auch, dass es überhaupt nicht gut wäre, irgendjemanden in dieser Rolle zu haben! Diese Frage stellt sich für mich nicht.

GR: Wo liegen die musikalischen Interessen von Heinz Rudolf Kunze, abseits der eigenen Musik? Was hörst Du gerne in Deiner Freizeit?
HRK: Das lässt sich nur schwer beantworten, denn ich habe mehr als 50 000 Platten...

GR: In welche Musikrichtungen geht das hauptsächlich?
HRK: Auch das kann ich nicht festmachen. Ich habe eine sehr große Abteilung von sowohl Klassik als auch Jazz, Rockmusik, Elektronika und Avantgarde. Es ist sehr gemischt. Ich bin eigentlich sehr empfänglich für jede Art von Musik die ich als gut und konsequent gemacht empfinde. Das kann Hank Williams als Country- und Westernsänger sein, Peter Grützmann als atonaler Freejazz-Saxophonist und alles dazwischen.

GR: Zu welchem Live-Konzert bist Du letztlich als Fan gefahren?
HRK: Das war vor ein paar Wochen hier in Hannover: zu Bob Dylan.

GR: CC Behrens (der ehemalige Schlagzeuger von Fair Warning) ist aus dem Melodic-Hardrock-Lager seit mitlerweile fünf Jahren zur Heinz Rudolf Kunze Band übergewechselt. Wie und wo habt Ihr Euch kennengelernt?
HRK: Wir kannten uns schon länger, als es Fair Warning überhaupt noch nicht gegeben hat! Er wollte schon seit 15 Jahren bei mir mitspielen. Das ging erst mal nicht, weil ich da noch einen anderen Trommler hatte (wir kennen uns seit Anfang 1985 und haben uns immer gut verstanden und auch privat getroffen). Aber der Job war halt vergeben und er musste so lange warten, bis der Platz frei geworden ist. Ich hab ihn dann gefragt ob er nach 10jährigem Warten noch Interesse hat, an dem Job,- und er hat das Angebot gleich angenommen...

GR: Bei so viel veröffentlichten Studioalben, wie das bei Dir der Fall ist,- gibt es da trotzdem so was wie ein derzeitiges Lieblingsalbum?
HRK: Das wäre unfair, gegenüber den meisten anderen. Es gibt zwei Gruppen von Alben. Das ist die eine, die einem besonders nahe steht und die andere Gruppe, die man heute mit etwas mehr Abstand sieht. Beide Gruppen sind ungefähr gleich groß. Da jede Platte ernst gemeint war und ich mit jeder auch was gewollt habe,- mir mit jeder Mühe gegeben habe, ist es schwer da eine einzelne herauszuheben. Jede Platte hat eine ganz eigene Geschichte und verkörpert wenn sie fertig ist und erscheint, die Arbeit von mehr als einem Jahr Leben. Insofern habe ich kein einziges Album bisher bereut. Es hat alles mit meinem Leben zu tun.

GR: Wann ist das nächste Studioalbum zu erwarten und wann die nächste Tour?
HRK: Das Album kommt in den ersten Wochen des neuen Jahres, die Tournee, schätze ich mal, fängt am Tag nach Ostern an.

GR: Gibt es dafür schon einen Arbeitstitel?
HRK: Das soll noch nicht verraten werden! Vage umschrieben ist das neue Album eine ziemlich weit ausholende Sammlung von Songs und Themen zu allen möglichen Gegenständen.

GR: Um noch mal auf die Heimatfront zurückzukommen,- was bedeutet Heimat für Dich persönlich?
HRK: Das ist für mich biographisch schwierig zu beantworten. Ich stamme aus dem Osten und bin im Westen aufgewachsen und dort sehr oft umgezogen. Ich habe also auch eine verwandtschaftliche Beziehung in die Lausitz, wo wir herstammen, bin aber eben vom Aufwachsen her ein Exil-Ossi. Ich bin unmittelbar nach der Geburt mit meinen Eltern im Westen gelandet und insofern würde ich zu keiner Stadt, zu keiner Region, sagen können: Das ist nun ganz und gar meine Heimat, denn erstens stamme ich da her und zweitens bin ich da auch längstens gewesen. Die längste Zeit meines Lebens war ich bisher in Osnabrück, aber auch das ist dann letzten Endes nur eine Station unter mehreren gewesen und kommt für einen so richtig klassischen Begriff Heimat auch nicht in Frage. Also muss ich mich wahrscheinlich (wie das auch so mancher Politiker tut, heutzutage), auf den Begriff insofern zurückziehen als ich sage: Heimat ist für mich der deutsche Sprachraum.

GR: Zum Abschluss noch ein spontanes Brainstorming: Welche Assoziationen hast Du zu den folgenden Worten?
HRK: Zeit: Wahrscheinlich letzten Endes der kostbarste Besitz, den man haben kann!
Macht: Die gefährlichste Provokation, die einem im Leben manchmal droht,- etwas das man wie eine schlimme Verführung möglichst weit von sich weisen sollte.
Ego: Eine Grundkonstante und ganz wichtige, unverzichtbare Größe, gerade für jeden Künstler.
Adrenalin: Eine mir sehr bekannte, und gerade fünf Minuten vorm Auftritt sehr spürbare Substanz.
Seele: Gehört sicherlich zu den Bereichen, die man als Künstler permanent erforschen will. Genauer gesagt: Man will sich vergewissern, ob es das überhaupt gibt.
Europa: Ein Erdteil, dessen Stärke auch weiterhin darin liegen sollte, dass er vielfältig ist. Er sollte nicht von einem falsch verstandenen Brüsssel einfältig und gleich gemacht werden.
Stille: Eine Ressource, die in unserer lauten Zivilisation allemal zu knapp wird.
Toleranz: Fällt gerade Künstlern in ihrer Ego-Fixiertheit besonders schwer.
Hass: Egal ob man es nun mag oder nicht, ist ein wichtiges Gewürz im Leben...
Träume: Ein großes Kapital der Fantasie! Leider kann ich mir, wenn ich aufwache viel zu selten merken, was da im Schlaf vorgegangen ist.
Besessenheit: Diese Art Grundspannung, die das künstlerische Arbeiten ausmacht. Ich glaube, ohne Besessenheit kann man kein Künstler sein.
Glück: Strebt man immer wieder an, obwohl man genau weiß, dass es nie lange vorhält.
Schicksal: Ein Monstrum, das man versucht so gut wie möglich zu beeinflussen, obwohl man letzten Endes weiß, dass der Einfluss auf das Schicksal immer sehr begrenzt bleiben wird.
Geduld: Fehlt mir. Eine meiner größten Schwächen...
Leidenschaft: Der verträglichere Teil der Besessenheit.
Fantasie: Ein anderer Name für Gott.

GR: Was wünscht Du Dir am allermeisten, für Deine künstlerische Zukunft?
HRK: Da gibt es Antworten auf ganz verschiedenen Ebenen. Es wäre sehr wünschens- und erstrebenswert für mich, wenn ich das, was ich jetzt 20 Jahre machen durfte, noch möglichst lange weitermachen kann. Das heißt, dass ich weiterhin davon ausgehen kann, dass es Leute gibt, die mir das Gefühl geben, dass ich gebraucht werde, dass ich gehört werde, dass ich einen Platz in ihrem Leben habe (also ein Publikum habe). Ich habe da so einige Vorbilder, sei es nun Bob Dylan, Lou Reed oder Neil Young,- die sind schon Ende fünfzig (ich bin erst Mitte vierzig) und die machen das immer noch. Das macht mir Mut. Solch eine Position würde ich gerne in Deutschland einnehmen.

© 1998, 2003 german rock e.v.
- 28-September-2000 - {/p

Konzertbericht

Rezensionen

HEINZ RUDOLF KUNZE

Dein Ist Mein Ganzes Herz 1985/2009, Warner, 5051865-0203-2-5

Wunderkinder 1986/2009, Warner, 5051865-0207-2-1 

Brille 1991/2009, Warner, 5051865-0257-2-6

Macht Musik 1994/2009, Warner, 5051865-0255-2-8

Räuberzivil 2009, Rakete Medien / Alive 6401934

In Alter Frische 2010, Turbine Medien / Alive

 

 

 

1985 war das Jahr des Durchbruchs für Heinz Rudolf Kunze. Single und Album Dein Ist Mein Ganzes Herz machten aus dem Liedermacher auf einen Schlag den Popstar mit inhaltlichem Anspruch. Wirklich angepasst wurde er nicht, aber das Pendel zwischen lyrischen Meisterleistungen und charttauglichen Plattitüden schlug immer deutlicher in letztere Richtung aus. Aber auch auf dem Nachfolger Wunderkinder (1986)  gab es einer Reihe von Stücken, bei denen Heiner Lühring als musikalischer Direktor Kunzes brillante Verse noch nicht klein bekam.  Danach ging es bergab, sowohl textlich, wie auch musikalisch und auch was kommerzielle Aspekte anbelangt. Erst mit Brille 1991 gelang noch einmal der Sprung in die deutschen Album Top Ten, was auch mit Macht Musik drei Jahre darauf glückte. Diese vier Alben kommen als Remaster mit wirklich informativen Booklets und einer recht beachtlichen Anzahl von Bonus Tracks. Allerdings wären statt Demo-, Live- und vor allem gruseligen Maxi-Versionen mehr Non-Album-Stücke wie Hamburg Um Vier oder Neonröhren tatsächlich erleuchtender und so auch erquickender gewesen. 

Was all diese Alben zeigen, ist die Quotenrockerseite von Kunze, der sich nicht scheut, für die SPD, auf dem Kirchentag, im Kinderkanal oder – beinahe gleichbedeutend - beim Eurovision Song Contest zu singen. Das alles ist – um Max Goldt zu zitieren – „verzeihlich“ und bei weitem intelligenter als das allermeiste, was einem sonst im Haifischbacken Pop unterkommt. Aber es zeigt einen HRK, der sich unter Wert verkauft – die Betonung ist aufs Verb gerichtet! Denn dass er all seine grandiosen lyrischen Fähigkeiten auf den ersten vier Alben verballert hat, stimmt genauso wenig wie die Annahme, er könne keine wirklich überzeugenden Songs mehr schreiben. Seine bissigen, zynischen und brillanten Zwischentexte bei Konzerten sprechen eine andere Sprache und alle paar Jahre erscheinen CDs von ihm, die den ganzen Poprockismus über den Haufen schmeißen. Räuberzivil ist so eine Veröffentlichung, die vor allem an Kommando Zuversicht (2006) anknüpft. Anders als bei den „literarischen Programmen“ stehen auch hier Songs und Texte im Gleichgewicht und zur verkleinerten Verstärkung gehören lediglich Wolfgang Stute (Gitarre, Cajon) und Hajo Hoffmann (Geige, Mandoline). In dieser geschmackvoll reduzierten Unplugged-Versuchsanordnung spielt sich Kunze durch sieben neue und diversere ältere Songs, ergänzt um in etwa ebenso viele Texte, zwei Instrumentals und zum Abschluss zwei recht überflüssige The Who-Coverversionen. Besonders die bekannten eigenen Stücke, die quer aus dem gesamten Werk zusammengestellt sind, zeigen, welche Perlen sich auf beinahe jedem HRK-Album, oft leider gut getarnt, verbergen. Dennoch bleiben die frühsten Werke – Regen In Berlin und die Bestandsaufnahme vom Debüt-Album – die eindrucksvollsten. Gerade letzteres ist ein Credo, dass man dem Sänger gerne öfter wieder selber vorhalten möchte: „Wir kommen langsam in das glatzenwunde Alter, das zwecks Karriere ein Bekenntnis nötig macht...“. 1981 war es Zeichen der Resignation, SPD zu wählen. Heute hat Kunze den unerreichten Text abgeändert: „Wir wählen mittlerweile locker FDP“ - das nennt man wohl Paradigmenwechsel. „Es ist ein Wahnsinn, sich so früh schon zu erinnern“, meint er auch mit 52 Jahren noch. Trotzdem, seit Die Städte Sehen Aus Wie Schlafende Hunde (1984) hat der Liedermacher Kunze nichts Überzeugenderes veröffentlicht als Räuberzivil.

Das stimmt zumindest in Bezug auf neue Aufnahmen, was jedoch Archivmaterial angeht ist In Alter Frische unschlagbar. Die vier DVDs mit sämtlichen Rockpalast-Aufzeichnungen zeigen den Musiker vor, auf und hinter dem Zenit seines Schaffens – und das in aller Ausführlichkeit und auch mit sehr kritischen Tönen im Bonusmaterial auf der vierten Scheibe. Vor allem das ist Kunze hoch anzurechnen. Neben ihm selber kommen ehemalige Verstärkungs-Musiker wie Joschi Kappl (heute bei Farfarello), Thomas Bauer, der sich im weiteren Bonusmaterial als lustiger Alleinunterhalter erweist, oder Peter Miklis zu Wort. Sie haben keinen Grund, ihre Trennungen – teilweise per Fax vollzogen - von Kunze zu beschönigen und tun das auch nicht. Auch der Meister selber äußert sich, insbesondere in Bezug auf sein Verhältnis zu Mick Franke. Der Gitarrist der ersten vier Alben, der 2001 verstarb, war Kunzes Freund der ersten Stunde, stand der kommerziellen Entwicklung im Wege und wurde entlassen. Auf der ersten DVD Auf der Durchreise, im März 1985 in der Hamburger Markthalle aufgenommen, ist er noch dabei, im Juli desselben Jahres beim Auftritt in der Fabrik hat bereits Heiner Lürig seinen Platz eingenommen. Mit den neuen Songs von Dein Ist Mein Ganzes Herz, die zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlicht sind, hat er HRK und Verstärkung zum Popact gemacht – passenderweise heißt die Scheibe Ich Glaub’ Es Geht Los – tat es ja auch, was die Charts anging. Vier Monate zuvor spielte Kunze einen ungleich sperrigeren Set, der zwar nicht rockte, aber im Nachhinein so etwas wie der Schwanengesang seines Frühwerks ist. 25 Songs plus Zwischentexte, darunter seine Version von Nackt Im Wind, das er mit einem sehr berührenden Reisebericht aus dem Tschad einleitet, und das unveröffentlichte Kilian (Eine Jugend In Deutschland). Einen besseren Kunze gab es nie wieder.

Auch die weiteren Aufnahmen – Ein Abend Mit Brille von 1991 und Macht Musik (1994), jeweils auf den entsprechenden Touren in Köln aufgenommen, dokumentieren gelungene, aber keine großen Momente. Das ist auf der fünften Scheibe Die Offene See anders. Auf der CD zu hören ist ein Auftritt in Ost-Berlin vom Februar 1989 inklusive einer eingedeutschten Version von John Lennons Imagine. Aber auch die anderen Songs bekommen angesichts der Umstände und der späteren politischen Entwicklung neue Wendungen. Schade, dass ausgerechnet hier die Bilder fehlen.

Lars Fischer

Draufgänger (1992)
Herrlich, sich dieses Vinyl wieder aufzulegen... wir erleben einen Kunze, der weder davor noch danach so frisch geklungen hat. Ob es wohl an den bratenden Gitarren liegt? Sind es die eingängigen Melodien? Oder sind vielleicht doch wieder die Texte schuld, die schonungslos blaue Flecken und Knochenbrüche des Einheits-Elends massieren?
Für Metalheads nach wie vor nicht geeignet bietet diese Scheibe trotzdem die etwas ruppigere Gangart, die etwas verständlicheren Inhalte für all jene Deutschrockfans, die Heinz Rudolf Kunze bisher zu weich und belehrend fanden.
[Jürgen Hornschuh]

Nonstop (2000, WEA)
Die richtigen Fans brauchen es sowieso, und die, die ihn immer mochten, aber bei 19 Longplayern ständig auf solch ein Best of Album warteten um zuzuschlagen, sind bei Nonstop jetzt ebenfalls goldrichtig. Heinz Rudolf Kunze, der Mann der nicht nur sein Herz, sondern auch einen überaus klaren Verstand auf der Zunge trägt, der geborene Dichter und Denker mit der Dauer-Inspiration, hat diesem längst überfälligen Sammelsurium aus Gefühls-Orkanen mit einer superben Songauswahl und einem liebevoll zusammengestellten, gut gefütterten Booklet starke Argumente zum Nostalgie-Schwelgen hinzugefügt. Neben Überfliegern wie der Langzeit-Hymne Dein ist mein ganzes Herz und Gänsehautprovozierern a la Ich brauch dich jetzt oder Alles was du willst, gibt es mit Aller Herren Länder, Wunderkinder und einer genialen a capella Version von Sicherheitsdienst auch gewohnt bissige Töne vom Mann mit dem Brillen-Durchblick und dem Adler-Auge fürs Detail. Mit dem Titelsong gibt es gleich die Single vorne an, bevor 15 neu remasterte Klassiker Erinnerungen wecken. Auch wenn Nonstop nicht genügend Platz für alle Ohrwürmer des Exil-Ossis bietet, so kredenzt es doch ein delikates Soundmenü aus dem sicher noch lange nicht abgeschlossenen Kreativ-Lebenswerk des Lyric-Workaholics Kunze.

Rückenwind (wea 5050466-4914-2-8)

Nach 16 Jahren wechselte Kunze erstmals das Studio und arbeitete mit einem anderen Produzenten und neuen, jungen Musikern zusammen. Deshalb weht auf dem siebzehnten Album des Stars ein stets ein frischer Rückenwind. Dennoch ist es unverkennbar Heinz Rudolf Kunze – keiner schreibt solche Texte wie er.

Der Opener Himmelfahrtskommando klingt schön rockig und heavy und macht neugierig auf mehr. Weiter geht es mit Da Müssen Wir Durch. Das haben wir wohl alle mehr oder weniger oft gesagt, und Kunze macht Mut und verbreitet Optimismus. Futuristisch und leicht melancholisch hingegen Es Ist Nicht Wie Du Denkst. Mit dem Thema älter werden befasst sich der Text, ein Thema auch für mich. Jung und oberflächlich ist hingegen der Mann, der in Schön Und Gut besungen wird. Genau das Gegenteil von Dichter und Denker Heinz Rudolf.

Sehr gut gefällt mit Wozu Feinde – einfach Lauschen. Der Titelsong Rückenwind lässt eher leise Töne anklingen, sehr schön. Von der schönsten Klofrau, die HRK jemals gesehen hat handelt Zwischen Uns. Da muss es ziemlich heftig gefunkt haben. Gut gemacht wie alle 13 Titel der CD, die sehr abwechslungsreich ist und zeigt, wie groß die Bandbreite des Ausnahmemusikers ist.

Da findet jeder seinen Lieblingstitel oder auch mehrere. Meine sind zur Zeit Killroy Was Here, das rhythmische Die Zukunft und das vom Orchester begleitete Prophet, unbedingt anhören. Insgesamt eine absolut gelungene Produktion eines kreativen Musikers und Literaten. Alle Achtung, nach so einer langen Karriere noch so frisch zu klingen gelingt wohl kaum jemand anderes.

[Rita Mitzkatis]


Dabeisein Ist Alles Live (2003 Warner Music 5050466-8799-2-9)
Amtlich ist ein Wort, das Heinz Rudolf Kunze wahrscheinlich nicht so gerne hört, doch hier muss er es ertragen. Seine DVD ist Korrekt und nicht Reine Nervensache!Mit diesem Silberling bekommt der Fan ein sehr gut aufgenommenes Konzert von Heinz Rudolf. In meinem Falle war es ein herrliches Wiedersehen, da ich ihn am 2. Mai nahezu mit dem gleichen Programm und der selben Band gesehen habe. Aber alle, die ihn verpasst haben, bekommen hier die Chance den Auftritt gemütlich unter besten Bedingungen noch einmal zu erleben.
Es sind viele Kleinigkeiten, die mir als Live-Puristen gefallen. Heinz Rudolf schwitzt und muss sich mehrmals die Brille putzen etc. Das soll heißen: Kein Visagist legt seine Gesichtshaut nach jedem Song trocken keine hastig gewechselte neue Kleidung verhindert Schwitzflecke und so weiter, wie es bei vielen internationalen Produktionen üblich ist. Hier wurde auch kein Stück abgebrochen und neu angesetzt. Ein echtes Livekonzert eben.
Und genau das liebe ich. Man ist tatsächlich live dabei, genau so wie es der Titel verspricht.
22 Titel beinhalten natürlich viel vom Rückenwind-Album. Von der Single Mach Auf bis hin zu meinem Lieblingstrack Killroy Was Here. Die Musiker sind gut aufgelegt, und es macht einfach Spaß zuzuschauen und zu hören.
Natürlich kommen auch ein paar Hits zur Aufführung wie zum Beispiel Finden Sie Mabel, Alles Gelogen, Alles Was Sie Will und natürlich Dein Ist Mein Ganzes Herz.Aber ich will nicht zu viel verraten.
Als Bonus gibt es noch zwei Videoclips, nämlich Aller Herren Länder, das mir mit knappen zwei Minuten zehn Sekunden viel zu kurz ist und Tohuwabohu als krönenden Abschluss dieses Werkes.
Fazit: Rundherum gelungene DVD ohne Abzüge!
[Kurt Mitzkatis]

 

News

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© 1998, 2003 german rock e.v.
- 08-Juli-1998 - {/p

Berichte

Worpswede, Music Hall, April 2007

Manchmal ist bei Heinz Rudolf Kunze schwer abzuschätzen, wo der Ernst aufhört und wo die Ironie anfängt. Manchmal wird die Kopf- und Textlastigkeit seiner Musik aber auch einfach nur überwertet. „Die Welt ist POP“ heißt seine Antwort darauf, ein neuer Song, mit dem der altgediente Deutschrocker sich schon recht wacker beim deutschen Vorentscheid für den Grand Prix schlug.

Deutlich wird aber auch beim ausverkauften Auftaktkonzert seiner diesjährigen Tour, dass der 51-Jährige mittlerweile jenseits von allen Genregrenzen steht. Deutschrocker - mit der Betonung auf Rock – war Kunze eigentlich nie und von seinen Anfängen als Liedermacher ist bis auf wenige Klavierballaden wenig geblieben. Vielmehr hat er sich mit seinen prägnanten, relativ leicht eingängigen Melodien und der sehr individuellen Klangfarbe seiner Stimme dort eingerichtet, wo die Welt ist: im Pop. Die Besonderheit ist dabei, dass er immer noch als der sprachgewandte Lyriker mit leichter Oberlehrer-Marotte durchgeht. Und in der Tat sind Kunzes Texte noch immer voller starker Metaphern, oft messerscharf und tabulos formuliert. Dass sich im Laufe von über 25 Jahren und 27 Alben auch einige profanere Werke dazwischen gemogelt haben, ist sicher verzeihlich.

Für seine aktuelle Tour hat der Sänger ein komplett neues Repertoire versprochen, das nicht ein Stück der letzten Tournee enthalten soll. Und obwohl er schon 1984 die Parole „Glaubt keinem Sänger“ ausgegeben hat – dieses Versprechen hält er ein. So gibt es natürlich einen Großteil der Stücke vom aktuellen Album „Klare Verhältnisse“, die mehr überzeugen können als manche seiner anderen aus den letzten Jahren, aber auch nur erstaunlich wenig Rückgriffe auf ganz frühe Jahre. Lediglich der Opener „Schutt und Asche“, „Die offene See“, „Akrobat“, „Die kommen immer wieder“, das in einer sehr spröden New Wave-Version ein wenig Fremdkörper im Programm ist, und „Lisa“, eines seiner schönsten, ungewöhnlichen Liebeslieder, stammen aus den 80er Jahren.

Einen „Schmankerl“ für die Zugaben hat sich Heinz Rudolf Kunze natürlich noch aufgespart: In „Gute Unterhaltung“ – eigentlich eine Reggae-Nummer mit fast schon dadaistischen Text vom gleichnamigen Album von 1989 – werden kurze Zitate seiner größten Hits eingebaut. Ganz ohne „Lola“, „Dein ist mein ganzes Herz“ oder „Mabel“ traut sich Kunze wohl doch nicht, seine völlig durchgeschwitzten, aber auch restlos begeisterten Fans nach Hause zu entlassen.

 

Lars Fischer

Meschede, Stadthalle, 30.4.2001
Wir schreiben den 30.04.2001. In ganz Deutschland wird, wie jedes Jahr, in den Maigetanzt, so auch in Meschede (Sauerland). Doch was dort in der Stadthalle abging war keinnormaler Maitanz. Deutschlands Rockpoet Heinz Rudolf Kunze machte im Rahmen seineraktuellen Tournee im wahrsten Sinne des Wortes Halt!
Da ich seine Musik zwar kenne, ihn aber bisher noch nicht live gesehen hatte, nutzte ichdie Gelegenheit und fuhr in das 20 Kilometer entfernte Meschede, was sich später alsäußerst lohnenswert herausstellen sollte.
Die mit ca. 800 Zuschauern besuchte Stadthalle war gut gefüllt. Schon zu Beginn konnteman sich im Zuschauerraum über mangelnde Wärme nicht beklagen. Im Laufe des Konzertessollte sich dies noch steigern. Das Publikum war sehr gemischt. Neben Teenagern fandensich auch Zuschauer in der Masse, die das 50. Lebensjahr schon um einiges überschrittenhatten.
Heinz Rudolf und seine vierköpfige Band betraten pünktlich um 20.00 Uhr die Bühne. Erbegrüßte das Publikum und meinte, \"Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon malim sauerländischen Meschede gespielt haben. Aber, wenn der Abend gut wird, kommen wirbestimmt wieder.\"
Dieser Eingangsworte hätte es gar nicht bedurft, denn das Publikum ging gleich vom erstenTon an mit. Es wurde geklatscht, geschunkelt und getanzt, so dass eine echte Partystimmungaufkam. Der Saal wurde zum Hexenkessel, was dann nicht nur den Musikern, sondern auch demPublikum die Schweißtropfen auf die Stirn und auf andere Körperteile trieb.
Wir erlebten an diesem Abend einen sehr gut aufgelegten Kunze. Man konnte ihm und seinerBand anmerken, dass es ihnen sehr viel Spaß machte, vor diesem Publikum zu spielen. Auchdie gebotene Show gefiel. Der Klang war einwandfrei und die Liveversionen seiner Stückemitreißend, ja viel druckvoller und rockige als die Albumversionen.
Zwischen einigen Titeln brachte Heinz Rudolf poetische Einlagen. So prangerte erbeispielsweise die Radiosendungen an, die heute nur noch volksverdummendes Zeug spielen.Dann meinte er, dass die Beatles auf seiner Heizung geschmolzen seien. Sie waren aus Blei.Er habe schließlich getrunken, was noch von ihnen übrig sei und so sei er die letzteHoffnung des Rock \'N\' Roll. Dies kann man nach dem Konzert nur bestätigen. Heinz Rudolfbot an diesem Abend alles, was das Rockherz begehrt. Von absoluten Rocknummern überMainstream bis hin zu mitreißenden Balladen. Ob er nur sang, Gitarre spielte, sich ansKlavier begab oder in die Mundharmonika blies, es passte einfach alles. Und seine Musikerstanden ihm in nichts nach.
Nach gut eindreiviertel Stunden war dann der offizielle Teil des Konzertes beendet. DasPublikum tobte und klatschte und holte die Band noch einmal auf die Bühne. Bei dem StückWenn Du Nicht Wiederkommst hielt er für den Refrain das Mikro ins Publikum welches aus800 Mündern diesen dann aus voller Brust sang. Nachdem diese Zugabe beendet war, sang dasPubli-kum so lange den Refrain, bis die Band sich noch einmal erweichen ließ und auf dieBühne zurückkehrte. Insgesamt wurde sie viermal wieder auf die Bühne zurückgeholt.
Keine Frage, bei diesem euphorischen Publikum und den Beifallsbekundungen bleibt HeinzRudolf gar nichts anderes übrig, er muss einfach wiederkommen.
Nach dem zweieinhalbstündigen Konzert hatte ich das Gefühl, gerade einen Saunaaufenthalthinter mich gebracht zu haben. Ich verließ den Ort mit einem sehr guten Gefühl. DasKonzert war jeden Pfennig des Eintrittsgeldes Wert.
Meine Empfehlung: Sollte Heinz Rudolf in eurer Nähe spielen, unbedingt hingehen.
[Stephan Schelle]Georgsmarienhütte, Dütehalle, 02.05.2003
Pünktlichkeit ist angeblich eine deutsche Tugend... Wenn dem so ist, dann sind HeinzRudolf Kunze und seine Band sehr tugendhaft, denn das Konzert begann exakt um 21:00Uhr.
Die Dütehalle liegt vor den Toren Osnabrücks, der ehemaligen Heimatstadt von HeinzRudolf. 2000 Leute passen dort hinein. An diesem Abend war sie zumindest mehr alshalbvoll. Es ist eine dieser neuen Veranstaltungsorten, die speziell für Eventskonzipiert wurden. Vorne die Bühne mit unbestuhltem Parkett und weiter hinten dieGastronomie und kleine Tischchen mit Barhockern. Wer hier Platz nimmt, der hat einen gutenÜberblick, da diese Sektion etwas erhöht gebaut wurde. Der Brandschutz ist vorbildlich.Eine Katastrophe wie in Amerika bei Great White kann nicht passieren. Jede Menge gutausgeschilderte Notausgänge, die auch alle unverstellt sind.
Solch eine Location hat Osnabrück mit seiner viel zu kleinen Stadthalle nicht zu bieten!Das war wohl der Grund für Heinz Rudolf Kunze hier aufzutreten.
Neben der Pünktlichkeit zeigte er aber auch noch andere Tugenden. Das neue Album wurdequasi Stück für Stück exakt in der Reihenfolge wie der CD gespielt, und siehe da, esfunktionierte prächtig! Ein brillant klarer Sound, der nur ganz selten von einem kleinenKnistern begleitet wurde erlaubte es jedem seine Ohren nicht martern zu müssen. Und wasnoch wichtiger war man konnte den Gesang gut verstehen. Gerade bei Heinz Rudolf Kunze demWortschnitzer und Feiler ist dies ja bekanntermaßen wichtig. Bei der Begrüßung lieferteer ein Hermann Hesse-Zitat als Erklärung, warum er denn nun mit komplett neuer Mannschaftarbeitet. Der Mann hat vollkommen Recht. Heinz Rudolf hat sich wieder unter das Volkgemischt und mit jungen Talenten neues ausprobiert und trotzdem ist unverkennbar Kunzeherausgekommen.
Das Verständnis der Band untereinander scheint klasse zu sein, auch das ist wichtig umseinen Kopf frei zu haben. Neben den vielen neuen Stücken griff Heinz Rudolf hier und daganz tief in seinen Plattenschrank und ließ uns noch einmal den „Pfingstmontag aufdem Balkon“ erleben und besonders gefreut hat ihn wohl, dass noch ein anderes Stückseines Erstlings endlich den Weg auf die Bühne fand: Noch Hab Ich Mich An NichtsGewöhnt! Sein Basser Leo Schmidthals fand gerade dieses Stück beim Wühlen im komplettenSongfundus klasse, was Heinz Rudolf strahlen ließ, hatten doch alle früherenBandmitglieder dieses Stück nach Kunzes Aussage alle scheiße gefunden. Ich bin da wieauch wohl das Publikum Leos Meinung. Es könnte immer noch das Motto von heute sein. Wersich an nichts gewöhnt bleibt aufmerksam und kritisch! Außerdem hat dieser Titel absolutkeine Patina angesetzt.
Von den 13 Titeln des neuen Albums bringt er neun zum Vortrag, wobei ich aber nicht alleverraten möchte, da ein bisschen Überraschung für Konzertbesucher bleiben muss. Dochsoviel sei hier gesagt. Die Stücke sind live alle hervorragend umgesetzt. Am meisten hatmich dabei Killroy Was Here beeindruckt! Die Band spielt, als wären sie schon Jahrezusammen, dabei sind sie doch alle „ so viel Jünger“ als ihr Frontmann, wiedieser ironisch traurig bemerkt, „lediglich der Keyboarder Matthias Ulmer ist fast soalt wie ich“ kokettiert er.
Heinz Rudolf wäre nicht er selbst, wenn er nicht auch zwischendurch mit kurzenErklärungen, Gedichten und Zitaten das Publikum zum Nachdenken oder auch Schmunzelnbringt. Was ihm hier in Georgsmarienhütte ganz besonders am Herzen lag, das war wiedereinmal, dass er durch Sinnentstellend verkürzte Zitate als „Kriegsfreund“ inSachen Irak hingestellt wurde! Oft gebrannt für seine Statements lieferte er eine völligzutreffende Story dazu, Seinen Hit Aller Herren Länder erweiterte er um die Textzeile„Du wirst nie zuhause sein, wenn der Orient Dich nur durch Bomben kennt und du kommstals ungebetener Gast, wo Du nichts zu suchen hast!“ Um die Sache noch etwas zuverstärken saß er wie einst Bob Dylan in Protestsängerhaltung mit Mundharmonikagestellund Gitarre vor dem Mikrofon und brachte den Song in dieser Spielart. Die Halleapplaudierte lang anhaltend und ohne Ausnahme. Es muss doch für Sänger deutscher Zungemöglich sein ihre Meinung zu sagen(singen). Auch wir vom German Rock e.V. sind gegenZensur in unseren Köpfen. Wenn jemand für seine Meinung steht – ist das ok. Mankann zustimmen oder ablehnen, aber man sollte so tolerant sein diese Meinung ausgesprochenstehen zu lassen! Wir haben hier im Land viel zu wenig Kunzes.
Zurück zum Konzert: Erst kurz vor dem Ende kamen die etwas rockigeren Hits wie Alles WasSie Will und Meine Eigenen Wege. Hier glänzte der als „Naturereignis ausWilhelmshaven“ angekündigte Gitarrist Jörg Sander.
Das Publikum erzwang ganze vier! Zugaben, die mit jeweils zwei Stücken erfüllt wurden.Sie sangen einfach immer wieder den Refrain: „Wenn Du nicht wiederkommst!“ Unddann kamen sie die Hits gemischt mit Wunschliedern von Heinz Rudolf. So gab es neben IchBrauch Dich Jetzt, Finden Sie Mabel, Alles Gelogen, Wenn Du Nicht Wieder Kommst undnatürlich auch Dein Ist Mein Ganzes Herz, letztere beiden Stücke im Mix! Gut war, dassHeinz Rudolf nur bei seinem Superhit – und auch da nur an ganz wenigen Stellen –das Publikum mitsingen ließ und dabei schwieg. Andere Bands weiten diese Spielchenteilweise so endlos aus, dass vom eigentlichen Titel fast nichts mehr über bleibt.
Er hat mit seiner Verstärkung über zweieinhalb Stunden bestens unterhalten, die Leutenachdenklich gemacht, oder auch zum Schmunzeln gebracht (köstliche Szenen aus demEheleben vor Alles Gelogen). Wer einmal seine Seele baden und trotzdem tanzen und (oder)Spaß haben will, der sollte in die Konzerte gehen, denn dieser Rückenwind ist einfrischer Luftzug in teilweise muffige Musikwelten!
[Kurt Mitzkatis]


Worpswede, Music Hall, 05.04.2005
Einer der bekanntesten und zweifellos auch umstrittensten deutschen Liedermacher, Deutschrocker und - fast - Schlagersänger (Dein Ist Mein Ganzes Herz) betrat am Dienstagabend mit Verstärkung die Bühne in der ausverkauften Music Hall, um in seinem etwa zweistündigen Premierekonzert der Original Tour einen Querschnitt seines über 25 jährigen Schaffens zu präsentieren.
Heinz Rudolf Kunze ist bekanntermaßen bei vielen Musikinteressierten der absolute Vorzeigetyp bezüglich Hass und / oder Liebe (natürlich hier nur im übertragenen Sinne gemeint):Entweder man hasst sein Oberlehrergehabe und die meisten seiner Texte mit dem ständig erhobenen Zeigefinger, oder man liebt ihn gerade dafür, beziehungsweise deswegen. Dass dieses Klischee auch weiterhin Bestand hat, dafür hat er an diesem Abend wieder höchstpersönlich gesorgt, allerdings dieses Mal in etwas anderer Form, doch dazu später.
Das Konzert an sich wird jedem anwesenden Heinz Rudolf Kunze Anhänger nur in positiver Erinnerung bleiben. Sehr gute Lightshow, guter Klang und gute Songauswahl. Vom schon reichlich betagten Der Schwere Mut (allein am Klavier) über sämtliche Hits wie Madagaskar, Eigene Wege, Finden Sie Mabel, Dein Ist Mein Ganzes Herz, Dies Ist Klaus oder den Publikumslieblingen Lola und Wenn Du Nicht Wiederkommst im dritten von vier Zugabeteilen. Natürlich wurden nebenbei auch reichlich Stücke seines neuen Albums mit eingearbeitet, so wie es sich die meisten der Zuhörer an diesem Abend auch wünschten.
So weit - So gut.
Die negative Seite der Show spielte sich (wie es anscheinend mittlerweile immer öfter vorkommt) nach dem Konzert ab. Entgegen seinem T-Shirt Aufdruck \"Immer für Dich da\", auf den er auch während des Auftritts ein paar mal zeigte, war Herr Kunze danach nicht annähernd für etwa 50 wartende Fans da, die sich am Merchandising Stand reichlich mit Büchern, CDs und T-Shirts eingedeckt hatten und nun darauf warteten, dass er sich aus dem Backstagebereich zum Signieren zu ihnen begab.
Nach etwa einer Stunde (!!!) war es dann soweit, Heinz Rudolf Kunze kam raus... und zwei beinharte Fans waren tatsächlich noch übrig geblieben!
Die anderen waren zwischenzeitlich (sauer bis stocksauer) gegangen, und der folgende Satz gilt speziell dem Herrn Kunze als Information, sollte er diese Zeilen einmal zu lesen bekommen:\"Trotz ca. acht Millionen Arbeitsloser ist der gemeine Mittwoch in Deutschland immer noch ein ganz normaler Werktag, an dem (Gott sei Dank) noch viele Menschen früh aufstehen und zur Arbeit gehen müssen, und sie es sich insofern nicht leisten können, wer weiß wie lange bis in die Nacht auf Ihr Erscheinen zu warten, wann immer (und ob überhaupt) dies dann auch sein mag...\"
Musikalisch hat Heinz Rudolf Kunze seine Anhänger an diesem Abend wieder einmal überzeugt, menschlich mit Sicherheit viele von ihnen enttäuscht.
Ob diejenigen bei seinem nächsten Konzert hier wieder dabei sind, möchte ich dahingestellt lassen.25 Euro Eintritt kann man auch in Aufritte von Künstlern investieren, die ihre Fans mit ihren (Autogramm) - Wünschen respektieren, wissend, wem sie ihren Erfolg zu verdanken haben. Musikalisch, und vor allen Dingen auch finanziell!
[Horst Krispien]

 

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