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Ash Ra Tempel

Biografie

9 (1999)

Gerade das Abstrakte, das Losgelöstsein von momentan gängigen Trends und unbeständigen Modeerscheinungen macht aus Ash Ra Tempel Nomaden der Zeit, die in dem Futurismus ihrer Sounds ein klein wenig Zukunftsmusik offenbaren!

Die ASH RA TEMPEL / ASHRA / Manuel Göttsching - Biographie

Die Zeit schien stehengeblieben zu sein. Die beiden Zwillingsspiegel links und rechts neben dem großflächigen Fenster, die Stahlrohrsessel sowie Schreib- und Beistelltisch, die Requisiten des Bandfotos auf dem 79er ASHRA-Album "Correlations", alles schien die vergangenen Jahre schadlos überstanden zu haben. Nur das TV-Gerät, auf welchem einst das Testbild des Deutschen Fernsehens eingestellt war, mußte einem neueren Modell weichen. Der langsam in einen Grauton übergehende Anstrich der Wände beweist, daß inzwischen doch zwanzig Jahre vergangen sind. Man kommt sich seltsam verloren vor in den hohen, riesigen und spärlich möblierten Räumen der Fuggerstraße in Berlin. Manuel Göttsching, Mastermind und eigentlicher Kopf der Rock-Ikone ASH RA TEMPEL, die sich später in ASHRA umbenannte, sitzt gedankenverloren in seinem Sessel. Aus einem Nebenzimmer tönt Jimi Hendrix, der sich echomäßig in den fast schon als Hallen anmutenden Räumen der Wohnung von Manuel Göttsching verirrt. "Wir könnten eigentlich wieder einmal etwas zusammen machen", richtet er sein Wort an Steve Baltes, Youngster und Keyboarder von ASHRA, der zwar erst seit zwei Jahren, genauer seit der erfolgreichen Japantournee der Band, mit an Bord ist, schon aber fest zum Musikerstamm gehört.
Das letzte aktive Lebenszeichen der Gruppe war ein Konzert in Holland im Oktober 1997, bei dem auch die CD "Sauce Hollandaise" mitgeschnitten wurde. Die Techno-bewegung der 'Neuzeit' (welche inzwischen auch schon wieder knappe zehn Jahre hinter sich gebracht hat), an der ASHRA nicht ganz unbeteiligt war, ließ das Interesse an dieser Band wieder steigen. Aber man hat den Eindruck, daß Manuel Göttsching die ganze Aufregung um sein Projekt nicht versteht, ja, ihn dieser Rummel mehr oder weniger nervt. Vielleicht bereitet aber gerade die derzeitige Zurückgezogenheit Göttschings dem Mythos um ASHRA und ASH RA TEMPEL einen neuen Nährboden.

Da Manuel Göttsching, geboren am 09. 09. 1952 in West-Berlin, das einzige konstante Mitglied beider Bandinkarnationen war und ist, bezieht sich diese Biographie mehr oder weniger auf das Wirken dieses Ausnahmegitarristen, der nach klassischem Gitarrenunterricht, er begann mit sieben Gitarre zu spielen, 1967 im Alter von 14 Jahren mit den BLUEBIRDS seine erste Schülerband gründete, die ein halbes Jahr später in THE BOMB PROOFS umbenannt wurde. In der Besetzung Göttsching (git., voc.), Lutz Behrendt (git.), Hartmut Enke (bass) und Christian Töttcher (drums) absolvierte man einige Konzerte bei Schulfeiern und Geburtstagspartys und beschränkte sich weitgehend auf Coverversionen damals angesagter Rockgrößen wie beispielsweise Cream oder Jimi Hendrix. Nach einer weiteren Umbenennung ( in BAD JOE ) gründete man mit der STEEPLE CHASE BLUESBAND das offizielle Vorgängerprojekt von ASH RA TEMPEL, obwohl hier musikalisch noch nicht deren spätere Genialität offensichtlich wurde. In der Besetzung Göttsching, Enke sowie Volker Zilbel (mundharm.) und Wolfgang Müller (drums) spielte man eigene Bluesstücke, Coverversionen alter Blues-Traditionals und begann schon mit eigenen freien Improvisationen unter Benutzung von Fuzz-, Wah-Wah- und Echo-Effekten, welche die Band nach und nach von ihrem Blues-Schema wegführen sollte und sie immer mehr in Richtung Pink Floyd drängte.

Göttsching und Enke trafen im Studio von Thomas Kessler den damaligen Schlagzeuger von TANGERINE DREAM, Klaus Schulze, mit welchem man das Projekt ASH RA TEMPEL ins Leben rief und zusammen mit dieser Namensänderung einen rigorosen musikalischen Richtungswechsel vollzog. Und eben Klaus Schulze schien sich als Katalysator für die Erschließung musikalischen Neulands zu entwickeln, hatte er doch schon mit TANGERINE DREAM das experimentelle Album "Electronic Meditation" eingespielt. Das kann als die Geburtsstunde deutscher Elektronik gewertet werden, und TANGERINE DREAM wagte damit einen "Übergriff auf das Außersinnliche" (Edgar Froese). Mit diesen Erfahrungen im Gepäck traf Schulze also auf die musikalisch vollkommen offenen Bluesmusiker Göttsching und Enke. Schon der Name ASH (= das Körperliche, Vergängliche, Begrenzte) RA (=noch nicht realisierbare Einsicht und Erkenntnis) TEMPEL (Symbol für die Festigkeit des Seins) versinnbildlichte die Suche der Band nach neuen musikalischen Strukturen, weg von angloamerikanischen Vorbildern. Man versuchte, eine nationale emotionale Aufwertung zu erzielen, und setzte damit einen Schlußstrich unter die jahrelange Ignoranz von deutschen Musikern und Gruppen.

Und gerade ASH RA TEMPEL sollten neben TANGERINE DREAM, KRAFTWERK sowie den solistischen Aktivitäten eines Klaus Schulze auch im Ausland für eine gewisse Germany-Euphorie, abseits vom mutwillig aufgesetzten Kraut-Rock, sorgen. Offiziell formierte sich ASH RA TEMPEL am 24. August 1970, und bereits im nächsten Quartal war man heftig am touren, jedenfalls soweit es die damaligen Grenzen von West-Berlin zuließen. Denn das erste Jahr, bis zum Erscheinen ihres Debüt-Albums "ASH RA TEMPEL", sollte man die Heimatstadt nicht verlassen. Dieses erschien dann im Frühjahr 1971 und enthielt mit "Amboss" sowie "Traummaschine" gerade einmal zwei überlange Tracks, die in kein bis dahin auferlegtes Schema paßten und sich von den normalen Strukturen der Rockmusik lösten. Der Hüllentext des Albums (von Alan Ginsberg) provozierte und schockte zugleich: "Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Wahn zerstört, hungrig, hysterisch, nackt - mit Träumen, mit Drogen, mit aufpeitschendem Alpdruck, Alkohol, Schwanz und endlose Hoden." Im damaligen, selbstverfaßten Pressetext hieß es: "Wir betrachten uns als Teil einer Entwicklung zur Harmonie, d.h. zu einer bewußten Rückkehr zur Natur, einer natürlichen, freien Lebensweise." Und gerade die selbstauferlegte 'Rückkehr zur Natur' verwirrte doch etwas, schaffte eine Zunahme von elektronischen und experimentellen Sounds und eine Entfremdung von dieser. Aber der Kosmos zählt ebenfalls mit zur Natur, wenn auch im weiteren, auf Unendlichkeit bedachten Sinn.

ASH RA TEMPEL sollten nach und nach neben TANGERINE DREAM und KRAFTWERK zu den bedeutendsten Vertretern der sogenannten 'Kosmischen Musik' zählen. Dieser Ausdruck wurde, wie Klaus Schulze damals versuchte zu erklären '...von außen an uns herangetragen...gewisse Kategorien sind halt nötig'. Und nicht zuletzt verhalfen die Vertreter dieser 'Kosmischen Musik' dem Ruf deutscher Popmusik im Ausland zu einem neuen Ansehen. ASH RA TEMPEL selbst deutete das Debüt als den Versuch "...das Lebensbild des körperlichen Menschen zu zeichnen, das schön und naiv beginnt, lebhafter wird, allmählich in Aggression und Hysterie übergeht und schließlich in panischer Angst abbricht..." Der zweite Track "Traummaschine" indes sollte "..dem Hörer die innere Ruhe des Kosmos schenken...", eine Ruhe, die auf späteren ASH RA TEMPEL sowie Göttsching-Produktionen immer präsent und eben stilprägend für die Band war. Die Aussage "Von Anfang an bestand unsere Konzeption darin, so frei wie möglich zu spielen" trifft in Bezug auf die Bandphilosophie den Nagel auf den Kopf.
Im damaligen 'Sounds' philosophierte man über dieses Debüt. "...schaffen auf ihren Instrumenten eine ausgewogene Lautmalerei, basierend auf Klängen, die wie dichte, ätherische Schleier ineinanderfließen, entwickelt sich die Musik zu ekstatischen Gitarrenpassagen, unterlegt von treibenden Rhythmus ....scheint den Atem des ganzen Universums spürbar zu machen. ASH RA TEMPEL steigern sich in einen verzückten Tempeltanz und entspannen sich wieder zur gelösten Meditation." Und gar Julian Copes "Krautrocksampler" meint :"It's one of the greatest rock'n roll Lps ever made". Zu dieser Äußerung gibt es wahrlich nichts zuzufügen.

Nach Veröffentlichung von "ASH RA TEMPEL" tourte man zum ersten Mal auch außerhalb von West-Berlin. Eine Tournee durch die Schweiz im September 1971 verschaffte der Band neue Aspekte, obwohl die eingefangenen 'Business'-Eindrücke sowie der sich doch nach und nach abzeichnende musikalische Kontrast zwischen Göttsching und Enke (die doch eigentlich mehr direkten Rock machen wollten) sowie Schulze (der seine Elektroniks weiter ausbauen wollte) Klaus Schulze dazu bewogen, auszusteigen, um sich weitestgehend allein mit elektronischer Musik zu befassen. Neuer Schlagzeuger wurde Wolfgang Müller, der schon im Vorgänger-Projekt, der STEEPLE CHASE BLUESBAND, diesen Platz innehatte. So brauchte man nicht allzu lange nach 'Ersatz' zu suchen, und die Bandmaschinerie funktionierte ohne allzu offensichtliche Unterbrechung weiter. Der wahre Ursprung der musikalischen Entwicklung liegt in dem "...entscheidenden Erlebnis, einem LSD-Trip, auf dem ... die Zusammenhänge klar wurden, und der ihm (gemeint ist Hartmut Enke) gleichzeitig die Aufgabe gegeben hat, den Konsumsklaven das wahre Leben zu zeigen." Das 'wahre Leben' wohlgemerkt, welches sich in Form neuartiger, bis dahin recht realitätsfremder Soundscapes offenbarte, die einem kollektiven Rausch entsprungen zu sein schienen. Ein Rauschzustand, den die Musiker via Sounds an die Hörer weitergaben. Manuel Göttsching philosophierte weiter: "Wir wollen den Leuten das Erlebnis der Gemeinsamkeiten vermitteln, von unendlicher Ruhe und Schönheit, ihnen zeigen, daß das wahre Leben in der Kommunikation, eben in der Gemeinsamkeit liegt. Wir wollen sie befreien von Geld, ihrem materiellen Gott der Sicherheit. Wir wollen sie befreien von der Angst, die sie unfrei macht für die Liebe. Wir alle gehen den gleichen Weg, einen Weg, an dessen Ziel uns unendliche Reinheit, Schönheit und Ruhe erwartet". Die Ideale der längst zerbrochenen Hippie-Bewegung wurden vermischt mit dem Science Fiction-Thema einer besseren Welt und einer neuen Qualität der Menschheit. Nur war der Sound von ASH RA TEMPEL eben nicht aufrührerisch, bezogen auf die Musik ließen sich diese Zustände allenfalls auf persönlicher Ebene realisieren. Ende 1971 wurde die Band immerhin auf Platz zwei der "Newcomer- Gruppen des Jahres" im SOUNDS-Poll gewählt.

Im Februar 1972 wurde im Studio von Dieter Dierks in der Nähe von Köln das zweite ASH RA TEMPEL Album "Schwingungen" eingespielt. Wie der Hüllentext "...ich sehe die Menschen und weiß nicht, wo mein Bruder, den ich treffen möchte, seinen Tag beginnt, musizierend, schwimmend in den Schwingungen der Musik der Sterne, geboren in den Feuern der Protuberanzen" (John L.) wieder offenbarte, bewegte man sich wieder fernab der Realität, und Gedanken sowie Musik muteten fast schon surreal an. Sprüche wie "Unsere Musik soll ein Katalysator zum Erkennen des Ichs, der Zusammenhänge des Lebens sein, eine Hilfe zur Bewußtwerdung" outete sie als ".... Großmeister der vollmundigen Eigendefinition" (Matthias Mineur). Die Musik, gespickt mit meditativen Soundscapes und pulsierenden Rhythmen, sanft an und abschwellend wie die Funktion einer Sinuskurve, versuchte, die aktiven Zuhörer, zwanzig Jahre bevor dieser Begriff zur stilprägenden Musikrichtung wurde, erfolgreich in Trance zu versetzen.

Nach Veröffentlichung dieses Albums sowie Konzerten in Berlin verließ Wolfgang Müller die Band. Für den Sampler "Kosmische Musik" steuerten ASH RA TEMPEL neben Beiträgen ihrer beiden bisher veröffentlichten Alben auch den exklusiven Track "Gedanken" bei, den die verbleibenden Göttsching und Enke zusammen mit Steve Schroeder (organ), Michael Duwe (voc.), Bettina Hohls (voc.), Dietmar Burmeister (drums) sowie Klaus D. Müller (rec.) einspielten, der aber auf Grund eines Versehens nur mono aufgenommen wurde. Sounds-Mitarbeiter Winfried Trenkler brachte den Anspruch von ASH RA TEMPEL zu dieser Zeit auf den Punkt: "Die ASH RA TEMPEL sind die Naiven der 'Kosmischen Musik'. Naiv im ursprünglichen Sinn. Ohne Abwertung." Die schönste Art von Freude bestand darin, sich selbst zu vermitteln. Und das machte die Band so interessant.

ASH RA TEMPEL trugen sich mit dem Gedanken, eine Platte zusammen mit Alan Ginsberg einzuspielen. Dieser war aber nicht auffindbar. Da Hartmut Enke vorher in Bern Timothy Leary getroffen hatte, beide planten eine gemeinsame Veröffentlichung, wurde dieser kurzfristig in dieses Projekt involviert. Zusammen mit diversen Gastmusikern (der Bandstamm bezog sich in dieser Zeit nur auf Göttsching/Enke) nahm man das Gemeinschaftsalbum "Seven Up" auf, in denen der ASH RA TEMPEL-Sound den Grundstein für Learys abgehobene Texte lieferte und man so, dem damaligen Presseinfo zufolge, einen "...rockigen Führer durch die sieben Ebenen des Bewußtseins..." schuf. Dieses Album war die erste Veröffentlichung auf dem "Die Kosmischen Kuriere/kosmische Musik"- Label des Rolf-Ulrich Kaiser. Julian Copes Krautrockbibel meint hierzu: "In chaos it was conceived and in chaos it was recorded".

Nachdem Göttsching und Enke ein Gastspiel auf dem Konzept-Doppel-Album "Tarot" von Walter Wegmüller ablieferten (welches auf den 22 Trumpfkarten des Tarot-Spiels basiert und welches auf Grund des Einflusses von Göttsching & Co. durchaus als ASH RA TEMPEL-Album gewertet werden kann) , wo man auch zum ersten Mal auf den späteren Weggefährten Harald Grosskopf treffen sollte, entstand zusammen mit Klaus Schulze und dem Fotomodell Rosemarie 'Rosi' Müller (die auf dem Longtrack der Seite B "Jenseits" minutiös von ihrem Zusammentreffen mit Timothy Leary erzählt ) Ende 1972 in der freien Zeit zwischen den 'Tarot'-Sessions das Album "Join Inn", welches einerseits als "...rhythmisch, aufpeitschend, dann beruhigend, meist aber voller West-Coast-Manier mit kleinen Patzern..." und "...einfältige Texten..." andererseits auch als "...homogene und äußerst beruhigende Musik..." gewertet wurde. Im Gegensatz dazu beginnt "Freak'n Roll", der Longtrack der A-Seite für ASH RA TEMPEL erstaunlich blueslastig. Das Album wurde im übrigen ohne Vorbereitung komplett improvisiert. In diesem Line-Up gestaltete man auch neben TANGERINE DREAM und KLAUS SCHULZE als Solist ein groß angelegtes Promotion-Konzert im Pariser 'Theatre de l'Quest'.

Musik aus deutschen Landen ist durch ASH RA TEMPEL schon längst ein ernstzunehmender Exportartikel geworden. Mit Beiträgen wie "Alles, was zeitgemäße Rockmusik derzeit noch zu bieten hat, scheint mit dem Etikett des Besonderen, des Außergewöhnlichen verknüpft zu sein,...solange es aus Deutschland kommt" (Sounds) versucht sich die dem Deutschrock eher abweisend gegenüberstehende deutsche Musikpresse (die im übrigen den in erster Instanz abwertenden Begriff 'Krautrock' für die von deutschen Bands gespielte Musik erfand) aufgrund des regen Interesses heimischer Bands im Ausland aus der Affäre zu ziehen. Einen Monat nach diesem Konzert sollte sich Hartmut Enke von der Band trennen, so daß nur noch Manuel Göttsching vom Line-Up aus den Gründungstagen übrigblieb und sich nach und nach zum alleinigen Herrscher über den ASH RA TEMPEL entwickeln sollte.

Vom Februar bis Juni 1973 kam es zu den Aufnahmen des umstrittenen Projektes KOSMISCHE KURIERE (Cosmic Jokers), die in Form von fünf Langspielplatten ("The Cosmic Jokers", "Galactic Supermarket", "Planeten Sit In", "Sci-Fi Party", "Gilles Zeitschiff") 1974 auf den Markt kamen. Initiator hiervon war der Chef des OHR-Labels, Rolf-Ulrich Kaiser, wo auch ASH RA TEMPEL veröffentlichten. Er lud für diese Aktion die Musiker des Labels samt Freunden in ein Studio ein, initiierte Partys (mit allem, was dazu gehört) und schnitt die in diversen Rauschzuständen entstandenen Sessions der Musiker ungefragt mit und veröffentlichte sie später. Darunter waren neben Manuel Göttsching auch Klaus Schulze, Harald Grosskopf, Dieter Dierks und Rosi. "Es war ein loses Zusammenspiel von Leuten, die manchmal nicht wußten, was sie taten und schon gar nicht wußten, daß eine Platte aufgenommen wurde"(Göttsching). Das Resultat dieser die Musiker verunglimpfenden Labelpolitik war, daß sich alle Beteiligten von Rolf-Ulrich Kaiser lossagten und auch ASH RA TEMPEL nur noch die nächsten beiden Platten auf OHR veröffentlichen sollte. Auf Grund dessen, daß alle Künstler die Verbindungen zu ihrem umstrittenen Label-Chef kappten und es sogar vor Gericht zum Prozeß kam (Klaus Schulze ließ sich diese Machenschaften nicht gefallen) war Rolf-Ulrich Kaiser somit schon bald weg vom Fenster.

Die beiden noch bei OHR veröffentlichten Alben waren "ASH RA TEMPEL starring ROSI" (1973) sowie das erste allein von Göttsching eingespielte Album "Inventions for Electric Guitar" (1974). Längst gehörte Rosemarie Müller alias ROSI einerseits zum festen ASH RA TEMPEL - Line up, andererseits zu Manuel Göttschings Leben. "Starring Rosi" im Line-Up Göttsching, Rosi, Harald Grosskopf ( drums -hier zum ersten Mal auf einer ASH RA TEMPEL Produktion) sowie Dieter Dierks (bass) bot sieben Kompositionen von Manuel Göttsching, gemacht dafür, daß Rosi dazu "...selbsterdachte, kurze Science-Fiction-ähnliche Geschichten und Gedichte erzählt, haucht und singt" (Pressetext). Dieses Album war bis dato der größte kommerzielle Erfolg für die Band, die sich auch soundmäßig, weg von freien Improvisiationen, hin zu klar strukturierten Songs, auf einem Wendepunkt befand.

Das von Manuel Göttsching, der schon längst in Italien, England und Frankreich zu den kreativsten Elektronikern Deutschlands zählte und speziell dort hohes Ansehen genoß, erste, im Alleingang eingespielte Album "Inventions For Electric Guitar" bot zum ersten Mal eine Demonstration von Möglichkeiten der Verfremdung des Klanges einer elektrischen Gitarre. Das komplett nur mit Gitarre und ohne Keyboards und Synthesizern eingespielte Album war nicht nur das bis dahin ruhigste und entspannendste Album von ASH RA TEMPEL und in diesem Fall Manuel Göttschings, sondern es war auch das erste Album, was einer größeren Vorbereitungszeit bedurfte, da die Tracks zum ersten Mal nicht mehr oder weniger improvisiert waren. Soundgemälde wie "Echo Waves", welches heute immer noch zum festen Live-Repertoire der Band gehört oder "Pluralis" beweisen, daß Göttsching einmal mehr zum kreativen Kern deutscher Musiker zu zählen ist. Gitarrenklänge wurden in unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufgenommen, mit Echos verfremdet und das Resultat klingt so, als wenn Synthesizer oder Sequenzer verwendet wurden. Da dieser Sound schwer reproduzierbar war, gab es im Zuge dieser Veröffentlichung nur sehr wenig Konzerte. Der "British Press Spring" lobte : "...probably the most important music at present...". Insbesondere das die gesamte B-Seite einnehmende "Pluralis", eine sich behutsam ausdehnende und entfachende Klangkas-kade, nimmt den Begriff Trance vorweg und man glaubt es kaum, daß all diese Sounds nur Gitarren als Ursprung haben.

Nach einer ausgedehnten Europatour 1975 in der Besetzung Manuel Göttsching (git., keys, drum-comp.) und dem von AGITATION FREE kommenden Lutz "Lüül" Ulbrich (git., synth-git.), spielte man im Duo die Musik zu dem Phillippe Garrel-Film "Le Berceau de Cristal" (mit Nico und Anita Pallenberg) ein, welche aber erst viel später, nämlich 1993, den Weg auf einen Tonträger finden sollte.

1976 unterzeichnete Manuel Göttsching einen Vertrag mit Virgin Records, auf welchem er soundmäßig gut aufgehoben war, veröffentlichten dort doch solche Künstler wie MIKE OLDFIELD, GENESIS oder VAN DER GRAAF GENERATOR/PETER HAMILL. Dieser Wechsel bescherte der Band auch eine Imagekorrektur, die sich auch in der Verkürzung des Bandnamens von ASH RA TEMPEL zu ASHRA ausdrückte. "Der 'Tempel' besaß immer so einen religiösen Touch, dabei war es nichts mehr als ein Phantasiename, den damals eben noch keine andere Band hatte" (Göttsching).

Das wieder allein von Göttsching eingespielte Album "New Age Of Earth" (welches schon 1976 auf dem französischen Label "Isadora" vorveröffentlicht wurde) war ein passender Einstieg bei Virgin, war sich doch auch die gesamte Presse darin einig, daß "...Göttsching...die Möglichkeiten der Verquickung von Elektronik-Klängen und elektrischer Gitarre perfekt realisiert..." hat (Melody Maker). Tracks wie "Sunrain" und "Deep Distance" gehören seither zu Klassikern der elektronischen Musik, zeitlos und ergreifend. Hierfür verwendete Göttsching haupt-sächlich elektronische Klänge aus Synthesizern, Gitarrenklänge nimmt man nur schemenhaft wahr.

1976 kam es zu einer Ein-Tages-Session zwischen Manuel Göttsching und Michael Hoenig (der in diesen Tagen zeitweise bei TANGERINE DREAM spielte) in Hoenigs Studio Aura Berlin im Zuge einer geplanten, aber nie realisierten Tour. Die beiden lernten sich schon 1970 in einem öffentlichen Bus kennen, als sie zufälligerweise gemeinsam auf den Weg in das Studio von Thomas Kessler waren, welches zu dieser Zeit, zwischen 1968 und 1972, die wohl bedeutenste Rolle in der Entwicklung der deutschen Rockmusik, speziell in Berlin, inne hatte. 1995 wurde das Resultat dieser Zusammenarbeit als Album "Early Water" veröffentlicht. Göttsching bestritt also im Dezember '76 eine ausgiebige Solo-Tournee durch Frankreich, wo er auf Grund seiner dortigen Popularität fast schon Heimspiel hatte. Im Juni 1977 spielte er in seinem Berliner Studio Roma für RIAS Berlin die drei Tracks "Dream", "Desire" sowie "Despair" ein (welche 1991 unter dem Namen "Dream & Desire" als CD das Licht der Welt erblicken sollten). Manuel Göttsching blieb seinen entspannend- relaxten und sympathischen Sound-malereien treu und fand nun gerade als Solist zu seiner vollen musikalischen Entfaltung.

Obwohl sich Göttsching im Studio auf solistische Arbeiten beschränkte, gab ASHRA im Londoner Regents Park in der Besetzung Göttsching/ Ulbrich/Grosskopf am 14. August 1977 ein umstrittenes Konzert ("...emotional enttäuschend..." -EVENING STAR) mit viel Aufwand und Lasershow.. Im Studio Roma von Manuel Göttsching entstand drei Monate nach den Aufnahmen für RIAS mit "Blackouts" das wohl beste Werk von ASHRA, das zu den "Alben des Jahres 1977" zählt (obwohl es längst nicht die Verkaufszahlen der Vorgängeralben erreichte) und auf dem Göttsching der sich gerade in einer Stagnation befindenden elektronischen Musik neue Wege eröffnete. Längst war die elektrisch verstärkte Gitarre kein Tabu mehr in einer mehr und mehr zum Klischee ausartenden Branche. Die aus England über den Rest der Welt hereinbrechende Punkwelle spülte die sogenannten Rockdinosaurier von der Bildfläche, aber Manuel behielt mit seinem inzwischen solistisch betriebenem Projekt ASHRA und seinem nicht un-bedingt nur auf eine Zielgruppe zugeschnittenen melodisch-rhythmischen Soundexkursionen durchaus den Überblick über die aus den Fugen geratene Musikszene.

Die quirlig, angenehm pulsierenden Kompositionen, allen voran "77 Slightly Delayed" sowie "Don't Trust The Kids/Blackout" (mit einem der schönsten, je von Manuel Göttsching gespielten Gitarrensoli) sind die Endsiebzieger pur und strahlen auch heute noch dieses Lebensgefühl aus. Einerseits wirken die Tracks in ihrer sonnenhellen Athmosphäre naiv, andererseits war doch die Auslotung der Möglichkeiten sämtlicher Instrumente schon revolutionär zu nennen. Die sich als neue ASHRA-Formation herauskristallisierende Live-Besetzung Gött-sching/Ulbrich/Grosskopf absolvierte eine groß angelegte Tournee durch Frankreich, Belgien und die Schweiz. In dieser Konstellation mit zwei Gitarren und Schlagzeug erlebte der pulsierend-trancenahe Studiosound live eine mehr in Richtung Rock und Funk tendierende Reinkarnation. Die aufkommende Disco-Welle machte auch vor ASHRA nicht halt, die ihren Sound nun mit mehr Rhythmus präsentierten. Diese live schon angekündigte Änderung im Sound von ASHRA wurde auf dem diesmal wieder als kompakte Band eingespielten Album "Correlations" offensichtlich. Die Presse war dieses Mal nicht unbedingt einer Meinung. Einerseits verkündete der deutsche Musik Express, daß ASHRA mit ihrem neuen Album einem "...die Liebe zur Musik erhält...", so konterte der längst in Richtung Punk und New Wave tendierende englische New Musical Express mit "...eine Musik ohne Ambitionen - zum Einschlafen...". Nichtsdestotrotz gibt Manuel Göttsching zwanzig Jahre später zu, daß sich mit dem Track "Oasis" seine beste Komposition auf diesem Album befindet. Und wirklich hat sich neben Disco- und Funkrhythmen ein warmherziges Instrumental eingeschlichen, welches in seinem simplen Arrangement und seiner einfachen Melodie zum wahrhaften Klassiker deutscher Rockmusik zählte und noch zählt. Aber da kommt wieder die Frage auf, ob die von ASHRA kreierten Sounds noch Rockmusik im üblichen Sinn sind. Edgar Froese von TANGERINE DREAM sagte einmal über die Anfänge der 'Kosmischen Musik': "Wir wollen nicht länger unter Rock laufen". Er sprach damit auch für Kollegen wie ASH RA TEMPEL und Klaus Schulze. Aber letztendlich ist auf elektrischen Gitarren gespielte Musik Rock'n Roll. Und mit "Correlations" ist ASHRA trotz Funk- und Disco-Ambitionen näher am Rock als bei jedem anderen vorher veröffentlichten Album.

Am 19. August 1979 veranstalteten ASHRA in der Trio-Besetzung, als Gast Mickie Westphal am Bass, der schon im April 1973 für ein Konzert in der Schweiz Mitglied bei ASH RA TEMPEL war, im Berliner Quartier Latin ein Benefizkonzert zugunsten von Freund und Kollege Michael Duwe. Kurz vorher spielte dieser im Studio Roma Berlin einen Titel seines Debüt-Albums "Mickie D's Unicorn" ein, auf welchen Manuel Göttsching den Rhythmus-Computer programmierte. Teile dieses Konzertes finden sich später auf den "Private Tapes" wieder, was insofern interessant ist, wird hier doch der rockige Aspekt von ASHRA-Konzerten zu dieser Zeit offensichtlich.

Nach diversen Arbeiten für verschiedene Veranstalter (u.a. das Multi-Media-Ereignis "Big Birds" in der Berliner Kongreßhalle am 11. November 1979, wofür Göttsching die Musik geschrieben hatte) , welche Göttschings Werke als geeignete Untermalung für ihre Shows entdeckten, veröffentlichte ASHRA 1980 im gleichgebliebenen Line-Up das Album "Belle Alliance", auf dem die Band ihrem auf "Correlations" eingeschlagenen Musikstil treu blieb. Aber leider wirkte eben "Belle Alliance" zu durchstrukturiert, zu glatt und emotionslos (durch den mäßigen Erfolg von "Correlations" wurde "Belle Alliance" auch nicht mehr weltweit vertrieben, obwohl gerade der 15-minütigen Track "Code Blue" wieder an den früheren ASHRA-Sound erinnerte), was wahrscheinlich letztendlich der Grund dafür war, daß man erst einmal eine langjährige Pause einlegte, und die einzelnen Mitglieder mehr oder weniger solistisch aktiv waren. Manuel Göttsching entdeckte den längst über Berlin hereingebrochenen New Wave für sich, IDEAL waren gerade der Renner der hiesigen Szene. Er produzierte das Debüt der Band GEILE TIERE sowie von DIE DOMINAS, des Projektes von Rosi und Claudia Skoda. In der Prä-NDW-Zeit war die Welt noch in Ordnung, und die Wiederentdeckung der deutschen Sprache für die Pop-Musik noch jenseits von Klischees und Peinlichkeiten.

1981 arbeitete Manuel Göttsching an dem Klaus Schulze/Richard Wahnfried Projekt "Tonwelle" mit, im März desselben Jahres kam es zu einem vorerst letzten Auftritt von ASHRA. Für den spanischen Sender RTVE-Barcelona stand das eingespielte Trio Göttsching/Ulbrich/Grosskopf in einer 90-minütigen Sendung vor der Kamera. Im November tourte Klaus Schulze mit Manuel Göttsching als Gast ausgiebig durch Europa. Daß die Tour ein Erfolg wurde, lag an der Harmonie der beiden sowie an der Freude, miteinander Musik zu machen. Nach der über vierwöchigen Tour, die plötzlich abgebrochen werden mußte, da der Veranstalter nicht mehr zahlungskräftig war, war Manuel Göttsching noch nicht auf Ruhe und Entspannung eingestellt. Um das Erlebte zu verarbeiten, schloß er sich spontan am 12. Dezember 1981 in sein Studio ein und begann ohne besondere technische Hilfsmittel loszuspielen. Nach der Fertigstellung dieser Aufnahme schaffte er gerade noch sein Flugzeug nach Hamburg, wo er sich mit Klaus Schulze traf und diesem ein Band dieser einstündigen Arbeit überreichte. Aber dazu später mehr.

Die Göttsching-Komposition "Trommelfeuer" kam am 30. Januar 1982 im Martin-Gropius-Bau Berlin zusammen mit einem achtköpfigen Percussionprojekt zu Aufführung. Er wirkte weiterhin bei Produktionen von Klaus Krüger ( LP "Zwischenmischung" 1982), SF ORDEAL (LP "Ordeal"1982/85) sowie Videoarbeiten von Rosemarie Kimble (=Rosi), Lüül sowie der Pop-Band Gibbon mit. Am 09. Oktober 1983 wurde das Manuel Göttsching Werk "Fights" im Lichthof der Technischen Universität uraufgeführt. Bei der Produktion für Claudia Skoda wurde er von seinen langjährigen Freunden und Kollegen Lutz Ulbrich und Harald Grosskopf sowie F.J. Krüger (git.) und Grandwizard Zack Prehn (perc.) unterstützt.

1984 erinnerte sich Klaus Schulze, der inzwischen mit 'Inteam' sein eigenes Label besaß, an das Band mit dem einstündigen Material von Manuel Göttsching, welches ihm knapp drei Jahre zuvor geschickt worden war, und fragte nach, ob er es veröffentlichen könnte. Das Album, das nach der gebräuchlichsten Eröffnung im Schach den Titel "e2 - e4" erhielt, sollte sich zu dieser Zeit aber noch nicht gut verkaufen. Wir befanden uns gerade in der Hoch-Ära der Neuen Deutschen Welle mit all ihren peinlichen Auswüchsen, und die Zeit war wahrlich noch nicht reif für ein Werk, das schon zehn Jahre zuvor den Techno-Trance vorwegnehmen sollte und für welches man sich beim Hören auch noch Zeit nehmen mußte. Klaus Schulze erkannte wohl die bahnbrechenden Auswirkungen von "e2 - e4" auf die weitere musikalische Entwicklung, da er es auf seinem Label, welches drei Jahre später bankrott gehen sollte, veröffentlichte. Gerade der gleichbleibende Rhythmus, der sich eine Stunde lang monoton durch die von verschiedenen mehr oder weniger heftigen Sounderuptionen unterbrochene Musik zieht, die im letzten Drittel in der wunderschönen Gitarrenarbeit Gött-schings münden, läßt den Hörer gleichsam wie auf Wellen gleiten. Manuel Göttsching war damals, im Dezember 1981, ganz nebenbei ein meisterhaftes Werk gelungen, welches auch heute noch in der von verschiedenen nicht mehr zu deutenden Stilen zerfurchten und reizüberfluteten Pop-Musik-Branche wie ein Fels in der Brandung besteht. Wahrscheinlich liegt das positive Gefühl diesem Werk gegenüber daran, das es ehrlich klingt, nicht für den Markt, sondern aus einer Laune positiver Eindrücke entstand und deshalb nicht wirkt, wie in das Korsett des Zeitgeistes gezwängt. Aus diesem Grund ist "e2 - e4" wahrhaft zeitlos und sympathisch.
Die nachfolgenden Jahre standen bei Manuel Göttsching unter dem Schatten der plötzlichen Trennung von Rosi Müller, die 1983 nach New York ausreiste.

Am 24. August 1985 kam es, nach langjähriger Pause (Lutz 'Lüül' Ulbrich war solistisch aktiv, Harald Großkopf spezialisierte sich auf Keyboard, spielte u.a. auf dem Joachim Witt Debüt-Album "Silberblick" mit und war mit in dem Projekt Lilli Berlin involviert) wieder als ASHRA zu einem Auftritt in Sheffield, Großbritannien. Im Zuge dieser Zusammenkunft spielte man Ende 1985 Material für ein neues Album ein, welches, da man zu dieser Zeit keine interessierte Plattenfirma finden konnte, erst 1991 unter dem Namen "Tropical Heat" veröffentlicht werden sollte.

Die nächsten Jahre brachten zum Thema ASHRA wenig ergiebiges. Lutz Ulbrich arbeitete an diversen Soundtracks und Theatermusiken, Harald Großkopf hatte seine eigenen Projekte (beispielsweise zusammen mit Udo Hanten und Albert Meskes die CENTRAL EUROPE PERFORMANCE),Manuel Göttsching schrieb Musiken für Fashionshows (am 2. März 1986 in Düsseldorf für JOOP, am 22 April 1988 für Claudia Skoda unter dem Titel "Dressater" in Berlin) und spielte Gitarre auf dem Track "For A Million" des APLHAVILLE Albums "The Breathtaking Blue" (1988). Und doch rissen die Kontakte zwischen Manuel Göttsching und seinen ehemaligen Mitstreitern nicht ab. Am 4. Juni 1988 kam es im Planetarium Berlin zu zwei ASHRA-Konzerten. Diesmal nur im Duo Göttsching/Ulbrich, mit Joachim Nottke als Erzähler agierend, stellten sie weitgehend neues Material vor, welches in der Nacht vom 26. zum 27. September im RIAS gesendet wurde. Grundlage für dieses Konzert bildete die Erzählung "Gehen in der Wüste" von Otl Aicher, wozu ASHRA die Musik lieferten, die dann den Titel "Walk In The Desert" erhielt. In lockeren Abständen, vom Mai 1988 bis April 1989, trafen sich die beiden im Berliner Studio Roma, wo sie, das absolvierte Konzert im Hinterkopf, ein neues ASHRA-Album einspielten, welches den Titel "Walkin' The Desert" erhalten sollte und 1989 veröffentlicht wurde. Bei den vier Titeln arbeiteten Göttsching und Ulbrich das erste Mal umfassend mit Loops, sich wiederholenden Soundschleifen, die auf dem Track "Twelve Samples", welcher auch heute auch wieder im Live-Repertoire der Band zu finden ist, eine bemerkenswerte Kunstfertigkeit erzielten. Einerseits hört man hier Manuel Göttsching zum ersten Mal mit Samples experimentieren, andererseits weckt beispielsweise der Track "Four Guitars" Erinnerungen in Richtung "Inventions..".

In dieser Zeit sollte sich Göttschings "e2 - e4" in der aufkommenden Technobewegung als Hit bewähren. Das spanische Projekt SUEÑO LATINO lieferte eine Disco/House-Variante dieses Tracks, welcher im Herbst 1989 die Nummer eins in den Dance-Charts wurde und bis heute in vielen House-Diskotheken zu den gefeierten und gern gehörten Klassikern zählt. Bis heute wurde "e2 - e4" unzählige Male mehr oder weniger erfolgreich remixt und gesampelt (unter anderem auch von dem englischen Gitarristen und Produzenten Steve Hillage). Obwohl Manuel Göttsching unumstritten zu den Wegbereitern des Techno zählt, steht er dieser musikalischen Bewegung eher skeptisch gegenüber: "Das laute und schnelle 'boum tsik, boum tsik, boum tsik' des Techno geht mir, ehrlich gesagt, auf die Nerven."

In den darauffolgenden Jahren arbeitete Manuel Göttsching für eine weitere Produktion von SF ORDEAL ("Unzucht mit den Sternen"1990), wurde die 77er Göttsching-Produktion "Dream & Desire" ("...stilistisch...ein bißchen in Richtung 'Inventions for Electric Guitar' und 'New Age Of Earth',...,ein Sektbad für Herz und Hirn..." Keyboards) zum ersten Mal offiziell veröffentlicht (1991), gab ASHRA in der Trio-Besetzung ein gefeiertes Konzert vor dem Kölner Dom (11. Mai 1991 ). Ferner kam die schon 1985/86 eingespielte Platte "Tropical Heat" (die noch stark von der Endsiebzieger "Correlations"/"Belle Alliance"-Stil geprägt war, verbunden mit dem negativen Plastik-Image der 80er und wohl die als die schwächste ASHRA-Produktion gewertet werden kann sowie der Soundtrack zu dem 1975 produzierten Film "Le Berceau de Cristal") auf den Markt. Letztere strahlte, da sie zur selben Zeit wie "Inventions for the Electric Guitar" entstand, viel von der Atmosphäre dieses Albums aus und firmiert auch unter der Bezeichnung ASH RA TEMPEL. Es schien, daß ASHRA mit einen Mal die Versäumnisse der letzten Jahre nachholen wollten. Leider blieb es hiermit auch wieder bei den einzigen Aktivitäten für die nächsten Jahre.

Kurz vor Weihnachten 1994 spielte Manuel Göttsching zusammen mit Klaus Schulze den Titel "Return Of The Tempel" ein, der mit einer Spielzeit von 45 Minuten eine CD des 1995 veröffentlichen Schulze Doppel-Albums "In Blue" einnimmt und eine Hommage an eine Band namens ASH RA TEMPEL darstellt. Manuel Göttsching an der Gitarre fährt dabei zur Höchstleistung vergangener Tage auf. Im darauffolgenden Jahr erschien dann auch endlich unter dem Titel "Early Water" die 76'er Gemeinschaftsarbeit von Göttsching und Hoenig, welche sehr vom Sound Hoenigs und seines damaligen Abstechers in Richtung TANGERINE DREAM (zwischen deren Alben "Phaedra" und "Rubicon") geprägt war. Aber auch Göttsching, der gerade an "Blackouts" arbeitete, hinterläßt auf diesen Album unüberhörbare Spuren. Von Michael Hoenig in dessen Studio in Los Angeles liebevoll restauriert und remastert strahlt dieses Werk, oder besser der 50 minütige auf dieser CD enthaltene Auszug, noch viel von der Faszinition dieser Art von Musik zu ihrer glanzvollsten Zeit, und das waren umumstritten die Mid-Seventies, aus.

Und im allgemeinen schien man sich auf die Herausgabe bisher unveröffentlichten Materials zu spezialisieren. Auf Initiative von Klaus D. Müller (siehe Sampler "Kosmische Musik" 1972), einem treuen Freund und Wegbegleiter von Manuel Göttsching durch die Jahre, erschien 1996 die 6-fach (!!!) CD "The Private Tapes", zu der man tief in Göttschings über die Jahre enorm angewachsenen privaten Archiv kramte und 8 Stunden exklusives Material aus den Jahren 1970 bis 1979 zu Tage förderte. Dieses Material wurde von Fans der Band derart positiv aufgenommen, daß diese Veröffentlichung binnen kurzer Zeit ausverkauft war. Um den Status einer limitierten Edition zu wahren, brachte das dafür verantwortliche Label Manikin zwei Jahre später ein abgespecktes Re-release in Form eines Doppel-Album heraus. Um die ASHRA-Euphorie des ausgehenden 20. Jahrhunderts weiter zu entfachen, veröffentlichte Virgin mit "Sunrain - The Virgin Years" eine Art 'Best Of' mit Material der Alben "New Age On Earth", "Blackouts", Correlations" sowie "Belle Alliance", aus den Jahren 1977 bis 1980, als ASHRA bei diesem Label unter Vertrag war.

Am 11.12.1996 meldete sich Manuel Göttsching bei Harald Großkopf, berichtet ihm, daß er erfahren hat, neben Klaus Schulze und Mani Neumaier (GURU GURU) im Wachsmuseum von Tokio zu stehen (incl. seiner roten Gibson-Gitarre) und daß die Japaner Interesse an ASHRA bekundeten. Es sollte Anfang Februar 1997 für zwei Festival- sowie zwei Clubgigs nach Tokio und Osaka gehen. Da Manuel Göttsching in letzter Zeit bei Konzerten mit der Aufgabe überlastet war, Gitarre, Sequencer und Keyboards gleichzeitig zu spielen, brachte Harald Großkopf seinen Freund und Kollegen Steve Baltes in die Band ein, mit dem er zusammen die Projekte N-TRIBE sowie HOLO SYNDROME produzierte und der nebenbei als Techno- Trance Produzent und Remixer tätig ist. So wurde aus dem auf lange Zeit bewährten Trio ein Quartett und die Japaner flogen in dieser Konstellation voll auf ASHRA ab. Im Zuge der Festivals spielte man zusammen mit Steve Hillage und seinem neuen Projekt SYSTEM 7 sowie mit dem Japaner Ken Ishi. Kalle Becker, Manager der Japantour sowie Initiator des Burg Herzberg Open Airs, verpflichtete die Band im Juli desselben Jahres zu einem Auftritt bei seinem legendären Hippie-Festival (Hier wurde die Band, zum ersten Mal nach zwanzig Jahren, wieder als ASH RA TEMPEL angekündigt).
Zusammen mit Größen wie GONG, TEMPTATIONS und RICHIE HAVENS lieferten ASHRA (oder ASH RA TEMPEL) am Samstag den 19. Juli 1997 vor über 30.000 Zuschauern einen denkwürdigen Gig, der die Band auch wieder in Deutschland auf der Höhe ihrer Kunst zeigte. Im Oktober absolvierte die Band in Nijmegen/Holland ein weiteres Konzert, von welchem Teile als "Sauce Hollandaise" auf CD gebrannt wurde.

1998 erschien dann bei Think Progressive, dem Label von Kalle Becker, Studien der Japan-Tour als "@shra - Live in Japan". Da hier Steve Baltes für den Endmix zuständig war, geriet der ASHRA - Sound sehr modern und ließ die Platte fast schon in die Nische 'Techno-Trance' einordnen (was aber wieder einmal beweist, daß die Band immer auf der Höhe der Zeit ist und war). Die beiden Produktionen erschienen unabhängig von-einander, so daß es doch verwirrte, innerhalb von nur einem halben Jahr gleich zwei ASHRA-Produktionen mit fast ein und demselben Material zu finden, auch wenn es an verschiedenen Orten mitgeschnitten wurde und acht Monate zwischen den Aufnahmen lagen.

Soweit zum Kapitel ASHRA. Die Musiker gingen seitdem eigene Wege. Lutz 'Lüül' Ulbrich gründete mit den 17 HIPPIES sein eigenes Projekt sowie hat AGITATION FREE wiederbelebt (die CD "River Of Return" ist soeben erschienen), Harald Großkopf und Steve Baltes arbeiten zusammen weiterhin an ihrem Projekt N-TRIBE sowie zusammen mit Axel Heilhecker (Wolf Maahn) an SUNYA BEAT. Und Manuel Göttsching? Nach seinem kurzen Gastspiel bei TERRA NOVA (und deren abgefahrener Produktion "Tokyo Tower") agiert er mehr oder weniger aus dem Verborgenen heraus. Unter anderem war er an dem Soundtrack des Films "Kurt Gerrons Karussell" (mit Ben Becker und Ute Lemper) beteiligt und spielte auf dem in Kürze erscheinenden neuen Klaus Schulze-Album mit. Aber, wie aus gut unterrichten Kreisen zu erfahren war, trägt er sich auch mit dem Gedanken, ASHRA wieder einmal aus der Versenkung zu holen sowie weiteres in seinen Archiven schlummerndes interessantes Material zu veröffentlichen.

[Carsten Agthe]

Mit freundlicher Unterstützung von Manuel Göttsching, Lutz Ulbrich, Harald Großkopf, Steve Baltes, Werner Stange, Kurt Mitzkatis, Klaus Dieter Müller.

Fotos: Soweit nicht mit Namen bezeichnet aus den Privatarchiven Manuel Göttsching, Wolfgang Pokall, Pressefotos und aus dem Archiv Klaus Dieter Müller.

[Mit weiteren Beiträgen von: Gen Fujita, Kurt Mitzkatis, Wolfgang Pokall, Stephan Schelle, Frank Seifert, Regina Sommerfeld, Ilona Ziok]

Bilder

Pressefoto.
Sammlung Wolfgang Pokall.

Pressefoto.
Sammlung Wolfgang Pokall.

Sammlung Bernd Kunze

Mit Timothy Leary.
Pressefoto.
Sammlung Wolfgang Pokall.

Mit Timothy Leary
Foto: Marcel Fugere

Mit Timothy Leary
Foto: Marcel Fugere

Herbst 1969
Manuel Göttsching

1971
Pressefoto

1971

1971
Manuel Göttsching
Live im Quartier Latin

1972
Hartmut Enke

1973
Theatre de l'ouest

1973
Theatre de l'ouest
Manuel Göttsching

1975
Göttsching in Südfrankreich

1975
Foto: Ulrich Kilian

1975
Foto: Ulrich Kilian

1975

1976
Göttsching in Frankreich

1977
Lutz Ulrich, Quartier Latin

1978

1980
Foto: Detlef Maugsch

1981
Pressefoto

1984
Manuel Göttsching
Foto: Ulrich Kilian

1984
Manuel Göttsching
Foto: Ulrich Kilian

1985
Sheffiel Electronica
Foto: Frits Connenberg

1985
Sheffiel Electronica
Foto: Frits Connenberg

August 1985
Harald Großkopf
Foto: Frits Connenberg

1989
Foto: Detlef Maugsch

1989
Foto: Detlef Maugsch

1989
Manuel Göttsching
Foto: Detlef Maugsch

Mai 1991
Harald Großkopf
Foto: CD inlet 'Tropical Heat'

Mai 1991
Manuel Göttsching in Köln
Foto: CD inlet 'Tropical Heat'

Mai 1991
Manuel Göttsching in Köln
Foto: CD inlet 'Tropical Heat'

1991
Harald Großkopf
Foto: Chris Rowe

1997
Foto: Ed In Den Bosch

Februar 1997
Manual Göttsching
On Air, West Tokyo

Februar 1997
On Air, West Tokyo

Februar 1997
Osaka, Club Quattro

Februar 1997
Nach dem Konzert
Osaka, Club Quattro

Februar 1997
Narita Airport Tokyo

1998
Foto: Ed In Den Bosch

1998
Manuel Göttsching
Foto: Ed In Den Bosch

1997
Harald Großkopf
Foto: Carsten Agthe

1997
Manuel Göttsching
Foto: Carsten Agthe

Eintrittskarte zum KLonzert am 21.7.2000

Flyer zum Konzert am 21.07.2000

Konzertbericht

 

 

 

Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
0000 Die Mulde (vid) LP
0000 Live at the Open Air Festival Herzberg 1997 (vid) LP
1971 Ash Ra Tempel LP
1972 Schwingungen LP
1972 Join inn LP
1973 Starring rose LP
1973 Seven up (Live mit Timothy Leary) LP
1974 Inventions for electric guitar LP
1975 Le Berceau de Cristal LP
1977 New Age of the Earth LP
1980 Belle Alliance LP
1989 Walkin' the Desert LP
1990 Blackouts LP
1990 Correlations LP
1990 Belle Alliance LP
1991 Tropical Heat LP
1998 Best of Private Tapes LP
1998 Sauce Hollandaise LP
1998 Live in Japan LP
2000 Friendship LP
2000 Gin Rosé LP

Rezensionen

4/98

Private Tapes Vol.1 (Two Wolf Records)
Elektronisch : Ash Ra Tempel galten zu ihrer Frühzeit als ernsthafte Konkurrenz zu Tangerine Dream, bedienten sie doch die gleiche Klientel, doch im Gegensatz zu den erfolgreichen Mitbewerbern war Ash Ra Tempelstets nur ein Insidertip. Eigentlich unverständlich, denn sowohl in Sachen Improvisation, Spielfreude und auch bei der kompositorischen Qualität konnten Sie es mit allen anderen locker aufnehmen. Was Manuel Göttsching und seine Freunde abseits der bekannten Platten noch so alles unternahmen, kann man jetzt zu kleinem Teil auf der Doppel-CD Private Tapes Vol. 1 mit Staunen zur Kenntnis nehmen - tolle Klangbilder, seltsame Spielereien, abgefahrenes Volk. Waren das Zeiten !
[Wolfgang Pokall]

Ashra Live (Think Progressive / EFA)
ASHRA brauchte ihren Kultstatus nicht durch jahrelange Abstinenz beweisen. Der begründete sich durch ihre Vorreiterrolle in Sachen Elektronik im allgemeinen und Techno schlechthin. Das Solowerk, Manuel Göttschings, "E2-E4", welches er schon 1981 einspielte, aber erst 1984 veröffentlichte, wurde als Geburtshelfer des Trance gewertet. Umso verwunderlicher, daß Göttsching mit ASHRA von 1991 bis 1998 keinen Output zu verzeichnen hatte. Und nun, in diesem Jahr, erscheint mit "ASHRA-Live" nach "Sauce Hollandaise" schon die zweite Veröffentlichung, ein Indiz für die rege Livetätigkeit der Band in der letzten Zeit. Im Line-Up Manuel Göttsching, Harald Grosskopf, Lutz Ulbrich und Steve Baltes überraschte ASHRA seit 1997 durch aktive Konzertaktivitäten, die dem Kult um die Band nicht schaden. Zu perfekt sind die Performances der Ausnahmemusiker und, wen wunderts, immer noch zeitgerecht bzw. stellenweise sogar wieder ihrer Zeit voraus.
Eigentlich sollte bei 'Think Progressive' das beim letztjährigen Burg Herzberg Festival mitgeschnittene Konzert veröffentlicht werden, man entschied sich aber kurzfristig aufgrund des besseren Sounds für eine Übernahme aus Japan, wo die Band einige Monate zuvor vom Ablauf her, das gleiche Konzert absolvierte.Und trotz der trackmäßigen Übereinstimmung zu "Sauce Hollandaise" ist diese Produktion ebenfalls von Interesse, werden doch die Sounds auf bestehende Samplinggerüste improvisiert und von Gig zu Gig der jeweiligen Stimmung des Akteurs angepaßt. Neben den überlangen musikalischen Leviatationen "Echo Waves", "Twelve Samples" und "Niemand lacht rückwärts" wartet diese Variante eines Ashra-Gigs mit dem Grosskopf-Titel "Timbuktu" auf, trotzdem agieren die Drums eher im Hintergrund, wohingegen diesmal die Gitarren von Manuel Göttsching und Lutz Ulbrich dominieren. Nach jahrelangen Wartens freut man sich über jedes Lebenszeichen mit dem Namen ASHRA. Man kann nur hoffen, daß die endlich überwundene Stagnation nicht doch wieder das Output dieses doch wieder auf höchstem Niveau
agierenden Projektes bestimmen wird, obwohl gerade Harald Groskopf und Steve Baltes durch ihre Nebenprojekte ( N - Tribe, Sunya Beat, Holo Syndrome ) nicht über mangelnde Arbeit klagen können.
[Carsten Agthe]

The Best of the Private Tapes (1999, Manikin)
Langsam ist es nicht mehr geheuer. Mußte die ASH RA TEMPEL Anhängerschaft jahrelang auf Neuveröffentlichungen ihres Helden Manuel Göttsching warten, so kommt mit "The Best Of The Private Tapes" nach den Live Alben "Sauce Hollandaise" sowie "Ashra Live in Japan" das bereits dritte Output innerhalb von zwei Jahren auf den Markt. Neues Material hat diese Doppel-CD mit einer bahnbrechenden Spielzeit von 145 Minuten auch nicht zu bieten, dafür aber jede Menge bisher unveröffentlichte Tracks aus den Jahren 1972 bis 1979, welche das Warten auf endlich neue Kompositionen, die, glaubt man gut unterrichteten Kreisen wirklich und wahrhaftig im Jahre 2000 erscheinen sollen, verkürzen helfen. Manuel Göttsching ist nun einmal nicht der Schnellste und man muß froh sein, daß er sich endlich dazu bereit gefunden hat, seine angesammelten Schätze, die eigentlich nur zum privaten Gebrauch gedacht waren, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Sein Jahrhundertwerk "E2 E4", welches ein Indikator für die gesamte Technoszene darstellte und auch noch heute eine Schlüsselstellung in der elektronischen Musik inne hat, wurde von ihm an nur einen Tag im Dezember 1981 allein eingespielt und sollte eigentlich nicht veröffentlicht werden. Erst auf Drängen seiner Freunde und Bekannten ließ er sich breitschlagen, dieses Werk 1984 auf dem damaligen Label von Klaus Schulze herauszubringen. Und die Welt, die elektronische, hielt ob der neuartigen Qualität den Atem an und als die Technik Anfang der 90er sich soweit entwickelt hatte, daß man Songs ohne besonders große Aufwendungen mixen konnte, erblickte "E2 E4", remixt von mehr oder weniger bekannten DJ's und Soundbastlern in verschiedenen Inkarnationen das Licht der Danceszenen und der "Sueño Latino" Mix erreichte durch eine Millionenauflage Platz eins der Charts sowie wird heute noch, Jahre später, in den Diskotheken von Ibiza erfolgreich aufgelegt.
Aber bereits in den 70ern war Manuel Göttsching der damals gängigen Musik um Längen voraus. Das beweisen seine zu dieser Zeit veröffentlichten Alben als auch die in der vorliegenden Form erhältliche Rückschau. "The Best Of The Private Tapes" wartet mit allen Facetten von Manuel Göttsching / ASH RA TEMPEL oder ASHRA auf, die die 70er zu bieten hatte. Von sphärischen, langen Soundscapes, die zum Teil, da sie den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würden, gekürzt werden mußten, bis hin zu Arbeiten für den Hörfunk oder Live-Aufnahmen der Endsiebziger Besetzung mit Lutz Ulbrich und Harald Grosskopf reicht diese respektable Übersicht und bietet alles, was das Herz begehrt.
Zwar erschienen einige der Stücke später auf der einen oder anderen ASHRA-Veröffentlichung, trotzdem sind diese hier enthaltenen Versionen in ihrer Andersartigkeit interessante Studien für den Einblick in die Entwicklung der einzelnen Songs im speziellen sowie für die Erforschung Manuel Göttschings Klangkosmos im Ganzen. Die über alles stehende Musikpresse motzt, ASHRA hätten durch das ausschließliche veröffentlichen älteren Materials den Anschluß an Realität verloren, die für sie nicht mehr einholbar wäre, dabei müssten sich Ignoranten einmal, nur ein einzige Mal, eben jene Produktionen zu Gemüte führen, um eines besseren belehrt zu werden. Noch heute profitiert die gesamte elektronische Musikwelt von den Errungenschaften eines Manuel Göttsching und seinem ASHRA TEMPEL und andererseits hat er mit Produktionen von beispielsweise TERRA NOVA bewiesen, das er durchaus mit den Techniken und Sounds heutiger Tage Schritt halten kann.
Gedankt hat es ihm, wie so vielen Pionieren deutscher Rockmusik, keiner. Dafür steht er neben Klaus Schulze und Mani Neumaier im Tokyoter Wachsfigurenkabinett. Hier beweisen die Japaner einmal, daß ihr Musikgeschmack durch Karaoke nicht vollends den Bach hinunter gegangen ist. In Anbetracht des Ausstehens neuen Materials saugen wir jede neuen Klangbotschaften von ASH RA TEMPEL gierig auf; wer weiß, was die Zukunft bringt.
[Carsten Agthe]Gin rose (2000, Manikin Records MRCD 7049)
Endlich liegt die Live-Aufnahme des schon jetzt legendären Auftritts von Ash Ra Tempel im April dieses Jahres in London als CD vor.
Sein Freund Klaus Schulze bildet mit Manuel Göttsching endlich wieder die alte Formation - wenn auch nur für diesen Auftritt. Wie schon der Bericht unseres Mitgliedes Gen Fujita belegt war es ein ganz besonderes Ereignis, dass musikalisch und persönlich gepasst hat. (Leider war das bei @shra in Berlin ja nicht so.)
Auf 69 Minuten glänzen die beiden Genies um die Wette als hätten sie nie aufgehört zusammen zu spielen. Sie verstehen sich immer noch blind. Es gibt nur einen Titel auf der CD, aber das sieht nur der Player so. Nach langen schwebenden Passagen bekommt das Ganze eine Pikante Variante!
[Kurt Mitzkatis]Friendship (2000, Manikin Records MRCD 7048)
Wie schon bei Gin rosè, so wird auch bei Friendship sehr schnell klar, was bei zwei Genies an Musik herauskommt. Musikalisch ganz eng an der Live-Aufnahme beginnend, driften die zwei Musiker in neue Sphären ab.
Das erste Stück heißt Titel Reunion, während das zweite Pikant heißt und eine pikante Variante der pikanten Variante darstellt. :) Der dritte Tiitel Friendship jedoch ist hier wirklich das Highlight. Mit wunderschön lang-gezogenen Gitarrenriffs drückt Manuel Göttsching aus, wieviel ihm dieses Gefühl bedeutet.
Klaus Schulze legt einen Teppich aus faszinierenden wabernden Keyboardklängen darunter, dass man darauf nur tanzen könnte. Traumhaft!
[Kurt Mitzkatis]


Ashra Live At The Open Air Festival Herzberg 1997 (Video, Tempel Records 01)
Da gibt es zwei Videos, die beide zur selben Zeit ankamen. Zum Anfang interessierte mich Ashra Live At The Open Air Festival Herzberg 1997.
Seit ich selbst Beteiligter an der Geisha-Fuji-yama Reise zum fernen Osten war, fragte ich mich: Hat er etwas in sich aufgesogen und mitgenommen oder war es nur ein anstrengender Trip?
Im Februar 1997 brach Mr. Ashra sein Schweigen nach sechs Jahren und machte eine Tournee durch Japan. In den Auftritten war das Publikum begeistert von der Aufführung von Niemand Lacht Rückwärts, das 1979 im Studio Roma aufgenommen wurde. Die Leute spürten den Thrill und die Mysthik dieses Songs.
Als ich nun im Video sah, dass Ashra das Stück weiter bearbeitet haben, war ich beruhigt und erkannte, dass ich mir keine Sorgen über die Japanreise zu machen brauchte. Sie waren vorangekommen seit dieser Zeit, so wie ich es erwartet hatte. Ihr Auftritt war vollkommener als Live In Japan.
Es ist schon wertvolles Material, was Ashra auf dem Herzberg Open Air spielte. Ich konnte durch den Bildschirm den Atem des Publikums spüren. Es ist dieses besondere Gefühl auf Open Air-Konzerten. So, als ob ich mitten im Festival säße in jenem Sommer...

There are two videos on hand arrived at the same time. At the start, I had become interested in Ashra Live At The Open Air Festival Herzberg 1997 since I had been concerned how was his Geisha-Fujiyama Reise to unkown Far East. -Did he find and absorb something here or just an exhausted trek.?
In February 1997, Mr. Ashra broke his silence for six years and held a live tour in Japan. At their Live In Japan, the audience was so satisfied with their performance of Niemand Lacht Rückwarts which had been recorded at Studio Roma in 1979, and felt a kind of thrilling and mysterious in this tune.
Seeing they worked it up more and more in Ashra Live At The Open Air Festival Herzberg 1997, I ease and recognize I did not need to worry about his Japan trek. Then I anticipate their activity from this time forward. Their performance was more accomplished than Live in Japan. It is a quite precious material which Ashra play in the Open Air. Through a screen I could touch the audience's breath. That is a particular feeling in Open Air-Concert. It is if I am sitting in the festival at midsummer.
[Gen Fujita]


Manuel Göttsching - Die Mulde (Tempel Records02)
Eine der Aktivitäten, wie ich sie von Manuel Göttsching erwartet hatte, ist Die Mulde wo ich einen ganz anderen Manuel sehen kann. Ein seltener Anblick wo er eins mit der Natur ist.
Was für eine schöne Aufführung. Sie ruft in mir Erinnerungen an Bilder der belgischen Symbolisten Schule oder an Surrealisten wie Rene Magritte hervor. Es ist wie ein realistischer Traum.
Die Bühne von Ashra oder gleichbedeutend Manuel Göttsching im Angesicht von elektronischen Geräten. Einmal im Spiegel das Externe und vor dem Spiegel das Interne... Aber überlassen wir dem Käufer wie er diese zwei neuen Videos beurteilt. Es ist sehr wichtig und wertvoll, dass sie veröffentlicht wurden.
Wir können nun beide Seiten von Manuel Göttsching sehen.

One of his activity as I had expected is Die Mulde in which I can see another Manuel Göttsching. It is a rare sight that he is in communion with nature. What a beautiful performance it is. It reminds me Pictures by Belgium symbolist school or surrealist Rene Magritte. It's like a realistic dream.
The stage of Ashra or individual Manuel Göttsching facing to electronics. A self in mirror is the external, A self standing in front of mirror is the internal. Please leave it to the purchaser how to enjoy these two new videos. It was so important and valuable that they were released at the same time. We can see two sides of Manuel Göttsching.
[Gen Fujita]


Ash Ra Tempel Live in London 2000 (Video)
Mir war es vergönnt ein sogenanntes inoffizielles Video von dem Ashra Tempel Auftritt in London zu sehen. Es ist ein von der Bühnenseite gemachter Mitschnitt von Frits Kouwenberg, dem noch Aufnahmen von den Proben vorangestellt sind. Ein sehr intimes und ruhiges Dokument von zwei Künstlern, die musikalisch wie Zwillinge verbunden sind. Man sieht wie sich die Beiden mit Blicken ihre Einsätze förmlich zuwerfen, wie sie miteinander "spielen".
Leider ist es nicht für den Handel freigegeben, obwohl es mit dem Einverständnis beider Künstler hergestellt wurde.. Im Untergrund ist dagegen ein stark verwackeltes und Sound- sowie Bildtechnisch miserables Bootleg im Umlauf.
Vorsicht: Hände weg!

I had the opportunity to see an unofficial video from the London concert of Ashra Tempel. It was shot from the stageside, made by Frits Kouwenberg. It started wit short scenes from the soundcheck. It is a very close and calmcomposured document of two artists, who are musically connected as twins. You can see them throwing their glances at each other to change the parts in the program, just like they are playing a silent match.
Unfortunately this video is not allowed to be released, instead of being made wit the acceptance of both artists. In the underground, there is a bootleg to buy, which is filmed secretly out of the audience. It has terrible sound and awful permanent wobbling pictures.
Hands off!
[Kurt Mitzkatis]


@shra Live Volume 2 (2002, MG Art)
Ziemlich zeitgleich mit dem Album Sauce Hollandaise erblickte 1998 @shra Live In Japan das Licht der Welt, was zu diesem Zeitpunkt doch schon etwas verwirrte, war die Veröffentlichungspolitik des Projektes um Manuel Göttsching die gesamten 80er und 90er doch eher als bescheiden einzustufen.
Zwar wurden beide Alben 1997 in der Besetzung Manuel Göttsching, Harald Grosskopf, Lutz Ulbrich und Steve Baltes bei verschiedenen Konzerten mitgeschnitten (selbstredend), nur enthielten beide merkwürdigerweise zum Großteil die gleichen Tracks, was vielleicht daran lag, dass beide Alben bei unterschiedlichen Plattenfirmen erschienen.
Mit Volume 2 erscheint nun auf dem neu gegründeten Label von Manuel Göttsching, 'MG Art', der zweite Teil des Mitschnittes der Ashra Japan-Tour von 1997. Mit den hier enthaltenen Titeln Sunrain, Four Guitars,Hausaufgabe, Oasis sowie Move 9 Up werden dabei die Ashra-Inkarnationen ab den Mittsiebzigern tangiert, was aus dem Werk eine durchaus sympathische, weil überaus transzendente und auch interessante Zeitreise durch den vielfältigen Klangkosmos von Göttsching & Co. macht.
Neuzugang Steve Baltes, der seitdem fest zum schon zwanzig Jahre bestätigten Line-Up gehört, brachte mit modernen Trancesounds einen nahezu frischen Wind in das Bandkonzept, was Ashra in diesem Sinn mit Lichtgeschwindigkeit ins neue Jahrtausend katapultierte. Gerade in Tracks wie Four Guitars, dem wunderschönen Oasis (nach Aussage von Göttsching einer seiner Lieblingsongs) und dem fast schon technoiden Move 9 Up fährt das Quartett zu seiner Hochform auf, was nun durchaus nachvollziehen lässt, warum die Japaner schier aus dem Häuschen gerieten.
Mit @shra - Volume 2 bestätigt sich die Band einmal mehr als überauszeitlos und trendsetzend, kreierte Manuel Göttsching doch schon lange vor der Zeit, als man ihnen mit Techno und Ambient geläufige Namen verpasste, solcherart spektakuläre Sounds.
[Carsten Agthe]

Fast 5 Jahre nach den Konzerten in Japan nun endlich der zweite Part der Tournee, bzw. weitere Stücke davon. Nach dem 1998 veröffentlichten ersten Teil @shra Vol. 1 Live in Japan nun Vol. 2 erschienen auf dem neugegründeten MG: ART Label von Manuel Göttsching. Mit @shra Vol. 2 folgt die erste CD Veröffentlichung auf MG. ART nach zwei Video Releases im Jahr 2001.
Sie enthält nun die restlichen gespielten Stücke die in Japan aufgeführt wurden. Die Tracks Sunrain und Oasis - ich glaube besser kann man Gitarre nicht spielen als auf diesem Stück. Dieser Titel muss einfach jedem gefallen. Oasis könnte von mir aus 60 Minuten dauern. Dies sind zwei meiner absoluten Favoriten von Manuel und Ashra. Hier in Super Live-Versionen. Des weiteren mit Four Guitars mit über17 Minuten das längste Stück der CD und dem Track Hausaufgabe in einer modernen leichten Chill Out Version und dem "sehr harten" Move 9 Up in satten 14 Minuten. Alle Ashra Bandmitglieder in Höchstform. Für mich eine der besten Interpretationen dieses Stückes.
Fazit: Dank an Manuel, dass diese Versionen nicht irgendwo in der Schublade geblieben sind. Kauft euch diese Superscheibe und lasst sie nie wieder raus aus euren CD-Player."
[Heiko Neumann]

Interviews

Worte über Manuel Göttschings ASH RA TEMPEL zu verlieren, welchen in ihren Anfangsjahren zu Beginn der 70er auch ein Klaus Schulze angehörte, und die in einem Atemzug mit Tangerine Dream, Neu und Kraftwerk genannt werden, ist eigentlich überflüssig. Mit ihrem trancenahen Elektroniksound beeinflußten sie den heutigen Techno nicht unmaßgeblich. Ab 1977 gehörte der Schlagzeuger Harald Grosskopf als loses Mitglied zur Band, welcher gerade jetzt in den Neunzigern durch seine Zusammenarbeit mit Oliver Liebs AMBUSH sowie seinem Projekt N-TRIBE die moderne Elektronik in Form von Techno für sich entdeckte. Mehr über ASH RA TEMPEL offenbart ein Interview, welches mit den beiden Musikern nach ihrem spektakulären Gig 1997 auf dem Burg Herzberg Festival geführt werden konnte.

GR: Carten Agthe für German Rock
MG: Manuel Göttsching
HG: Harald Grosskopf

GR: Man spricht derzeit vom Revival des sogenannten Krautrock, zu welchem ASH RA TEMPEL in den 70ern wohl oder übel zählte. Sah man aber heute Eure Show, welche sehr viel mit Trance zu tun hatte, könnte man Euch mehr mit Projekten wie Underworld oder (gemäßigte) Prodigy in Verbindung bringen. Wie seht Ihr das?
MG: Ich mag Underworld und Prodigy, habe Underworld sogar einmal live sehen können und sehe durchaus für die heutige Zeit gewisse Parallelen.
HG: Also, ich persönlich mache mir nicht so viel Gedanken darüber, wie wir stilistisch liegen, das ergibt sich einfach und ich meine als Trommler, daß Schlagzeuger eigentlich nicht in den Technobereich hineingehören. Da sind wir mit ASH RA TEMPEL doch eine ganze Ecke weit weg, sage ich einmal dreist. Ich jedenfalls habe bei Raves noch keine Schlagzeuger gesehen.
MG: Ich habe eine ganze Menge Kontakte zu DJ's, ganz speziell durch mein Album "E2 E4". Das habe ich eigentlich schon 1981 aufgenommen, 1984 wurde es veröffentlicht und Anfang der 90er wurde es sehr oft als die Technovorlage benannt und gespielt. Dadurch habe ich diese Szene so ein bißchen kennengelernt. Ich meine, wie bei anderen Musikrichtungen auch ist bei Techno 90% Müll dabei, aber es gibt durchaus so Sachen, die ich tatsächlich interessant finde. Wenn man moderne Musik hört, kommt man zwangsläufig auch an der einen oder anderen Art des Techno nicht vorbei. Ich höre mir auch einige Sachen intensiv und es gibt dann durchaus welche, da ist so ein Ding drin, da muß ich sagen, das ist einfach genial.

GR: Ist das mehr vom Rhythmus her oder mehr vom Klang? Wo ist der Punkt, bei dem es bei Euch klickt?
MG: Das ist, zugegebenermaßen, manchmal eine gewisse Frechheit, wo man sich sagt, man macht das einfach. So gewisse Sachen kombinieren, die man gut findet und dann etwas Eigenes daraus macht. Das ist eine Kategorie, die man schwer irgendwie beschreiben kann. Wenn man schon die Möglichkeit mit Elektronik, Computern und der modernen Technik hat, dann soll man sie auch nutzen. Und wenn man damit nur versucht, altmodische Rockmusik zu kopieren, das wäre langweilig, dazu braucht man diese Technik nicht und das macht auch keinen Spaß. Das heißt, Spaß macht das eventuell schon, ist aber, denke ich, überflüssig.

GR: Was meint Ihr zu dem Fakt, daß sich sämtliche neuzeitlichen Elektroniker auf eben diese deutschen Bands der ersten Stunde, wie ASH RA TEMPEL, Tangerine Dream, Klaus Schulze, Neu oder Kraftwerk berufen? Das muß Euch doch wie Butter herunterlaufen!
MG: Ich glaube nicht, daß man diese Bands gleichsetzen bzw. in einem Atemzug nennen kann, die waren doch damals alle sehr verschieden, auch wenn alle mit dem neuen Medium Elektronik experimentierten. Das zeigt doch auch die ganze Entwicklung, selbst von so einem Festival hier, das heutzutage wieder sehr beliebt ist. Man such einfach wieder nach Originalen, nach Wurzeln.
HG: Ich denke das entwickelt sich deswegen wieder in diese Richtung auf Rückbesinnung, weil in den letzten Jahren einfach zuviel Beliebigkeit angesagt war. Alle machten das Gleiche und das wird dann nach oben gespült. In den Endachtzigern hat sich das verändert und ich muß sagen, ich bin erst relativ spät dazugestoßen, weil ich halt kein Plattenkonsument bin. Man muß heutzutage richtig forschen, um auf die interessanten Undergroundsachen zu stoßen. Ich bin eben keine zwanzig mehr und habe auch nicht den Enthusiasmus, neue Musiken zu entdecken. Vor vier Jahren war ich in Frankfurt und habe dort das Eye-Q Label besucht und war einfach nur begeistert. Ich wunderte mich, daß mich alle kannten und bekam Respekt vor dieser Szene. Ich habe dann dort etwas produziert und bin mit Oliver Lieb zum Montreaux Jazz-Festival, wo ich zusammen mit ihm als AMBUSH, ein triballastiges Technoprojekt, spielte, was die Leute dort auch absolut abgefeiert haben. Seitdem habe ich in dieser Richtung die Ohren offen, weil ich vorher keine Ahnung hatte, was da so alles abgeht. Wer weiß denn, wieviel Platten jede Woche auf den Markt kommen und selbst Spezialisten sind nicht mehr in der Lage, dort irgendwie einen Überblick zu behalten. Mit meinem Freund Steve Baltes, der eigentlich vom Techno kommt und seit unserer Japantour im Frühjahr diesen Jahres mit in der Band ist, habe ich jetzt jemanden, der mir ab und zu interessante Sachen vorspielt, weil er wesentlich tiefer in dieser Szene drinsteckt. Ich bin auch begeistert von den ganzen minimalistischen Sachen. Ich meine 'intelligent' ist für mich auch wieder eine Einschränkung, daß das eine doof ist und das andere nicht. Ich meine, wenn es abgeht, dann kann es auch ultrasimpel sein. Wenn es erfinderisch und geistreich ist und viel Gefühl drinsteckt, dann darf es auch ganz simpel sein.

GR: Im Zuge der Wiederveröffentlichung von alten Sachen werden ja auch ASH RA TEMPEL Alben Re-released. Merkt Ihr das auch auf dem Bankkonto oder ist das mehr ideell?
MG: Diese sind mehr für den Liebhaberkreis und kaum etwas für die Hitparade oder den ganz großen Markt. Das ist dann nur für einen ganz speziellen Kreis von Leuten, die sich für dieser Art von Musik interessieren, den kann man wahrnehmen oder nicht. Wir speziell haben eine gute Firma in Frankreich, die hat sich vor vielen Jahren schon einmal mit viel Resonanz bemüht, unsere Sachen erneut zu veröffentlichen und das lief dann auch einigermaßen.
HG: Man darf das auch nicht überschätzen. Ich weiß aus Erfahrung, wenn Leute Hits produzieren, was man dann für einen Medienaufwand braucht, um das dann wirklich nach vorne zu bringen. Wenn man drei-, viermal auf MTV gelaufen ist, dann heißt das noch lange nicht, daß dann auch Platten verkauft werden. Heutzutage ist das Mediengeschäft noch viel schwieriger geworden und insofern darf man das auch nicht überschätzen. Wir sind nicht plötzlich von heute auf morgen reich geworden. Wir freuen uns über den Erfolg, sind aber auch realistisch genug zu wissen, daß Wellen von heute auch sehr schnell wieder verebben. Daß das halt morgen niemanden mehr interessiert.

GR: War Dir, Manuel, eigentlich bewußt, was für ein richtungsweisendes Werk Du mit der bereits erwähnten Produktion geschaffen hast?
MG: Die Produktion damals war eigentlich gar nicht zur Veröffentlichung gedacht. Ich habe eine Stunde Musik für mich gemacht und auf Band aufgenommen. Als ich das dann verschiedenen Leuten vorspielte, fanden die das alle sehr gut. Es war auch für die damalige Zeit, 1981, eine recht einfache Produktion, sozusagen eine 'zu Hause' Produktion und nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Ich habe zwar ein Studio zu Hause, aber das ist kein Riesenstudio. Nur die notwendigsten Dinge sind dort, die ich zum Musik machen und entwickeln brauche.

GR: Und wie siehst Du eben jene "E2 E4" als Wegbereiter des Techno?
MG: Ich bin einfach nicht der Einzige, der einen Einfluß auf die Technobewegung hatte. Das wird auf jeden Fall immer wieder zitiert und es wurden auch unzählige Remixe davon gemacht und ich habe auch versucht, das zu erklären. Die Remixe kamen eigentlich sehr viel später, die Platte wurde nur sehr oft live auf beispielsweise Raves gespielt. Ich habe das von verschiedenen Seiten gehört und konnte mir das gar nicht vorstellen, weil die Platte eigentlich nicht als Tanzmusik gedacht war. Da ist auch nicht der 'Bums' drauf, den man bei dieser Art Musik eigentlich gewöhnt ist. Der eigentliche erklärbare Grund ist vielleicht der, weil die Platte ja sehr lang ist, knapp eine Stunde, es immer nur über zwei Akkorde geht und die Melodien nur geringfügig wechseln hat man durchaus das Gefühl von Trance. Da kann man sehr gut noch etwas anderes dazu laufen lassen, beispielsweise noch eine zweite Platte. Meine Platte wurde als Basis genommen und hat sich in dieser Art auch sehr gut gemacht.

GR: Wie erklärt Ihr Euch, daß speziell der deutsche Journalismus gerade in den 70ern seine Probleme mit dem 'Krautrock' hatte?
HG: Ich denke, daß wir kulturell immer noch an den Folgen des zweiten Weltkrieges zu knabbern haben. Die Verehrung des Siegers und seiner Kultur hatte zum Resultat die Verehrung der anglo-amerikanischen Rockmusik bis in die späten 80er Jahre. Jetzt erst entsteht eine Musik, die kosmopolitisch ist. Im Prinzip ist es egal, wo man herkommt. Wir haben damals mehr oder weniger auch darunter gelitten, weil man uns viele Jahre hier im eigenen Land mißachtet hat. 'Der Prophet im eigenen Land,...', das ist zwar ein Klischee, trifft aber irgendwie auch zu. aber daß die Bands bei dem Leuten nicht ankamen, das war absolut nicht der Fall, weil auch Bands wie beispielsweise Eloy oder Birth Control haben zu ihren Konzerten ein- bis zweitausend Leute angezogen.

GR: Was macht eigentlich Euer ehemaliger Labelchef aus den 70ern, der Heinz-Ulrich Kaiser,der bekanntlich für seine Labelpolitik berühmt-berüchtigt war, heute?
HG: Der war Mitte der 70er schon weg vom Fenster. er stand ständig unter Alkohol, so daß wir das Label wechseln mußten. Er soll entmündigt worden sein und sich in psychiatrischer Behandlung befinden. Das jedenfalls haben wir herausbekommen.

GR: In diesem Sinne vielen Dank und für die Zukunft alles Gute.

ASH RA TEMPEL begeisterten an jenem Abend mit trancenahen Sounds über fünfundzwanzigtausend Leute auf Burg Herzberg und wir sind uns einig, daß jenes Konzert mit zu den ergreifendsten dieser kultigen Veranstaltung gehörte, obwohl die Musiker doch mehr im Hintergrund agierten. Die Neunziger mit dem Elektronik- und Krautrockrevival öffneten auch dieser Band eine Plattform, welche sie in diesem Maße schon über 25 Jahre verdient hatte. Der in den 70ern begonnene Kreis beginnt sich nun zu schließen....

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Manuel Göttsching-Lebenszeichen- Sorgenkind oder der verlorene Sohn

Endlich ist es so weit: Mit der Veröffentlichung zweier Videos stellt sich Manuel Göttschings Label Tempelrecords vor:

1. Ashra at Herzberg Open Air Festival 1997
enthält u.a. Oasis, einen Titel aus dem Jahre 1978, der zu den schönsten Kompositionen Göttschings zählt und in der neuen Live-Version noch nirgends erschienen ist. Der Herzberg-Auftritt war ein unvergessliches Erlebnis, das 40.000 Zuschauer in Bewegung setzte und einige sogar auf die Bühne brachte! - Zwischen den in einer Lichterflut getauchten Liveaufnahmen sind auf dem Video Photos der Band zu sehen, die Göttsching aus seinen Archiven herauskramte. Photos der älteren und jüngeren Ashra-Knaben schmücken auch die Rückseite des Kassettencovers, dessen Vorderseite wiederum aus zahlreichen Photos vom Herzberg-Konzert besteht. - Das Cover ist auf unserer Webseite zu sehen: www.ashra.com

2. Manuel Göttsching: Die Mulde
Musik zu der 34 Spiegel-Installation R.S.V.P. von Mercedes Engelhardt, Höfgen an der Mulde, 6. September 1997. Ein Ohrenschmaus, bei dem Göttsching zwar seine Gitarre zu Hause ließ, die aber ganz und gar nicht vermisst wird. Die Mulde ist: Göttsching Electronic At his best zu hypnotischen Bildern in Breitwandformat! - Cover ebenfalls auf der Webseite zu bewundern. Klangbeispiele dieses Videos und aller CD-Veröffentlichungen sind als MP3 auf der Webseite vorhanden und können heruntergeladen werden, von all denen, die sich zuerst informieren möchten, wie sich Die Mulde anhört oder auch sonst das eine oder andere Album nicht kennen und mal hineinhören möchten, siehe Diskographie: www.ashra.com

Die Videos sind überall dort erhältlich, wo auch Ashra- und Göttsching-Alben zu haben sind, aber natürlich auch direkt bei tempelrecords@aol.com

Unmittelbar nach der Video-Veröffentlichung geht es dann los mit dem Release einiger CDs:
3er-Set The Making Of, das bislang ungenutztes Probematerial zu Correlations enthält. Ein Leckerbissen für Sammler und Liebhaber.@shra Vol. 2, des zweiten Teils der inzwischen legendären Tournee der Band durch Japan im Frühjahr 1997.Vervollständigt wird das Programm des Jahres 2001 durch den Mitschnitt des Konzerts in der Akademie der Künste, Berlin im Sommer 2000, inklusiv der Göttschingschen Gitarre, die dort aus diversen Gründen gelegentlich ausfiel...und durch ein neues Solo-Studioalbum von Lazybone Manuel: Eine Überraschung!

Übrigens: Manuels Archiv enthält genug unveröffentlichtes Material für eine Fortsetzung der Private Tapes 7-12, einen 6er-Set mit Kompositionen zu sagenumwobenen Modeschauen der 80er Jahre in Berlin und Düsseldorf (Claudia Skoda und Joop!) mit musikalisch herausragenden Momenten im Wirken des Musikers. Es gibt ferner einige aufgezeichnete Konzerte, die zum Teil als Bootlegs kursieren, und viele viele unvollendete in die Zukunft weisende Göttschingsche Experimente. - Die von ihm persönlich korrigierte und ergänzte Biographie sowie die Konzertseite der für Anfang Mai 2001 geplanten umgestalteten Webseite www.ashra.com zeigen die verbleibenden Publikationsmöglichkeiten, wobei nicht alles erfasst wurde. - Aber keine Angst, Göttschings Devise bleibt nach wie vor: Qualität vor Quantität!

Und was macht das Sorgenkind des German Rock aktuell?
Im Februar nahm Göttsching mit DJ Santos (Camels will die Dance Charts nicht verlassen) den Track Intimate auf, das auf dem Santos Album R U Shakadelic? im Mai/Juni 2001 erscheinen wird, produziert im Hause Expanded Music in Bologna, aus dem einst der Dauerbrenner Sueno Latino (berühmteste Verarbeitung der E2-E4) hervorkam. - Bei Intimate zeigt sich Göttsching einmal mehr unschlagbar an den unterschiedlichsten Gitarren, deren traumhafte Klänge Santos mit seinem unverkennbaren Groove versetzt! Da baumelt die Seele und bewegt sich das Bein!

Im Studio wartet aber schon die nächste Herausforderung: Es gilt einige Tracks des Londoner DJ Cocos zu bearbeiten, dessen Traum in Erfüllung ging, wie kürzlich im englischen Music Express zu lesen, als Manuel ihm das Ja-Wort gab.

Ende Mai steht dann der Stadt Mainz berühmtester Sohn - neben Gutenberg und der Fassenacht - Ian Pooley, Weltbürger in Sachen Ambient, in Manuels Berliner Studio Roma zu gemeinsamen Aufnahmen.

Am 30. Juni 2001 schließlich trifft Ritter Manuel im Saal des Schlosses Burg (b. Singen) auf Ritter Lutz Ludwig Kramer, den Mitbegründer der Band Agitation Free.

Bei Volker Rapps Ceos (Classic Electronic on Stage) kreuzen beide ihre Gitarren und zeigen dem erstaunten Publikum, wie sich Sandkastenfreunde im reiferen Alter unterhalten.

Karten sind limitiert (ein Rittersaal ist keine Arena) und erhältlich telefonisch: 0211-254787 oder bei: DemoArt@aol.com

Und aus dem Ausland kommen Einladungen, die Göttsching nur schwer ablehnen kann. Doch gut Ding braucht Weil, vor allem bei unserem Slowhand. Man darf gespannt sein, welchem Kontinent er mit seinem neuen Klangprogramm den Vorzug gibt.

Aus England (ratet einmal von wem) gibt es inzwischen eine Nachfrage über Göttsching einen Film zu machen, den "am meisten unterschätzten, aber einflussreichsten Musiker der Neuzeit", wie ihn kürzlich in seiner Rezension des Albums Gin Rosé der holländische Musikkritiker Eric Wouter bezeichnete.

Die E2-E4 geht mit dem Zeitkratzer-Orchester (im Repertoire außerdem Lou Reeds Metal Machine Music, Phil Glass und Stockhausen) nach zwei überaus gelungenen Aufführungen in der Hauptstadt (Video vorerst nur fürs Archiv vorhanden) auf Weltreise: Göttsching (zur Partitur) mit Pauken und Trompeten! - Wäre es nicht eines Gedanken wert, all die Variationen der E2-E4 einmal auf CD herauszubringen?

Zwischendurch erholt sich dann der Meister vom Musiker-Stress auf... Filmbühnen dieser Welt. Seit 1999 zieht er mit seiner Frau und ihrem Film Kurt Gerrons Karussell durch die Lande. Er hatte für den preisgekrönten Streifen den gleichnamigen Soundtrack produziert (EastWest Records), die Musik für den Film gemischt und zuvor persönlich für die Komposition und Pianobegleitung seines langjährigen Kumpels Ben Becker (Walter Mehrings Ode an Berlin) gesorgt.

Nach Tourneen durch die USA, Hong Kong, Australien, Chile, Israel, Südafrika, Russland und diverse europäische Nachbarstaaten stehen 2001 kürzere Destinationen auf dem Plan wie Paris, Prag, Malmö, mit Ausnahme des in den kanadischen Rocky Mountains gelegenen Filmorts Banft.

Dies und vieles mehr findet Ihr auf unserer Webseite: www.ashra.com die Webmaster Lennart gut und regelmäßig pflegt. Doch auch Lisa und Myriam, unsere reizenden Feen, stehen Euch bei Fragen gerne zur Verfügung: tempelmusik@aol.com .

Und wer ein ganz besonderer Fan Manuels und seiner Musik ist (Solo oder mit Band), kann dem Internet Fan Club beitreten, welcher blüht, gedeiht, und seinen Mitgliedern das eine oder andere Geheimnis um den Musiker und Bürger Göttsching lüftet. Der smarte Moderator der Ashra-egroup ist Sufian der Gallier: ashra-subscribe@egroups.comWir wünschen viel Spaß!
Ja, Manuel der Totgesagte ist quietschfidel und gut ausgeschlafen!
[Ilona Ziok]


Und eine Neuigkeit mehr. DIE MULDE wird seine Premiere auf dem CEOSFestival feiern - auf ner großen Leinwand zu sehen und über gute Boxen zuhören. Das ist unser Bonbönchen für das Life Konzert von Ludwig, Manuelund Volker Rapp! - Interesse haben auch andere Festivals bekunden. Aberdie kriegen das Werk nach dem 30. Juni 2001. Anfragen bitte antempelmusik@aol.com
[Ilona Ziok]

Kontakt

Offizielle Seite: http://www.ashra.com

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