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Witthüser & Westrupp, Essen

Biografie

Die WITTHÜSER & WESTRUPP Story

 

Es begab sich zu der Zeit als die Musik noch offen war für den Wechsel der da kommen sollte. Die Jünger der neuen Generation trugen lange Haare (teilweise mit Blumen darin), lebten die freie Liebe (ohne die Geißeln des 21. Jahrhunderts) und wollten die „Blaue Blume“ finden wie ihre Großeltern ein halbes Jahrhundert zuvor...

 

Es gab die Ernsthaften, die für Alles und Jedes die gültigen Antworten suchten und die Gesellschaft ändern wollten wie da waren: Ihre Kinder, Floh De Cologne, Franz Josef Degenhardt, Ton Steine Scherben und dergleichen mehr. Dann waren da auch jene, die den Traum leben wollten wie Hoelderlin, Novalis, Jane und so weiter. Außerdem gab es noch die Harten wie Scorpions, Birth Control, Karthago und so weiter. Ja auch der Humor hatte seine Kinder wie Schobert Und Black, Insterburg & Co, Klaus Der Geiger und etliche mehr.....

 

Aber das war alles nichts gegen die Macht des Brösels! Witthüser & Westrupp waren dessen Huldiger – und siehe da, sie passten in keine dieser Schubladen. Sie waren voller Humor und Hintersinn, konnten aber auch bitterböse aufspielen, zeigten dem Klerus das Spiegelbild in seinen eigenen Kirchen und erschufen Meisterwerke der Märchen und Fantasiewelten wie niemand sonst in jenen Zeiten.....

 

Sie wandelten als Witthüser & Westrupp nur ein paar Jahre unter der Sonne jener Welt und einige wenige Alben künden von ihren Taten... Doch niemand, der mit seligem Lächeln über jene Ära spricht vergisst sie zu erwähnen. Sind sie doch das Gewürz, dass die (Ohren)speise jener Zeit erst schmackhaft machte. Und da war eher wenig besser als zuviel.

 

Doch beginnen wir mit den profanen Daten jener beiden Musiker, die bis heute – jeder für sich den Pfad der (Un)tugend immer noch beschreiten und die Welt mit Klängen beglücken....

 

Beginnen wir alphabetisch mit der

Biografie Bernd Witthüser:

 

Er wurde am 29. Februar 1944 geboren. Dieses besondere Schaltjahresdatum und das Sternzeichen der Fische sollten sich noch sehr auf die musische Seite von Bernd auswirken...

 

Nach der Volksschule machte er eine Elektrikerlehre und begann in der Birdhouse-Skiffle-Group als Sänger die Musik für sich zu erkunden. Als Elektromechaniker bei Pepsi Cola und ACC verdiente er sein „richtiges“ Geld, doch war er in jenen Tagen auch schon als Straßenmusiker unterwegs, wobei er sich der klassischen „Folkinstrumente“ Mundharmonika und Gitarre bediente. Neben der absolvierten Fachschule für Elektrotechnik bekleidete er den Posten des Geschäftsführers vom Folk und Jazzclubpodium in Essen.

 

Er sang „unstatthafte Lieder“, was ihn des Öfteren mit der Polizei zusammenbrachte. Aber auch Konzertveranstalter wollten ihm mehrmals keine Gage zahlen, da er unangepasst und nicht gefällig genug auftrat. Die Weseler Ausgabe der NRZ mahnte sogar die Bürger zur Vorsicht mit der Überschrift: „Wer ihn kennt, warnt vor ihm.“

 

Dieses unstete Leben sollte bis 1967 anhalten, als er dann sein Alter Ego Walter treffen sollte.

 

Biografie Walter Westrupp:

 

Geboren wurde er am 12.02.1946 in Krumbach/Schwaben, aufgewachsen ist er in Essen. Der Schulbesuch endete 1964 mit Erwerb der mittleren Reife. Auch er lernte was „Richtiges“: Betonbauer. Und ebenfalls machte er seine musikalischen Erfahrungen in einer Band, nämlich der Night-Reveller Skiffle Group, für die er sang und Mundharmonika spielte.

 

 

"Für mich, der ich diese Zeit damals lebte und so mitgestaltete, waren diese Erfahrungen existenziell und damit richtungsweisend für mein Leben, was im Klartext heißt: unvergesslich und unkaputtbar."(Walter Westrupp)

 

Der erste Kontakt der Musiker

 

Walter Westrupp traf Bernhard Witthüser - von der Öffentlichkeit fast unbemerkt - Anno 1967 im legendären City-Club, der Szene-Kneipe in der City von Essen an der Ruhr, wo er als DJ tätig war.

 

Um den Laden voll zu bekommen, veranstaltete er neben epochalen Bilder-Ausstellungen mit nur Insidern bekannten einheimischen Künstlern Folklore-Abende, an denen lokalen Gruppen und Künstler auftraten. Einer von war der mittlerweile schon weit über die Stadtgrenzen hinaus - fast bis nach Duisburg - bekannte Bernhard "Bernd" Witthüser, der "Protestsänger des Ruhrgebietes" (Dieser Name ist übrigens, eine Erfindung von Rolf Ulrich Kaiser),  der mit Songs von Thomas Rother auftrat, einem Essener WAZ-Redakteur. Da sie ähnlich dachten – und die Chemie stimmte beschloss man gemeinsam „etwas zu machen!“

 

Die Welt sollte schnell merken, was damit gemeint war....

 

Im September 1967 veranstalteten sie das erste Essener Love-In. Sie packten sich in Omas Wolldecken, setzten alte Brillen auf, steckten sich Blumen ins Haar und stürmten zu zweit in die Stadt. Mit diesem Spontanangriff  legten sie in Nullkommanix den zentralen (Kennedy-) Platz Essens lahm. Sie drehten ein paar Runden um den Brunnen und sangen "We Shall Overcome" und irgendwas von San Francisco sowie "Fragt uns nicht: woher und wohin", anschließend liefen sie durch die staunend stehengebliebenen Menschen, verteilten die mitgebrachten 100(0)e von Blumen an die Passanten und gaben ihnen wichtige Lebensweisheiten mit auf ihren steinigen Weg durchs Leben wie: "Liebe Deinen Nächsten mehr als Dein Portemonnaie - Steigt aus - Fresst Euer Geld und sterbt daran - Liebe, solange Du noch warm bist..."  Sie stiegen ins (Brunnen-) Wasser und umrundeten mit ihren Instrumenten das einzige Mädel, das wirklich stehen blieb: die Badende "Jungfrau" in ihrem Becken. Fernsehen, Rundfunk und Presse kamen angerast - für das biedere Essen ein Medienereignis allererster Güte. 

 

„Aus den Büros strömen Sekretärinnen und Beamte (das musst Du gesehen haben - da sind so´n paar Irre unterwegs), die umliegenden Kneipen leeren sich spontan (alles Zechpreller) und die Menge steht, gafft, staunt... Die City steht für einen Moment still. Doch hätten wir "BUHHH" geschrieen, wären sie alle vor Schreck weggerannt. Dann kommen aber auch schon die Bullen und regeln den Verkehr, schirmen uns ab und fragen nach der Demonstrationserlaubnis, dann kommt noch der Regen von oben (von unten waren wir ja aufgrund unserer Kneipp-Einlage schon angefeuchtet) da verteilen sich die Leute und der BGS konnte seine Wasserwerfer wieder einpacken: damit geht unsere Love & Peace-Parade friedlich zu Ende  - und wir Bürgerschrecken steigen zufrieden runter ins Podium und feiern unseren Erfolg - das Leben ist ein wunderbarer einzigartiger Spaß.“ so Walter Westrupp.

 

Aber die Barden hatten noch mehr drauf. Sie wollten Talente entdecken und fördern und dazu brauchte man eine geeignete Location. Die Beiden entwickelten gemeinsam mit Wirt Egon Mai ein entsprechendes Konzept, die Brauerei machte auch mit (Jazzer trinken gerne) und 1967 öffnet dann das "Podium" seine Pforten und wird schnell zu einem Begriff im Pott, zu einer festen Institution im Ruhrgebiet.

 

Walter arbeitete dort als Disc-Jockey, als Pausenclown, Ansager und Musiker, während Bernd als Koordinator und Manager für das Live-Musik-Programm die Fäden im Hintergrund spann und die auftretenden Künstler engagierte und betreute. Diese Erfahrungen in dem Business konnte er für die Essener Songtage 1968 gut gebrauchen, wo er ebenfalls tätig war.

 

Die Songtage 68 in Essen zeigten in plakativer Art der breiten Öffentlichkeit was Kreativität und Protest auf der Bühne ausstrahlt. Künstler warfen die Fesseln des etablierten musikalischen Kulturgutes ab und betraten Neuland - jeder auf seine Art und Weise. Engagierte Liedermacher wie Franz-Joseph Degenhard und Dieter Süverkrüpp gaben vielen Bewegungen musikalischen Rückhalt, Nonsens-Gruppen wie Insterburg & Co machten echte Comedy (da gab es diesen Begriff noch gar nicht), Theater- und Agitatoren-Gruppen wie First Vienna Working Group mischten auch das beschauliche Waldeck-Festival auf. Und in der Pop-Szene geben Gruppen wie Amon Düül, Floh De Cologne, Embryo, Limbus, Guru Guru, Tangerine Dream, Annexus Quam, Jerry Berkers, Bröselmaschine, Emtidi, Hölderlin, Rufus Zuphall, Wallenstein, Birth Control, Ashra Tempel, Paul & Limpe Fuchs, Xhol, Can und viele andere mehr den Ton an. Und - mittendrin und voll dabei sind: Witthüser & Westrupp, Pop-Duo mit ausgeflipptem deutschsprachigem Folk-Rock - Exoten unter den Exoten.

 

Alles, was Rang und Namen hat in Jazz und Folk und der Liedermacherszene, spielt zu der Zeit auch im Podium - tägliches Musik-Programm war angesagt: Ob Liedermacher wie Hannes Wader oder Horst Koch, ob Dixieland vom Prager Jazz-Quintett, ob Jasper Ten Hoff´s Association P.C., Peter Brötzmann, Alexander Schlippenbach, Franz de Byl, Flamenco mit Manolo Lohnes oder klassisches Gitarrengezupfe vom Folkwang-Dozenten Beck, Freejazz oder Kabarett: alles, was spielen konnte, etwas zu sagen hatte und dazu noch irgendwie bezahlbar ist, trat auf der kleinen Bühne auf - und natürlich auch (un-)bekannte (Nachwuchs) Gruppen und Künstler aus Essen und Umgebung (Franz De Byl hatte hier seinen ersten Live-Auftritt, Spontan-Sessions anwesender Musiker waren an der Tagesordnung und Ramses, das wahnsinnige Essener Piano-Unikat, war schließlich immer für ein "Chikago" gut).  Studenten der Folkwang-Musikschule hatten hier ein Podium für experimentelle Musik gefunden (was nicht unbedingt jedermanns Sache war und auch oft weit über die Schmerzgrenze ging). Ansonsten gab es reichlich Jazz und Skiffle und Folk von Acryl - und das Konzept stimmte: der Laden lief super an. Das Betreibertrio lebte gut von der Neugierde der Leute, die aus dem ganzen Ruhrgebiet, ja selbst aus der elitären Jazz- und Landeshauptstadt Düsseldorf angefahren kamen, um sich ein Bild vom Programm zu machen und dabei zu sein: Man traf sich, sah interessante Mitmenschen, wurde gesehen, rauchte Gaulloises, Rothändle und Reval ohne Filter oder drehte Schwarzen Krausen, trank Pernod pur oder Whisky-Cola: schwarz gekleidete Intellektuelle, Schlaghosentragende Individualisten, minigekleidete Büromädchen im selbst gestrickten viel zu weiten Baumwollpullover: der Laden war Bühne für Musiker und Publikum.

 

Als die erste Neugierde befriedigt war und langsam abklang, andere Pop-In-Läden ihre Pforten öffneten und während der Woche der Besuch langsam aber stetig und unaufhaltsam sank, da checkten die Drei, dass tägliche Live-Musik auf die Dauer gesehen schwer zu finanzieren ist  - dennoch: sie gaben Durchhalteparolen aus und suchten Mäzene, während der Chef Egon derweil erste graue Haarstränen bekam und sein Kontostand langsam, stetig und unaufhaltsam absoff.

 

Im Jahr 1969 ging das Podium mit seinem Programmkonzept wirklich pleite. Walter verrichtete nebenbei noch seinen Wehrdienst, den er erst mit 22 Jahren antrat. Doch auch da hatte er Glück, denn er arbeitete im Casino und war in Sachen Freigang auf der Sonnenseite. So sah seine Tätigkeitsbeschreibung in dieser Zeit folgendermaßen aus: DJ in diversen Etablissements, Kellner, Tuba-Bläser in einer Jazzband, Posaunist im Posaunenchor, Bassist im Kirchenchor, Zappes, Folksänger. Nach diesen Großtaten beschlossen Witthüser & Westrupp zu studieren.

 

Es sollte natürlich für sie nutzbringend sein, und somit drängte sich quasi von selbst (um musikalisch weiterzukommen und sonst sowieso nicht anderes in Frage kam (ohne Abitur war man für die meisten Unis irgendwie nur Luft) zwangsläufig ein Musik-Studium auf. Folkwang-Schule war zu elitär, also machten sie sich auf die Suche und bestanden auf Anhieb die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Duisburg und schrieben sich dort ein: Bernhard für das Studium der Gitarre und Walter für das der Zugposaune. Sie kauften sich von ihrem letzten Geld einen alten klapprigen Opel. Der Titel "Student" tat dem Ego ungeheuer gut und wurde Zusatz auf ihren Visitenkarten.

 

Nach den Vorlesungen ging es mittags zurück in die Heimat.

 

Walter fuhr mit dem Moped zu der Essener Uhrenersatzteilfirma Flume, wo er die Artikelkartei umstellte. Bernhard gab Gitarrenunterricht an der Volkhochschule in Essen - und so hielten sie sich finanziell irgendwie am Leben. Abends/Nachts war zum Ausgleich der Hormone und zur Pflege mit- und zwischenmenschlicher Beziehungskisten Besuchs- und Arbeits-Programme im Podium (inzwischen unter anderer Leitung) oder Pop-In und/oder bei Ampütte angesagt.

 

Diese wilde Studentenzeit dauert fast ein Jahr an, bis sie der Erfolg überrollt. Außerdem sind sie durch ihre eigenen Erfahrungen zu der Erkenntnis gekommen: „Arbeit ist Scheiße - sie hemmt einen nur bei der kreativen Bewältigung des Daseins / des Hierseins / des ICH-Seins!“

 

Es wurden dringendst neue Poster gebraucht und so setzten sie sich mit dem Grafiker/Fotografen-Team Volker Bagatzki / Frithjof Hirdes in Verbindung und besprachen mit ihnen einen originellen ausgefallenen einzigartigen unverwechselbaren Neuentwurf .

 

Die Nachfrage war so riesig, dass die Druckerei kaum mit dem Druck und sie mit dem Verschicken nicht mehr nachkamen. Als zum Beispiel der ASTA der Uni Münster für einen Auftritt von ihnen im dortigen Audimax 100 Poster orderte, lag nach einer Woche die Nachbestellung auf dem Tisch. Grund: die erste Lieferung wurde zwar ausgehängt, war aber mittlerweile von Fans oder Kunstliebhabern wieder abgehängt und geklaut worden. Die Poster wurden zu einem begehrten Sammlerobjekt, was sich natürlich in der Szene herumsprach und so druckten unseriöse „Freunde“ die Poster nach und vertrieben Sie in ganz Europa. Witthüser & Westrupp hatten außer dem Ruhm nichts davon!

 

Interessant ist auch die Wohn und Lebenssituation der Beiden in ihrer Studenten und Musikerzeit: Walter zog in das Dachgeschoss der Viehofer Str. 25 in Essen. Dort hatte Bernhard schon eine "Wohnung" - und dort begann die Sturm- und Drangzeit. Allein das Wohnen in den sechs "Apartments" der Etage (gleichbedeutend mit sechs "Wohnungen",  das entsprach tatsächlichen  sechs "Zimmern", die im normalen Immobilienmarkt als "Besenkammer" bezeichnet würden (?!)sind verdammt klein geraten: jedes Zimmer hatte maximal 12 Quadratmeter  und jeweils eine Riesenschräge. dazu hatte jedes Zimmer ein riesiges Kombigerät (Kühlschrank/Spüle/Herd am Stück) - da blieb nicht viel für Möbel. Nicht verschweigen sollte man natürlich den Luxus einer Toilette und einer Dusche - für alle. Diese Art von Gemeinschaftseigentum (in den 20er-Jahren durchaus üblich) war für die "Altbewohner" total normal, bedeutete aber für Kommunen-Neueinsteiger beziehungsweise Anfänger - wie die Beiden - eine tiefe Zäsur in die bisherige Lebensform und somit ein einschneidendes existenzielles Erlebnis.

 

Die Türen einer jeden Wohnung standen generell alle offen und jeder der Mitbewohner verfügte über mindestens eine Stereo-Anlage, die den ganzen Tag über zweckentsprechend betrieben wurde. Da entwickelte sich bei dem Versuch, auf der eigenen Anlage eine Beatles-LP anzuspielen, plötzlich ein neues einzigartiges quadrofonischen Klangerlebnis, bei dem die Beatles ihre Besetzung um Eric Burdon, Golden Earring, Rod Stewart und die Stones erweitert haben, und dieser Sound erinnerte stellenweise dann an den Free-Jazz, mit dem manche Folkwang-Studenten abends im Podium ihre extrem kleine Fangemeinde quälten.

 

Gemeinsames Frühstücken wurde zur festen Einrichtung. Morgens so gegen 13 Uhr (!) ging einer los und holte frische Brötchen und all das, was zu einem zünftigen Kommunarden-Frühstück gehörte, einer kochte Kaffee und spülte Tassen, ein dritter Mitbewohner ging runter in unser im Erdgeschoss gelegenes Musikgeschäft, um sich die LP-Neuerscheinungen auszuleihen, die man sich dann beim Frühstück durchhörte um somit immer auf dem neuesten Stand zu bleiben: 0815-Lps wurden unverzüglich zurückgegeben in den freien Verkauf, die hörenswerten, die sie behielten, wurden angeschrieben und - wenn irgendwann irgendwoher Geld einging, wurde dieser manchmal nicht unerhebliche Posten beglichen. Je nach Anzahl der Platten, zudem abhängig von den Erlebnisberichten der einzelnen Kommunarden sowie verschiedener aktueller innerer und äußerer Einflüsse zog sich so ein Frühstück oft bis zum Mittag (18:00 Uhr)(!). Mittags - also so zwischen 18-19 Uhr - bekochte man sich gegenseitig und so waren diese gemeinsamen Mahlzeiten (nach Verfeinerung durch extremen Gebrauch von Ketchup, Chili und Sambal Olek) zum endgültigen Auftakt des Tages und für das Zusammenleben eine echte Bereicherung.

 

Hier gab es auch Geistesblitze der ganz besonderen Art

 

Witthüser und Westrupp saßen stumm vor dem Totenkopf, der in seinem Käfig auf dem Schreibtisch stand, hatten ihre dampfenden Tassen mit heißem Wasser vor sich stehen und tauchten ihre Teebeutel auf und ab.  Und da - plötzlich und ehrlich völlig unerwartet weil ohne Ankündigung, ohne Anmeldung und selbst vom Totenkopf nicht erkannt - kam besagter Geistesblitz mit Donnerschall und öffnete ihnen Geist und Augen - als würden sie sich in einem Spiegel sehn.

 

Sie schauten sich an und unausgesprochen stand mit brennenden Lettern in die flirrende Luft: gemeißelt: „Es gibt noch kein technisches Hilfsmittel - erfindet es!“ Eine Maschine musste her, das war ihnen sofort klar, und zwar eine Teebeutel - Hochheb - Maschine. Also ab ans Zeichenbrett. Innerhalb von nur einer Nacht entwarfen sie eine Maschine, die Michelangelo nicht besser hätte zeichnen können uns die dieses lästige entwürdigende Getue auf elegante Weise übernimmt und dem Teetrinker nun die Zeit geben sollte, menschenwürdig zu leben und Sinnvolles zu tun.

 

Mit dieser Konstruktionsplan rasten sie gleich morgens in die nächste Schreinerei und ließen sich gemäß den Vorgaben die diversen Einzelteile fertigen, rasten zurück und bauten an der Werkbank (Bernhards Schreibtisch) mittels Kompaktkleber und unter der Zuhilfenahme von Präzisionswerkzeugen wie Laubsäge und Nagelfeile dieses geniale Objekt zusammen.

 

Zitternd vor Vorfreude saßen sie vor dem fertigen Objekt und sahen fasziniert zu, wie präzise die Maschine arbeitete und den Teebeutel mittels einer Kurbel und revolutionärer Teebeutelhaltevorrichtung nahezu vollautomatisch im heißen Wasser versenkt und bei der nächsten halben Umdrehung tropfend wieder herauszieht.

 

Es gab trotzdem noch viele Probleme. Zunächst - quasi in der Test- und Belastungsphase -  gingen sie sehr vorsichtig mit der Maschine an die Öffentlichkeit. In ihrem Bekanntenkreis zumindest fand die TEHOMA (so hieß das geniale Maschinchen) Anerkennung.

 

Der Film

 

Die Idee: „Wir machen einen Werbefilm“ konnten sie sehr schnell umsetzen. Einen Kamera-Mann fanden sie sofort. Horst "Hulot" Horriar, Jungfilmer,  Filmvorführer und Partner von J:P: Hüster im JZ Essen), der erst mit langen Diskussionen von der Ernsthaftigkeit und dem existenziellen Sinn eines solchen epochalen Projektes überzeugt werden musste, willigte schließlich ein, ohne Gage dieses Projekt mit in Angriff zu nehmen. Er stand fortan mit Rat und Tat und einer für damalige Verhältnisse recht professionellen Kameraausrüstung zu Verfügung.

 

Der Film wurde genauso gedreht, wie hier beschrieben, und alles andere passierte auch - es war der helle Wahnsinn: Zunächst wurde die Erfindung als solche nachgestellt. Sie fand am Originalschauplatz in Bernhards Zimmer hinter Gräfs Orgelstudio in der Viehofer Str. 25 statt und zeigte zunächst Witthüser & Westrupp bei einer herkömmlichen entwürdigenden Teebereitungszeremonie. Der Gedanke ward geboren, etwas Neues zu entwickeln. Pläne wurden gezeichnet, und zwei Maschinen wurden gebaut.

 

Nun aber noch einmal wieder zur Wohnsituation der Beiden. Sie sollte auch für das musikalische Schaffen großen Einfluss haben und bietet jüngeren Lesern einen kleinen (Schlüsselloch)blick in die wilden Zeiten wo der Begriff WG noch nicht erfunden war aber die Kommunen schon einen schlimmen Ruf hatten. Bernhard richtete auf dem Flur ein schwarzes Brett ein, an das fortan der Putzdienst für die Gemeinschaftsräume (Klo/Dusche/Flur) angepinnt, der Kochdienst festgelegt, aktuelle Meldungen der Einzelnen und die "Todesanzeige der Woche" ausgehängt wurden. In diesen Nachrufen fanden die Beiden alle die tollen Reime, die sie später auf der Flipper-Single-B-Seite in dem Lied Einst Kommt Die Nacht, Die Lange Dunkle verarbeiteten: die Geschichte eines Mannes, der stirbt und dem seine Freunde am Grab ein Abschiedslied singen und er (also der Tote) den Deckel noch mal aufklappt und seinen Freunden auch ein Abschiedslied singt.

 

Text-Beispiel:

"Du bist befreit von Leid und auch von Schmerz, geliebte altes treues Herz,

nur Müh´ und Arbeit bis ans Ende: nun ruhen Deine fleiß´gen Hände,

die immer nur für uns bereit - das danken wir Dir alle Zeit".

 

Wenn nichts Anderes anlag, dann war nachmittags "Stadt-Gang" angesagt: man saß auf dem Burgplatz, wurde von den Spießern begafft und man begafft die Spießer. In dem Lied Wenn Ich Ein Wenig Fröhlicher Wär´ ist diese Situation sehr treffend beschrieben. Bernd und Walter verteilten Flugblätter "Wie drehe ich einen Joint" Und dann das mit der Anleitung für den „großen Dreiblättrigen“ - oder den "Almanach der Rauschmittel" mit Wirkungsangaben. Das wirklich gutgemeinte Flugblatt mit der Anleitung "Wie nehme ich einen Trip richtig" (12 Regeln, die nützlich sind für Neueinsteiger, einen Trip richtig vorzubereiten und zu genießen und einen Horrortrip zu vermeiden) brachte prompt die Anzeige eines Pastors ein, die aber abgeschmettert wurde.

 

 

Nonnen, Tote und Vampire

 

„Welcher Wechsel doch im Leben

tiefe Stille hier und Leid.

Dort - bei arbeitsamen Streben

Jugendglück und Fröhlichkeit“

(aus Lieder Von Nonnen, Toten Und Vampiren)

 

Die Muse, die zu gemeinsamen Songs führte küsste Bernd und Walter sehr unterschiedlich. Bernhard ist im Laufe des Jahres 1969 mit seinen Songs nicht mehr so richtig glücklich ("ich spiel vor Kumpels und hab noch nie im Leben richtig malocht: die lachen sich ja kaputt über mich"). Da kommt der Titel „Protestsänger“ etwas komisch rüber.

 

Walter und Bernd klimperten oft gemeinsam diverse Liedchen und jammten. Dabei entwickelt sich irgendwie und -wann aus diesem Zusammenspiel die Idee, alte Bänkellieder, Vampirtexte, Trauer- und Totengedichte, Moritaten und Lyrik aus alten Büchern, die sie in dieser Zeit lasen, zu vertonen. Mit Gitarre und Ukulele packten sie die ersten Texte in ein entsprechendes musikalische Gewand. Es entwickelt sich dabei im Laufe der Zeit eine eigen-/einzigartige Mischung aus klerikalem Protestgesang, klassischer Gitarrenmusik mit traurigen Einschüben und  Untermalungen. Bernhards Gitarrenfertigkeiten und Walters Posaunen-, Flöten und Trompetenkünste kamen dabei voll zum Tragen und erzeugten eine eigentümlich tragende Stimmung, die eine jeweils vorhandene Grundstimmung unterstützt und dabei noch genügend Raum für eigene Gedanken und Interpretationen ließ. Sie bauten weitere Instrumente wie Triangel, dicke Zing, Xylophon, Windspiel und was so alles in den Räumen rumlag und einsetzbar war, in die Kompositionen ein. Oft meditierten sie nächtelang über einem Thema, ließen die Bandmaschine mitlaufen und suchten dann später die passende Musik zu einem Text heraus.

 

Sie erarbeiteten ein 90 Minuten - Programm und  probten in jeder freien Minute im JZ Essen, wo der damalige Leiter Graf v. Schmettow ihnen glücklicherweise einen Raum überließ, wo wie ohne die dummen Kommentare der Mitbewohner - also ungestört - jederzeit üben konnten. (Im Überreden waren die Beiden wohl schon immer groß, wenn man mal so die Liste ihrer Schandtaten und ihrer Mäzene durchgeht....

 

Hausmeister und Personal, gaben manch saftige ehrliche konstruktive Kritik zum Besten (manchmal auch noch etwas mehr), aber so kochten sie nicht nur im eigenen Saft. Als dritter Mann war Jens Nissen, ein Geiger aus Essen, mit dabei und Ende des Jahres war es dann endlich soweit - das Programm stand. Das erste öffentliche Konzert gaben sie im kleinen Saal des Jugendzentrum - bei Kerzenlicht und Rotwein. Ganz in schwarz gekleidet, spielten sie mit etwa 20 Instrumenten ihre Lieder auf fast dunkler Bühne. Die selbst für heutige Verhältnisse einmalig zu nennende Light-Show besteht aus zwei Strahlern: rotes Licht (Lampe links) bei Liebesliedern, grünes Licht (Lampe rechts) bei Grab- und Vampirsongs und rot/grün (also volle Kanne) bei nicht einzuordnenden Songs. Nachdem sich das Publikum an die eigenartige Atmosphäre gewöhnt hat und auf unsere ironisch/satirischen Erläuterungen, die zu den einzelnen Liedern gegeben wurden, mit Zwischenrufen eingingen, war der Bann gebrochen - es wird ein großer erster Erfolg, der den Beiden zeigte, dass das Projekt wohl wirklich Zukunft haben könnte. Durch die Kontakte von Bernhard zu Veranstaltern und mittels diverser Flugblattaktionen und obskuren Zeitungsanzeigen, aber auch durch erste Zeitungsartikel und -kritiken über uns waren relativ schnell Auftritte im Ruhrgebiet gebucht, und auch die ersten Radio-Termine gingen über die Bühne: das Projekt W&W´s Pop-Cabaret lief an. Man spielte auf der Studio-Bühne der Stadt Essen, wo der NRZ-Theaterkritiker bescheinigte, dass sie nicht mal Noten lesen konnten (dabei war er zum ersten Mal in seinem Leben zur richtigen Zeit am richtigen Ort - aber das hatte er nicht kapiert). Bernd und Walter tingelten durch die Berliner Kneipen und lernen die dortige Szene kennen (Insterburg, Wader, Mai, Schobert & Black etc.), sie waren auf der Waldeck bei den Songfestivals und wurden mehr und mehr wahrgenommen.

 

Anfang 1970 hatten sie einen Gig in der Wuppertaler Börse, wo sie vor nur acht Leuten auftraten. Ganz Profis spielten sie aber das volle Programm, und als sie nach 90 Minuten frustriert abbauten, kam ein Pärchen auf sie zu, das sich den ganzen Gig angesehen hatte. Es war ein Bekannter von Bernhard mit netter Freundin. Nach obligatorischer Begrüßung, kurzem Händeschütteln und Schulterklopfen inklusive der üblichen Lobhudeleien lud er die Beiden zum Bierchen ein und offerierte ihnen dann - einen Plattenvertrag!?! Es war der Musik-Journalist Rolf-Ulrich Kaiser mit seiner Lebensgefährtin Gille Lettmann, die mit dem Berliner Meisel - Verlag zusammen das Ohr-Label gegründet hatten und nun auf der Suche nach wirklich guten deutschen Gruppen sind. Und wie schon des Öfteren bei Witthüser & Westrupp hatte der Zufall die Regie geführt. Natürlich waren Bernd und Walter gnädig genug sich das Angebot mal anzuhören – Ehrensache bei einem alten Kumpel....

 

In Wahrheit waren sie unheimlich happy, aufgeregt wie kleine Kinder, fragten nicht nach Prozenten, nur nach einem kleinen Vorschuss, aber eigentlich nach gar nichts außer: wann und wo können sie endlich unterschreiben konnten und dann ging es ab ins Studio. Der Traum eines jeden Musikers, entdeckt zu werden, ging für sie ausgerechnet bei einem der schlimmsten Auftritte ihrer gesamten musikalischen Laufbahn in Erfüllung, daran kann man sehen, dass es sich immer lohnt ganz Profi zu sein – man weiß nie wer einem so zuhört..

 

Der Vertrag war kaum unterschrieben, da ging es schon im März 1970 nach Hamburg, um die erste LP einzuspielen. Die Produktion erfolgte im Studio Fürchtenicht, einer Art Heimstudio im Wohnzimmer. Arbeiten konnten sie nur nachts wegen der Straßengeräusche tagsüber (fehlende Schallisolierung), und Playback ist auch nicht: alles muss im Hieb sitzen. Das allerdings kam der eh schon leicht chaotischen Spiel- und Lebensweise der Beiden durchaus entgegen. Sie hatten noch keine überhöhten Qualitätsansprüche, und wenn bei einem Trompetensolo mal die Spucke in der Kanne brodelt, es aber intonationsmäßig nichts großartiges zu nörgeln gibt, dann wurde das Ding abgewinkt. Und genau deshalb wurde es auch ein sehr relaxtes Album, das voll und ganz die Stimmungslage von Bernd und Walter zur Geltung brachte.

 

Walter findet heute im Nachhinein, dass diese erste LP die ehrlichste von allen wurde. Als Gastmusiker und Roadie war Charly Weißschädel mit dabei, der beim Flipper-Song in einer Schüssel virtuos mit Wasser planschte und damit mal wieder alles rausriss...

 

Alles war tatsächlich handgemachte rein akustische Musik (neudeutsch "unplugged" und damit seiner Zeit weit voraus) ja selbst für damalige Verhältnisse ein Novum. Innerhalb von nur drei Nächten wurde das Werk samt Single eingespielt, (was es aber damals durchaus häufiger gab) und die Präsentation dieser Produktion erfolgte stilgerecht im Juli 1970 im Hamburger DRK-Haus. Die Musiker wurden in Särgen in einen mit Kerzen beleuchten Raum hereingetragen, Rolf Ulrich Kaiser hält eine kurzweilig launige, mit Grabesstimme vorgetragene Einführungsrede, dann - klappten die Deckel auf und Bernd und Walter stiegen, bleich geschminkt und schwarz gekleidet, aus den Särgen heraus und sangen den anwesenden Kritikern das Lied: Wenn Hoch Die Sonn Steht Am Firmament, Liegt Graf Dracula Im Sarg Und Pennt. Das Abendglöckchen ertönte, es zeigte sich die Lilie vom See und die Band ließ das Mütterlein am Grab des Sohnes weinen: das hatten Schreiberlinge, die sonst Opernkritiken schreiben oder Rockkonzerte besuchen, noch nie gehört und erlebt - der Gag saß, und ohne, dass man es ahnte ward eine eigene Schublade im Business eingerichtet, die aber so klein war, dass sie nur für Bernd und Walter reichte, aber die waren ja auch Enge gewohnt....

 

Es gab dicken Presserummel, und weil das Motiv stimmte, ein ordentliches Echo in den Zeitungen – und die ersten Fernsehsender interessierten sich für die beiden irren Gestalten aus dem Pott.

 

Im März 1970 kam auch die erste Single auf den Markt mit Dracula und Einst Kommt Die Nacht (die Essenz aus den Todesanzeigen der Woche von der Pinnwand) - und  im September waren sie schon auf dem legendären Fehmarn-Konzert dabei. Und weil diese chaotische Veranstaltung so einen immensen Einfluss auf die weitere Rockgeschichte hierzulande hatte, geben wir an dieser Stelle Witthüser & Westrupp etwas mehr Raum um sie uns als Zeitzeugen die unglaublichen Ereignisse jener Tage erzählen zu lassen:

 

Über den Witthüser & Westrupp-Auftritt beim Open-Air-Festival auf Fehmarn 1970

 

„Wer schwimmt so munter dort im Meer

Wer schwimmt in jener Bucht dort hin und her

Wer ist immer lustig und immer froh

und wer erfreut die Kinderherzen so?“

(aus Flipper - CD Nonnen, Tote, Vampire)

 

“Wir liegen in unseren Zimmern in der Viehofer Straße 25 in Essen unter´m Dach und erholen uns von den Strapazen der Podium-Nacht (unsere Stamm- & Szene - Kneipe). Es ist irgendwann 1970 so gegen 12.00 Uhr mittags - highnoon - eigentlich eine Zeit, wo niemand es wagen sollte, bei uns anzurufen (vor dem Frühstück können wir einfach noch nicht denken und sind verdammt aggressiv). Am anderen Ende der langen Leitung Rolf-Ulrich Kaiser, der Macher des Ohr Labels und unser Produzent. Ich höre Bernhard: "Hast Du mal auf die Uhr geguckt? Weißt Du eigentlich, wie früh es ist... ? ! ... ... Wer? Was? Wann? Was ist das? Ein Festival! Wir?  Wer spielt da? Ah ja, verarschen - um diese gottverlassene Zeit. ...Du spinnst!. Nein, vielleicht, ja, ich melde mich noch mal, wenn ich sprechen kann."

 

Beim Frühstück erzählt er (ich will jetzt nix von seiner zittrigen Stimme erwähnen): Wir sollen auf dem größten Open-Air-Festival auf deutschem Boden spielen - auf der Insel Fehmarn. Mit dabei alles, was Rang und Namen hat: Rod Stewart, Jimi Hendrix, Sly & The Family Stone, Emerson Lake & Palmer, Colosseum, Procol Harum, Mungo Jerry, Incredible String Band, Renaissance, Peter Green, Taste, Ten Years After,  Ginger Bakers Airforce, Canned Heat...und Gott und die Welt... und Witthüser & Westrupp.

 

Ich glaub´s nicht und verschluck mich und krieg Krämpfe und weiß: das ist zu viel für meine zarte Musiker-Seele  Wir geiern und lachen und schreien und tanzen - und haben solche Muffe: 20 - 30.000 Leute werden erwartet, und wir mit Ukulele und a-Gitarre und unseren Liebes- und Vampirliedern - zwei kleine Davids gegen den Rest des Universums. Der Totenkopf im Vogelkäfig wackelt bedenklich mit der Kinnlade - aber wir rufen Rolf Ulrich Kaiser zurück und sagen - natürlich zu.

 

Mit unserem alten Mercedes Benz 280-Diesel machen wir uns auf den Weg nach Fehmarn. Am Eingang zum Festival-Gelände abrupter Stopp an der Schranke. Die freundlichen, zuvorkommenden, liebenswürdigen und hilfsbereiten Ordner von den Hamburger Hell Angels hauen uns erst mal eine dicke Delle in unsere Motorhaube, heißen uns aufs herzlichste Willkommen  und wollen unseren Mercedes umkippen - bis wir ihnen irgendwie klarmachen können, das wir Die Top-Acts (?) sind tatsächlich reindürfen - ja müssen (was wäre das denn sonst ohne uns für ein Festival geworden).

 

Klatschnass geschwitzt fahren wir durch dieses riesige Festival-Gelände in Richtung Bühne: 10m (oder waren es 100?) hoch, gigantische Ausmaße, Orange-Türme bis in den Himmel. Wir haben schon einige große Festivals hinter uns - aber so etwas haben wir wirklich noch nie gesehen - Woodstock in old old Gernany. Gerade läuft der Soundcheck mit Ginger Baker´s Air-Force und einigen obergeilen Tänzerinnen - Hey Mann, ist das irre. Und wir mittendrin...

 

Wir rauchen uns erst mal eine oder zwei und melden uns dann in der "Baracke" (Festivalleitungs-Fertighaus mitten auf die grüne Wiese geklotzt) und wissen sofort, wir sind im Irrenhaus gelandet und gleich kommen die Bewährungshelfer um die Ecke und legen uns allen hier Zwangsjacken an: eine Hektik ohne Anfang und Ende, Telefone klingeln, Leute schreien durcheinander, wo ist denn der schon wieder, wieso sind die nicht da,  wer seid ihr... Die Hell Angels wollen die Hütte platt machen, weil sie noch keine Knete gesehen haben, Techniker rennen rein raus raus rein, nach drei Stunden hauen wir unverrichteter Dinge wieder ab und suchen uns ein schönes Plätzchen hinter der Bühne, wo wir unser Ein-Mann-Zelt aufschlagen und einrichten (Hotel ist nicht drin) und machen uns mit der Umgebung vertraut.

 

Wir besteigen die Bühne und sind von dem Ausblick erschlagen: überall Zelte und Plastikfolien, soweit das Auge reicht. Am Horizont Liliputaner oder noch kleinere Menschleinchen, die heftigst mit ihren kurzen Armen winken und rudern. Die Bühne selbst - ein Riesenteller. Wenn vorne eine Gruppe spielt, wird auf dem hinteren Teil (getrennt durch eine Wand) das Equipment der vorherigen Gruppe abgebaut und das der nächsten aufgebaut - per Aufzug werden die Sachen rauf- und runtergefahren. Wenn die vorne fertig sind und die hinten auch, kommen die Hells, stecken ein paar Holzpfähle in vorgebohrte Aussparrungen und drehen die ganze Scheibe samt Gerätschaften und Musikern um 180° - und weiter geht´s mit Musik - genial.

 

Irgendwann taucht dann tatsächlich auch mal der Veranstalter auf und erklärt, dass es für uns keine feste Auftrittszeit gibt - das wird kurzfristig entschieden. Ist uns aber auch egal, wir quatschen mit vielen tollen Leuten, machen Musik und all das, was dazugehört.

 

Das Fest läuft, und mit ihm der große Regen. Es schüttet ununterbrochen, die Leute stehen, sitzen und liegen im Schlamm - eingehüllt in Regenjacken, Folien und Planen und hören sich die Cracks an, die aufpassen müssen, dass sie über ihre nassen Instrumente und Mikros keinen gewischt kriegen - es passiert trotzdem.

 

Die schöne weiße Schleiflackanlage von Sly & The Family Stone wird klitschnass und dreckig, die Roadies fluchen, die Atmosphäre ist trotz (oder wegen?) des Regens elektrisch geladen - die Hells fackeln das schöne Fertighaus ab, weil Sie mit dem Veranstalter Stress haben - es ist nicht alles vom Allerfeinsten, was so am Rande passiert. Hendrix soll am Samstag Abend spielen, aber der Regen machte es ihm unmöglich auf die Bühne zu steigen wegen der Gefahr, elektrifiziert zu werden. Alle wollten den Hendrix hören - dafür sind viele schließlich hierhin gekommen... am Sonntag Morgen(?) soll er nun endgültig spielen - die ganze Nacht ist dies das Gesprächsthema Nummer eins.

 

Dann kommt der Sonntagmorgen, und mit ihm die Sonne. Die vielen Leutchen schälen sich aus ihren Südwestern, das Plastik wird eingerollt, man trocknet langsam und will Musik hören - aber keiner macht welche. Der Veranstalter weckt uns - und ab geht´s. Als wir die Bühne hinaufkommen und als deutschsingendes Duett angekündigt werden, war das eigentlich nur interessant, weil die Leute dabei die Möglichkeit hatten, einen schönen Platz fürs Hendrix anhören zu finden ... Und was für ne Überraschung wir dann waren. Jimi Hendrix liegt im Hotel und ist nicht ansprechbar - aber wir sind da - und damit auch dran.

 

Wir betreten mit unseren kleinen akustischen Instrumenten die Riesenbühne - und ernten den ersten donnernden Applaus. Als die Mikrophone eingenordet sind und mein erster Ukulelenton über die Menge hinwegrollt, ernten wir Ovationen. Und als Bernhard bemerkt: "Verausgabt euch nicht: gleich kommt noch Jimi Hendrix, der soll auch ganz gut sein", da haben wir gewonnen.

 

Unsere Musik - akustisch, ruhig und lyrisch - wallt über das Festival-Gelände und wird eins mit dem sonnigen Morgen. Es ist eine paradiesische Stimmung, ein unwiederbringliches Erlebnis für uns, wir vergessen unsere Angst und gehen auf in der Musik. Lustig heiter - wir bringen Licht in die Seelen der Festival Audienz... Und die wollten mehr, und dann noch mehr, .. und als wir zum Abschluss unsere Flipper-Hymne spielen, dürfen wir erst recht nicht von der Bühne - Zugaben folgen.

 

Wir - mit Hilfe des Publikums - trotzen den Versuche der Veranstalter, den Zeitplan einzuhalten und Hendrix endlich starten zu lassen: wir waren so abgefahren und das Publikum mit uns, dass sie den Hendrix warten ließen um uns zu hören... Mehr More und wir antworten mit einem Satz als Reaktion auf die weiteren nicht enden wollenden Ovationen "... wir sind eine ganz ganz junge neue Gruppe und wir haben nur ein sehr beschränktes Repertoire, und deswegen fangen wir nun wieder von vorne an ".... und wir spielen weiter und der Hendrix muss warten...

 

Wir haben es geschafft. Wie im Traum kommen wir herunter - Schulterklopfen, Händeschütteln, Interviews geben, Veranstalteradressen entgegennehmen. Wir wollen uns noch Alexis Corner anhören, aber alles spricht uns an: irre, Wahnsinn, unglaublich - für uns auch. Auf Jimi warten wir nicht mehr: wir packen ein und hauen ab - es ist einfach zu mächtig. (ich kann mich erinnern, dass ich fast den ganzen Tag auf der Bühne war. Hendrix in unmittelbarer Nähe, war einfach immens! Der hatte ja fast mehr Anlage für sich, als „dat wat da an pa rumstand“)

 

Die Zeitungen küren uns hinterher zu den "Königen von Fehmarn" - den Abräumern des Festivals. Zu hoch gegriffen? Für uns war es der Gig schlechthin, trotz vieler anderer wunderschöner Momente in unserem Musikerleben.

 

Soweit die Erinnerungen von Walter Westrupp.

 

im Oktober spielten sie auf dem Pop- und Blues-Festival in Essen, dann ging es nach Wien zu Fernsehaufnahmen, es folgte ein Pop-Festival in Bremen, 14 Tage München, eine Woche Mainz zwecks Fernsehaufzeichnung für Wartsaal Baden-Baden, drei Wochen Gastspiel in Berlin bei den Wühlmäusen, dazu Pressetermine mit dem Stern und diversen Zeitungen, Promotion-Tour für die LP und so weiter. Nun brachen sie das Musikstudium ab (war sowieso nur graue Theorie) und auch die Nebenjobs blieben auf der Strecke (Arbeit allein machte eben nicht glücklich): sie konnten erstmals von den Gagen (über)leben. Trotzdem hatten sie immer noch Lust und Ideen für Neues und Verschrobenes und spielten - wenn sie zwischendurch Pause hatten und zu Hause waren - auch weiterhin nächtelang zusammen Melodien durch, improvisierten über bestimmten Melodien, nahmen alles auf Tonband auf und erarbeiten sich (und das ist wirklich ARBEIT - aber schöner, effektiver und befriedigender als die vorgenannte) einen neuen Fundus an Musik. 

 

Trips & Träume - die Geschichte der CD von Witthüser & Westrupp

 

„Wir trinken dann im wilden Wahn

den Lebertran aus Zellophan

und suchen - ganz spontan

mit jaulendem Sopran beim Vatikan Uran“

(aus Trippo Nova - CD Trips und Träume)

 

Im Januar 71 begannen Bernd und Walter mit den Proben zum zweiten Programm Trips & Träume an. Die dazugehörige LP gleichen Namens  wurde im März bei Dieter Dierks im Studio eingespielt. Hier war nun professionelles Arbeiten angesagt, anders als bei den Aufnahmen zur ersten LP in Hamburg: sie spielten Instrument für Instrument einzeln ein - eine für sie neue und zunächst hemmende Art der Arbeit. Doch nach einer Eingewöhnungsphase wurden alle locker, die Atmosphäre im Studio stimmte, und die Arbeit machte allen Beteiligten mehr und mehr Spaß. Als dritten Mann holten sie sich Bernd "Curny" Roland (Ex-No-Bassist, Weg- und Kampfgefährte aus jungen Tagen) als Bassisten mit ins Boot und damit kam erstmals Elektronik in die Gruppe. Damit das Gleichgewicht zwischen verstärkten und unverstärkten Instrumenten nicht litt setzten die Beiden - neben ihren nach wie vor genutzten Akustik-Instrumenten - Verstärker und Elektro-Gitarren ein. Die Musik wurde dadurch sphärisch-schwebend (passend zum jeweiligen Zustand), die Texte waren abgehoben und doppelsinnig, aber immer der Art, dass man rätselte wo das „Seriöse“ anfing –oder aufhörte. Grenzen kannten die Beiden nicht, und genau das sollte ihnen noch ungeahnte Türen öffnen. Sie übten nach wie vor im JZ Essen, aber der erste Auftritt (mit dem neuen Programm) erfolgte Ende März 71 aus Platzgründen in der ausverkauften Aula des Burggymnasiums in Essen vor einem begeisterten Publikum – mittlerweile sind Witthüser & Westrupp zu echten Lokalgrößen mutiert. Dieses Konzert von einem WDR-Fernsehteam für ein Band-Portrait aufgenommen. Danach wurden Schwachstellen ausgemerzt - und es ging wieder auf Tour. Diesmal war der Süden Deutschlands ihr Ziel (bisher eher Witthüser & Westrupp-Diaspora).

 

Renee Zucker, Essener Urgestein, die zu Besuch ins Studio kam, wurde gleich bei zwei Stücken mit eingesetzt (sie erzählte die Geschichte von Karlchen und seinem Erlebnis mit den wilden Riesenhunden und war mit ihrer irrsinnigen Klaviertechnik maßgeblich an der Entstehung des englischen Walzers beteiligt), auch Dieter Dierks und Gille Lettmann waren aktiv. Die Band konnte ganz in Ruhe - total  ohne Termin-Stress und Zeitdruck oder irgendwelche Blicke auf immer höher werdende Studiokosten- Dinge ausprobieren (die Doppelflöten bei Orienta, den kaputten Walzer, den Posaunenchor etc.) Gemeinsam wurde abgehört, verworfen, diskutiert, gelacht, geraucht: es war eine total relaxte Stimmung, was man der Produktion auch anmerkt - das gesamte Feeling ist stimmig. Fans und Zeitungsleute besuchten sie und erlebten Gleiches. Endlich hatten die Kiffer in Deutschland auch mal "eigene" Songs in der Landessprache, die sie sich reinziehen konnten.

 

Als Autor möchte ich hier nicht dem Drogenkonsum das Wort reden, aber in den Zeiten gab es eine ganz spezielle Ausländerfreundlichkeit. Den grünen Türken, den roten Libanesen und dem schwarzen Afghanen zählte ich zu meinen Freu(n)den. Musik ließ sich so besser hören. Natürlich weiß ich heute, dass das eigentlich Quatsch ist, aber damals gehörte das Pfeifchen  oder die Tüte dazu. Sonst hätte es die sogenannte „Kiffermucke“ nicht gegeben. Aber wie alles in der Zeit ist auch hier die Unschuld verloren und die Gefahr, die durch Drogen und sonstige Rauschmittel aller Art heute ausgeht hat sich um ein vielfaches verschlimmert. Damals jedoch waren besonders auf Festivals süße Rauschschwaden völlig normal und Orienta war genau die Hymne, die man auch beim breitesten seligen Grinsen noch mitsingen konnte...

 

Auch der Song  Nimm Einen Joint, Mein Freund, der wie viele andere Songs dieser Platte auf sämtlichen Indexen stand, wurde bei den Freaks dankbar aufgenommen und eine weitere heimliche Hymne der Subkultur. Der Band war all das recht, denn allein ein Index-Vermerk spricht sich in Fachkreisen rasend schnell rum - und kurbelt so der Verkauf der LP an: das Ding lief also supergut.

 

Welchen Erfolg sie hatten, zeigte eine von der Fachzeitschrift Schallplatte durchgeführte Befragung bei 70 Fachjournalisten zum Deutschen Musikpoll 1971 für deutschsprachige Gesang-Duos: sie landeten auf dem 3. Platz (8,6%) nur ganz knapp hinter Adam & Eve. Den gleichen Platz wie sie nahmen dabei Ike & Tina Turner bei den internationalen Duos ein!

 

Und ihre Titel tauchten in spezielle Hitparaden auf: zunächst in den St. Pauli- Nachrichten (!!) Sie nahmen dort im Laufe der nächsten zwei Jahre fortwährende Spitzenpositionen ein und belegten mit Nimm Einen Joint über 20 Wochen Platz Eins.

 

Lass Uns Auf Die Reise Geh´n" kam  in der SWF 3-Hitparade auch in die Punkte. Mit Frank Laufenberg, der sie später auch mit dem Jesuspilz förderte, und mit Manfred Sexauer, der sie in seine Nachtsendungen einlud, hatten wir zwei Verbündete im Süden sitzen, die sie auf ihrem weiteren Weg wohlwollend begleiteten.

 

Neben diesen Zeiterscheinungen ging der Job natürlich weiter: der Konzerttermine wurden allerdings immer mehr. Und dazu kamen immer häufiger Presse-Termine mit dem Stern, mit Zeitungen und Fachzeitschriften, Platten-Promotion-Radio-Touren durch die deutschen Sender, Besprechungstermine mit Produzent und Plattenfirma... Erfolg hat eben seinen Preis - freie Zeit gab es zu der Zeit plötzlich praktisch gar nicht mehr.

 

1971 – in der Trips & Träume-Zeit waren sie fast nur noch auf Achse quer durch Deutschland bis hin ins entfernteste Ausland (Österreich, Luxemburg, Holland), denn ihre Titel tauchten in diversen Hitparaden auf (zum Beispiel beim berühmten Piratensender Radio Veronika, bei Radio Luxemburg - um hier nur einige zu nennen). Sie waren mehr unterwegs im Auto als in ihren Betten. Aber übermüdet am Steuer ist verdammt gefährlich, und so hielten sie sich mittels Captagon und AN1 wach. Das war in jenen Tagen sehr verbreitet – und wahrscheinlich gefährlicher als das Kiffen. Sie fuhren mit einem Mercedes Benz 190 D auf: Boxen auf dem Dach, flatternde Plane im Fahrtwind, Instrumente im Kofferraum und dicke Zing (Trommel) hinter dem Fahrersitz und Karlchen (der Bandeigene Hund) unterm Fahrersitz. So konnte zumindest der Beifahrer seinen Sitz nach hinten klappen und zwischendurch versuchen, mal eine Mütze erfrischenden Schlafes mitzukriegen.

 

Oft waren sie aber auch selbst an ihrem Stress schuld, weil sie zum Einen nicht in der Lage waren die Auftritte nach Gebieten zu koordinieren (es kam vor, dass sie Berlin-Göttingen und zurück drei Mal in einer Woche zu bewältigen hatten!!!) und zum anderen wegen der starrköpfigen Veranstalter, die Termine einfach nicht nach ihren Vorgaben legen wollen, und dazu dann noch die unkalkulierbaren und nicht vorherzusehenden Natur-Ereignisse wie Staus, Pannen, Spritmangel (zum Glück gab es immer wieder irgendwo abgestellte Laster, die man an- beziehungsweise abzapfen konnte (Zum Glück ist das Alles nun längst verjährt, sonst könnte diese Story nicht davon künden – war das eigentlich nicht so etwas wie –äh- Mundraub?). Teilweise lagen Veranstaltungsorte aber auch so versteckt (Stadthallen nicht in der Stadtmitte, Kellerlokale in Erdgeschossen, Radiostationen in Grünanlagen) oder an Straßen, die es in ihren Karten gar nicht gab, so dass sie es manchmal erst zum Schlussakkord schafften, auf der Bühne zu stehen. Aber es machte trotzdem unheimlich Spaß - und sie hielten sich über Wasser.

 

Für Grenzübertritte kalkulierten sie jetzt erfahrungsgemäß jeweils einen halben Tag ein. Da fand eine immer wiederkehrende Zeremonie statt, auf die Zöllner in jahrelangen Lehrgängen sorgfältig vorbereitet worden waren: ausgewählte Spezialbeamte - teilweise mit Hunderudeln - übertrafen sich gegenseitig bei der Suche nach Drogen und/oder Waffen: Türfüllungen wurden ausgebaut, Lüftungsschläuche abmontiert, Sitze rausgenommen, Reserverad und Radabdeckungen systematisch untersucht, Rahmen abgeklopft und Luftfilter demontiert, Instrumenten-Koffer durchsucht, Kleidung gefilzt und so weiter. Als wenn sie an solchen jedermann zugänglichen Plätzen und direkt ins Auge fallenden Stellen ihren Shit und die Kalaschnikovs verstecken würden? Aber Witthüser & Westrupp erfüllten optisch so sehr die Klischees, dass man am Zoll gar nicht anders konnte...

 

Fahrten nach oder von Berlin nahmen da - man sollte es nicht glauben - noch eine um Stufen höhere Sonderstellung ein. Man stelle sich vor: zwei verwilderte  "Gammler" in einem echten Mercedes - ein gefundenes Fressen für jeden VOPO: sie wurden bei jeder Durchfahrt schikaniert. Bernd musste sich laufend Ersatzpapiere (inkl. Passbild) ausstellen lassen, weil auf seinem Reisepass sein Ohr nicht ganz zu sehen  oder die Haare länger als auf dem Foto (die wachsen nun mal) oder der Hals ungewaschen und die rechte Augenbraue falsch gekämmt war. Walter kam aufgrund seines weniger verwilderten Outfits meist besser weg (kürzere Haare machen nun mal einen guten Eindruck), aber an einem besonders guten Tag eines Grenzbeamten war der Bart plötzlich zu dick oder zu kurz oder die Brille nicht richtig geputzt oder gar eine andere als auf dem Foto. Generell mussten sie den Wagen leer räumen, die Instrumente zeigen, die Aktentaschen leeren („und wehe, es war was englischsprachiges dabei oder eine Undergroundzeitung, dann durften sie sich freimachen und bis auf die Unterhosen ausziehen, die Arschfalte zeigen und den Hoden hochheben und die Vorhaut zurückziehen).“

 

Bei den Ausreisen durften sie mit wenigen Ausnahmen an der Grenze gleich die Garage anfahren: nicht zum Parken (hier gab es kein Motel!). Es wurde nach allen Regeln der Kunst und mit großem Personalaufwand in aller Ruhe nach Republik-Flüchtlingen gesucht. Dafür musste jedes Mal das Auto zerlegt (Räder ab, Sitze raus, Türfüllungen ab, Kofferraum leer) sowie Boxen auseinandergenommen, die dicke Zing von den Fellen befreit, die Instrumentenkoffer entleert werden. In dieser Beziehung konnten diese tumben Grenzer echt kreativ werden: Ihnen fiel immer wieder was Neues ein. Wobei sich Bernd und Walter nicht wirklich viele Gedanken darüber machten, wie groß eigentlich Republikflüchtlinge im allgemeinen und vielleicht Spezial-Flüchtlinge sein mussten, um in einem Gitarrenkorpus Platz zu  finden? Liliputaner-Artisten, kleingewachsene Schlangenmenschen, Kinder ohne Wirbelsäulen, die sich durch die Gitarrenseiten und das Schalloch quetschen können und es sich in diesem Holzhaus dann gemütlich machten?

 

Wenn dann kein Flüchtling, kein Shit oder andere subversiven Materialien gefunden wurden (und die Beiden  waren da verdammt vorsichtig - es wurden glücklicherweise nur Lappalien "entdeckt") durften sie alles wieder zusammenbauen. So lernten sie Instrumente und Equipment durch und durch kennen, und die Fähigkeiten beim Zusammenbau des Autos hätte für eine Festeinstellung als Vorarbeiter in der Montagehalle von Mercedes Benz allemal gereicht - zumal durch das dauernde Auseinander- und wieder Zusammenschrauben die Gewinde immer gängig blieben.

 

Aber auch in der „BRD“ waren sie gefragte Objekte. Im Rahmen von Terroristenfahndungen passten Sie dort ebenfalls in jedes Raster. Wenn sie in eine Straßensperre fuhren (meist an Autobahn-Ausfahrten oder im Grenz-Bereich), dann war alle Achtung angesagt. Stand dann ein Trupp von vermummten schwarzgekleideten Elitekämpfern mit angelegten MP´s und MG´s um das Auto, waren extrem langsame Bewegungsabläufe angesagt. Ein falscher Griff zum Handschuhfach, eine hastige Hand-Bewegung in Richtung Hosentasche - nicht auszudenken. Die waren nervös, und Bernd und Walter klatschnass geschwitzt. Selbst Bernd mit seinem sonst sehr lockerem Mundwerk war in diesen Situationen ein gar ruhiger, freundlicher, ja zuvorkommender und äußerst verträglicher Zeitgenosse. So durften sie sich breitbeinig ans Auto stützen, wurden gekitzelt und (ohne dass man ihnen Handschellen anlegte) nach Waffen durchsucht, nach ihrer Dasein-Berechtigung, freundlichst nach dem Sinn und dem Zweck der Autofahrt gefragt, selbiges nach versteckter Munition, Waffen, Rauschgift und flüchtigen Terroristen durchsucht - dann durften sie tatsächlich weiterfahren und waren jedes Mal heilfroh, wenn der Wagen beim ersten Startversuch ansprang und sie, hurtig - aber auch wieder nicht zu schnell - vom Ort der Geschehens wegkamen: Blicke wie Dolche im Rücken.

 

Den aufgestauten Frust von all diesen Begebenheiten bauten sie dann tatsächlich klischeegerecht bei Demos ab. Fest im Gedächtnis die Anti-FJS-Demo vor dem Saalbau Essen, wo sie mit Pferdeäpfeln und Farbbeuteln (und Eiern, erst rohe, später gekochte, wegen der Flugstabilität,) um sich warfen und dann eine schöne Klopperei mit der Polizei hatten. Und trotzdem alledem wurden Sie im Deutschen Musik-Poll 1971 auf Platz drei der beliebtesten in Deutschland produzierten Gesangsduos gewählt.

 

Sergius Golowien war ihr Schweizer „Guru“. Bei langen intensiven gemeinsamen Nachtsitzungen mit ihm "bei Kerzenschein und Kräuterwein" begann ein Gedankenaustausch, zunächst ausgehend von eigenen Erfahrungen mit hintergründigen, doppel- und/oder mehrdeutigen Geschichten, bei Paracelsus, Gelpke, indischen Märchen und sie landeten schließlich bei den Horror-Geschichten der Gebrüder Grimm. "Warum" fragte sie Sergius "gibt es dort ein Rotkäppchen, wo doch jeder weiß, dass damit der Fliegenpilz gemeint ist?" "Warum" fragte er "zieht es Hänsel und Gretel zur "Hexe"?" Sie pflückten die Märchen auseinander. "Warum" fragte er "erscheinen zu Weihnachten die Engel in den Häusern?". Weil der gemeinhin als Tannenbaum bezeichnete Nadelbaum, wenn er denn eine Eibe war, entsprechende Ausdünstungen hat, welche dem Einatmer die Engel erscheinen lässt. Und das muss auch nicht unbedingt Weihnachten sein, das kann sogar mitten im Sommer beim Rasenmähen passieren, wenn genug Eiben rumstehen. "Warum" fragte er weiter "hatte Schiller immer einen Stechapfel in seiner Schreibtisch-Schublade gehabt?" Einfach weil ihm mit diesem Hilfsmittel viel Gutes einfiel, wie man weiß. Ach ja: "Was für einen Apfel hatten Adam und Eva damals im Paradies?" "Was für Pfeifen werden angezündet, wenn ein Märchen erzählt wurde?" "Was rauchen denn eigentlich die Indianer?" Und so ging das immer weiter und weiter, und Sergius hatte immer noch einen drauf zu setzen. Sie redeten nächtelang, ohne irgendwelche Gedanken bei sich selbst, solche Dinge in ihrer eigenen Musik zu verarbeiten.

 

Zufällig (von Rolf Ulrich Kaiser reingereicht) fällt ihnen damals irgendwie auch ein Buch aus England in die Hände: Allegros Buch Der Geheimkult Des Heiligen Pilzes, der anhand von neuen Funden in Mesopotamien und eigenen intensiven Forschungsarbeiten zu dem Schluss kam, dass die Geschichten der Bibel auch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden können als aus der uns von der Kirche vermittelten Sicht. All diese Geschichten und das angelesene Wissen waren unbewusst bei Bernd und Walter schon sehr stark verinnerlicht und warten nur auf den Kick, den Klick, den Funken, die zündende Idee, den Anstoß.

 

Der traf die Beiden als die aus Amerika herüberschwappende Welle der Jesus-People-Bewegung auch Deutschland erfasste: da ist ihnen (mal wieder) plötzlich ganz klar, wie sie dieses Wissen einsetzen konnten, ja mussten: eine zeitgemäße, ballastfreie, erfrischende freakverständliche ehrliche und offene musikalische und textliche Neuschöpfung des größten Bestsellers der Welt zu schreiben. Sie besprachen das mit Guru Sergius und mit Rolf Ulrich Kaiser und rannten offene Türen ein: genau das brauchte die Welt jetzt. Einmal in Fahrt, setzen sie noch einen drauf mit der wahnwitzigen Idee, dieses Werk als richtige Oper herauszubringen - mit Engeln - Backroundchor - alle im Nachthemd, Bernd (allein wegen seines unauffälligen Äußeren) als Jesus und Walter als ungläubiger Thomas und Sergius als Gottvater....das wurde aber - angeblich aus Kostengründen - ohne weitere Diskussion abgewürgt.

 

Schmollend zogen sie sich in die Einsamkeit der Musikakademie Remscheid zurück. Dort schrieben sie die "Klein"-Version des Jesus-Pilzes: von der Schöpfungsgeschichte "Am Anfang war nichts als Brösel" über die Verteilung und Verbreitung der "verschlüsselten Botschaft in Bröselform" bis hin zur spanischen Variante einer "erfolgreichen" Apokalypse "Und siehe da: der Brösel hatte gewirkt". Sie fanden den Themen-Bogen vollkommen rund, einen dem Thema angemessenen folkloristischen volksnahen Sound und das Ergebnis somit fantastisch und gut, die Plattenfirma gar bombastisch, Sergius sah die Botschaft gut verpackt und genießbar (wer sehen will, wird sehen)  - nur in den Clubs, in denen sie auftraten und einige Stücke aus diesem neuen Opus antesteten, kam die Botschaft nicht so richtig rüber. Vampire, Tote, Nonnen, Trips & Träume: O.K. - aber von Saulussen zu Paulussen: ???.

 

Im August 1971 ging es ins Studio nach Stommeln, wo die Aufnahmen zum Jesuspilz anliefen. Das Dierks-Studio war weiter ausgebaut worden, die Technik gigantisch und der Spaß bei der Arbeit noch größer. Was Dieter Dierks bei den Aufnahmen an Ideen mit reinbrachte (Außenaufnahmen mit Live-Atmo von Treckern, quietschender Schaukel, Düsenjäger etc.) und was er am Mischpult vollbrachte, war einfach der Wahnsinn. Bei dem spanischen Finale auf der LP hat er aus den drei eingesetzten Instrumenten (Gitarre, Flöte und Kastagnetten) eine gigantische Musik gezaubert. Kaisers Kaffee (!!) war mit Sicherheit auch ein Garant dafür, dass Spannung und Konzentration bei der Arbeit nie nachließen.

 

Nun mussten - auf Grund der Konzert-Erfahrungen mit dieser Pilz-Geschichte - unbedingt und schnell neue/andere Auftrittsorte her. Frage: "Wo kann man ein himmlisches Thema am besten vortragen?". Großes Schweigen erfüllt den Raum. Dann eine Stimme (leise, fragend, fast ängstlich): „vielleicht in einer Kirche?“ WAAAUUU: Das ist wieder mal DIE Idee mit Donnerhall, und Rolf Ulrich Kaiser ließ in Zeitungen und Magazinen flugs diesen unseren Wunsch verkünden, die Kirchen zu füllen mit einer Botschaft, die auch von Jugendlichen akzeptiert und verstanden wird: Eure Kirche wird voll mit Menschenkindern, die eigentlich mit der Kirche nichts am Hut haben. Und siehe da, Man glaubt es kaum, kamen die ersten Anfragen und mehr und mehr: Die Gruppe plante eine große Kirchentour durch ganz Deutschland. Doch wollten sie mit einem Paukenschlag starten und fragten in der Kirche nach, wo beide konfirmiert worden sind: in der Apostelkirche  in Essen. Das Presbyterium tagte und nach Kampfabstimmung kam weißer Rauch aus dem Kamin, es kam das JA: Am 25. November 1971 stellte das Folk-Rock-Duo das religiöse Werk erstmals in der Essener Apostelkirche vor. 20 Fernsehteams, eine Unmenge von Radio- und Zeitungsleuten belagerten die ersten Bank-Reihen der restlos überfüllten Kathedrale. Es wurde ein tolles Konzert (Bernd sang verdammt belegt und Walter hatte bis zum Schluss einen Tremolo in Stimme und Händen, wie er es sonst nie wieder erlebte), aber alles ging gut und es gab sogar Standing Ovations mit Pfiffen und Buh-Rufen (aber viel weniger, als sie gehofft hatten). Die "echten" Jesus-People hatten das Konzert schon vor Ende protestierend verlassen - was aber niemanden weiter tangierte!

 

Heute würde so ein Stück wahrscheinlich nicht in die Kirchen kommen, aber es ist typisch für die verrückten frühen Siebziger, dass trotz all des Muffs und der überkommenen Muster der Wunsch anders seien zu wollen (vielleicht auch nur um nicht als rückständig zu gelten, oder Nazis zu sein Offenheit und Probieren in teilweise grotesken Möglichkeiten gipfelte. Vieles war möglich, weil man es ganz einfach versuchte, und oft traute sich die Obrigkeit nicht nein zu sagen, weil es für diverse Anfragen und Aufführungen einfach keine Vorschriften und Erlasse gab. – Und all die Kirchen in denen der Jesuspilz erscheinen durfte stehen immer noch. Man hat sie weder neu eingesegnet, noch renovieren müssen. und wer weiß, vielleicht hatten Bernd und Walter gar nicht mal so Unrecht mit der Behauptung Jesus, wenn er denn in jenen Tagen gelebt hätte würde alles vielleicht sogar gut gefunden und mitgemacht haben. Immerhin waren doch Kirchen Häuser Gottes, und der wollte gerne voll haben – und das war es bei den Aufführungen immer!

 

Vor Erscheinen der Platte spielten sie Teile des Jesuspilz-Programms bei einer Live-Veranstaltung in Böblingen, die vom SWF3 aufgenommen wurde. Nach der Ausstrahlung war die Resonanz so groß, dass zwei dieser Stücke die SWF3-Hitparade über Wochen anführten! Als dann die LP herauskam, waren sie mit weiteren Titeln drin - und damit wurden sie Stammgast bei SWF 3-Sendungen, sowohl im Radio als auch beim Fernsehen, wie zum Beispiel  am 1.12.71 in der ARD bei Fortifeif – Magazinsendung im November 71. Beim ORF 1 – Sendung SPOTLIGHT, oder beim WDR-Nachtkonzert im Januar 72 – Live, dann Powerplay auf Radio Veronika mit Die Aussendung. Die HÖRZU nennt Die Aussendung im Dixie(?)-Stil „Hitverdächtig“ – dabei war´s ein Charleston. Eine Woche nach Vorstellung der Single Die Aussendung auf Platz Fünf der SWF-Popshop-Hitparade.

 

Sie erschienen in unzähligen Fernseh- und Radiosendungen, hatten Riesenartikel in den Zeitungen: nicht nur Positives (verblueste Choralklänge im Country-Stil, Rock´n Roll im Softlook, schön anzuhören), auch Verrisse (hier wird eine Botschaft missbraucht). Aber ihr Produzent sagt immer: „Jungs, nehmt euch das ja nicht zu Herzen: Hautsache, die schreiben überhaupt über euch“. Und wie sie schrieben, und der Kirchen wurden immer mehr, durch die sie ihre Tournee machten und für Furore und Aufregung sorgten: Sie provozierten tolle Demonstrationen von Kirchenmitgliedern vor den Kirchen, in denen sie spielen wollten. Gemeindeglieder beteten während der Konzerte vor dem Altar, um zu dokumentieren, dass Ihnen die Kirche gehörte und nicht den zwei "Pilz-Gammlern". Zwei Kapläne verließen das Konzert in Mensum und sprachen von "Pilzvergiftung"(?). Kritik an der Veranstaltung, Proteste, Gegendarstellungen und Widerrufe wurden in Leserbriefen öffentlich über die örtlichen Zeitungen ausgetragen und abgedruckt. Kirchenaustritte wurden angekündigt für den Fall unseres Auftrittes - und auch vollzogen: Sie brachten mit ihrer Oper so manche Gemeinde in Schwingungen - so oder/und so. Denn auch die Kirchen selbst wackelten: die waren nicht nur voll - die platzten teilweise aus allen Nähten. Schon Stunden vor Einlass saßen Dutzende von Freaks vor den Kirchenportalen, bewaffnet mit Schlafsack, Joints und Rotwein und warteten auf Einlass. Und die Pfarrer waren happy: „endlich mal wieder die Bude voll“ - "Ja ist denn schon Weihnachten?". Ökumenisch waren Witthüser & Westrupp auch: Sie spielten für alle. Und die Pfarrer waren teilweise auch nicht ohne: luden sie ins Pfarrhaus ein zum Essen (nur vom Feinsten), hatten wirklich gute Tröpfchen für sie (keinen Messwein), zeigen Bilder von Altären, wo Jesus & Co inmitten von "Gräsern" herumturnten, bei deren Anblick jeder "Kräuter" - Kundler vor Freude aufjuchzt, fanden diesen neuen Weg der Verkündung großartig, weil man auf diese Weise die Jugend an die Botschaft brachte...

 

Fast 100 Auftritte in Kirchen bewältigten sie in einem Jahr und waren damit ein Begriff und eine feste Größe im Show-Bizz - nicht ohne Konsequenzen für ihr eigenes Leben. So beschlossen sie um die Jahreswende 1971/1972 noch während des ganzen Rummels von Essen wegzuziehen und in die Einsamkeit des Hunsrücks nach Dill in ein abgelegenes Bauernhaus zu entfliehen. Sie packten ihre Siebensachen und verließen die Familien und Freunde, ihre Kneipen, die Viehofer Str., das Ruhrgebiet, eben alles, was bisher lieb und teuer war, und wanderten aus. Die Kirchenkonzerte wurden überwiegend von Dill aus angegangen

 

Dill im Hunsrück: vorübergehend Heimat von Witthüser und Westrupp

 

Sie suchten über Bauern-Fachzeitschriften ein Haus - und werden tatsächlich schnell fündig in Dill, einer 260-Seelen Gemeinde im Hunsrück. In das leerstehende alte Bauernhaus des Bauern Plath zogen sie mit Sack und Pack und Instrumenten ein und konnten sich nach Ende der Jesus-Pilz-Tour ab April 72 endlich wieder auch mit sich selbst beschäftigen und versuchen, Ruhe zu finden.

 

Es war alt, klein, schnuckelig am Ortsrand gelegen: dahinter nur noch Felder und Wälder und Wiesen.

 

Ruhe trat in ihr Leben am Wegesrand, es wurde ruhig, wirklich ruhig, es wurde sogar verdammt ruhig. Es war soviel Ruhe da, dass sie sogar unruhig wurden ob dieser Ruhe. Nach all dem was in der letzten Zeit über sie hereinbrach konnten sie mit Ruhe gar nicht mehr umgehen, das mussten sie erst einmal lernen. Ohne Auto waren sie aufgeschmissen - abgeschnitten von der Außenwelt. Konzerte waren auch so gut wie keine mehr geplant und so fühlten sie sich vergessen von Gott und der Welt. Das Geld war bald aufgezehrt - Rücklagen habe sie nie gebildet. Werner (Bauer Plath) stundete ihnen die Miete („irgendwann geht´s wieder aufwärts, Jungs“), mittags wurde ihnen eine warme Mahlzeit von der Bäuerin nach oben gebracht, Abendbrot (aber hallo vom feinsten) gab’s unten im Neubau, wo der Bauer mit Frau, Tochter und Schwester wohnte. Sie halfen auf dem Hof und packten an, wenn´s was zu tun gab, sie fuhren mit dem Trecker raus und waren beim Schlachten mittendrin, da die Vieh-Ställe neben ihrem Haus liegen und der gute Kohle-Ofen in der Küche zum Wursten benutzt wurde - und diese Würste waren unübertroffen gut: frischeste hausgemachte Leber- und Blutwurst - nie wieder aßen sie so leckere Wurst  - so etwas gab´s nicht mal in den Feinkostläden der Stadt zu kaufen (Dazu muss man grundsätzlich wissen, dass der Eigenbedarf eines Bauern aus einer anderen Ernte ist als das, was er nach draußen verkauft. Bauer Plath baute für sich ökologisch an, als es die Grünen noch gar nicht gab. Aber eben nur für sich selbst) Wie gesagt, sie packten mit an und sind mitten beim Schlachten von Gunda der Sau kreuzte ein Fernsehteam des SWF für eine Reportage auf. Vor dem Haus hing das frisch geschlachtete aufgeklappte Schwein an der Leiter und die Wanne mit Blut stand daneben. Witthüser & Westrupp hatten noch das Blut an den Händen und sangen aus voller Brust und mit tiefer Überzeugung vor dieser Kulisse das passende tiefschürfende Lied: „Wer das Scheiden hat erfunden, hat an Liebe nie gedacht: sonst hätt´ er die schönsten Stunden in der Liebe zugebracht.“ Die Sau nickte.

 

Mittlerweile waren sie wieder mobil, denn sie hatten sich von einem Bauern im Dorf einen alten Ford gekauft, mit dem sie mal schnell nachmittags nach Essen düsten, die Nacht durchmachten, bei Freunden schliefen und am nächsten Tag wieder zurück in die Ruhe fuhren. Zudem schafften sie sich noch für den Nahverkehr zwei Motorräder an. Jetzt konnten sie mal schnell nach Mainz oder Koblenz andere Gruppen besuchen (Kraan, Guru Guru und alle die, die sich auch aus der Stadt entfernt hatten - also fast alle), aber auch zu Konzertbesuchen nach Mainz ins Unterhaus - Konkurrenten gucken) oder nach Düsseldorf zu Roxy Music und so weiter.

 

Natürlich bekamen sie in Dill auch Besuch: von Walters Mutter („ich muss doch wissen, wo mein Junge ist und wie er lebt“).

• Die alten Kumpels aus Essen schauten vorbei: „Hey Mann, kann ich mal ein paar Tage bei euch wohnen?“ Klar.

• Fans kamen auch vorbei: „Ey hört ma, wie viel Ebenen hat eigentlich die Schöpfungsgeschichte? Mindestens Sieben? Boahh.“

• Dieselfahrer-Fans: „Kann ich mal an eurem Heizölfass volltanken - stinkt zwar, is aber billiger als anner Tanke!“ (klar, die haben ihnen gar nichts gegeben – aber so rächte sich das LKW-Anzapfen früherer Tage).

• Die Produzenten Rolf Ulrich Kaiser und Gille Lettmann kamen natürlich des Öfteren (Kontrolle oder Sehnsucht - war nicht auszumachen), oft mit irgendwelchen Leuten im Schlepptau

• Reporter, Fernsehen, einmal - bei der von der Plattenfirma veranstalteten Rapunzel-Tour - sogar eine Busladung voll mit Schreiberlingen aus der Pop- und Musikwelt

• Die Bravo(?) schickte die Gewinnerin eines von Walter entworfenen Witthüser & Westrupp- Kreuzworträtsels vorbei: sie hatte einen Tag bei Witthüser & Westrupp gewonnen (inklusive Kuhstallbesichtigung mit den Beiden und Bauer Plath) - was kann es Schöneres geben? Da hatte sie was für´s Leben...

 

Besonders erwähnenswert sind die Besuche von Jerry Berkers, dem Bassisten von Wallenstein - der ziemlich durch den Wind war. Er erzählte von Verschwörungen, geheimnisvollen Stimmen und so weiter... Um zu verstehen oder zumindest eine entschuldigende Erklärung zu versuchen, sei hier angeführt, dass Jerry als Bassist einst in einer Band spielte, die zur Truppenerbauung in Vietnam unterwegs war. Bei einem Gig wurden während des Konzertes die drei Gogo - Girls der Gruppe auf der Bühne abgeschossen - und Jerry war auf einem Trip von dem er nie mehr runterkam. Er verließ bei einem Konzert auf der Wallenstein/ Witthüser & Westrupp - Deutschland- Tour mitten im Stück (die Post ging gerade richtig ab) die Bühne und war ab da nicht mehr zurückzubringen: die Musik war ihm einfach zu mächtig, sie würde ihn geradezu überrollen - und dem wäre er nicht gewachsen. Leider hatte er kein langes Leben mehr....

 

Energie-Bericht über Sergius Golowin bei Witthüser und Westrupp

 

„...und er sah:

Der Brösel hatte gewirkt“

(aus Der Besuch Aus Dem Kosmos - Jesuspilz)

 

Anno 1972 trafen sie sich in ihrem verwunschen Bauernhaus im Hunsrück, um die musikalische Umsetzung der von dem Schweizer Maler Walter Wegmüller neu gestalteten Tarot-Karten zu besprechen. Sie, das sind Walter Wegmüller selbst, Sergius Golowin (der Guru aus Interlaken), Gille Lettmann und Rolf Ulrich Kaiser (die Produzenten), Klaus Schulze, Jürgen Dollase und Witthüser & Westrupp als Musiker und die beiden letztgenannten als Gastgeber.

 

Ziel dieses von langer Hand geplanten Treffens war es, für jede Karte des Spiels eine Idee für Musik und/oder Text festzuhalten, denn das ganze Werk sollte - Spielkarten und Musik - als Box herausgebracht werden. Um sich auf die Thematik einzustimmen, trafen sie sich also zu einem Arbeitswochenende. Nach einem gemütlichen Kaffeetrinken, zu dem selbstgebackener Haschplätzchen gereicht und verzehrt wurden, lernten sie zunächst Mond und Magier, Tod und Teufel, den Gehängten und den Hohenpriester  und all die anderen persönlich kennen. Dann arbeiteten sie sich in einige Regeln des Spiels und die Bedeutung des keltischen Kreuzes, des astrologischen Kreises ein und wurden mit Beziehungs- und dem Entscheidungsspiel so wie all dem Anderen bekannt gemacht.

 

Soviel Neues und Aufregendes musste verarbeitet werden, und Klaus Schulze hockte sich hinter sein Keyboard und begann seine nie enden wollenden endlosen unendlichen Tonschleifen zu spielen. Durch das Fenster sahen sie, wie sich diese Tonschleifen in den Himmel ausbreiteten.  Wie ein endlos geflochtenes Rohr hing dieses Gebilde über dem Land, und die Vögel flogen in den Rohren dieses Geflechtes: sie konnten gar nicht anders. Die von den „Kräutern“ geweckten Emotionen und Visionen begannen die Musiker zu inspirieren. Sergius betrat den Raum, setzte sich auf den Boden und begann - die Hände nach oben offen auf den Knien - seine Beschwörungsformel über die Musik zu legen: „Energie Energie Energie...“

 

Sie wussten nicht, was hier abging - das hat von ihnen noch niemand mitgemacht und keiner konnte sich vorstellen, was der Meister da heraufbeschwor. Es entstand eine aufgeladene Spannung im Raum - die Welt schien einmal kräftig durchzuatmen. Es wurde schlagartig dunkel - viel zu früh für diese Tageszeit. Und dann ging die Post ab: sinnflutartige Regenfälle mischten sich mit Blitz und Donner. Noch nie erlebte elektrische Ladungen und Entladungen ließen das Licht im Haus an und ausgehen, die Erde bebte, Sturm zog auf, das Vieh im Stall schrie- es hörte nicht auf.....

 

Alle hatten Angst, waren macht- und hilflos und baten letztendlich Sergius, diesem Spuk ein Ende zu machen. Der lachte, aber als er merkte, dass den Anwesenden wirklich nicht gut geht, nickte er, nahm sich Stiefel und Mantel und marschierte raus und hinein in das Unwetter.

 

Kurze Zeit später beruhigten tatsächlich sich die Energien - es wurde wieder hell. Sergius kehrte zurück, nass, jugendlich lachend. Alle fragten nach dem Wie, Was, ...er schwieg. Man arbeitete zwei Tage hart an diesem tollen Projekt - aber zu den Ereignissen des ersten Tages bekamen sie von ihm nichts mehr zu hören....

 

Bauer Plath, ihr Vermieter, erzählte später: so etwas wie diese Urgewalten hätte er in seinem Leben hier im Hunsrück noch nie erlebt, und die 90-jährige Alte von gegenüber bestätigte dies. Drei Gewitter trafen sich über unserem Tal, sie kamen schnell und sie gingen plötzlich. Er (Bauer Plath) war in diesem Unwetter nach dem Vieh gucken  und sah Sergius auf das Feld verschwinden, wo dieser sich hinhockte wie eine Kugel. Der Bauer hörte Gesänge und sah die Gewitter abziehen - auch er sah den direkten Zusammenhang.

 

Ja, so rätselhaft ging es bei Bernd und Walter hin und wieder zu. Andere Teilnehmer dieser Runde sahen vieles ganz anders und viel Ärger entstand. Aber gestärkt durch die Kraft des Brösels zogen Witthüser & Westrupp ihre Energien aus diesen Vorfällen. Sie fragten nicht warum und weshalb. Neugierde und naives „gucken wir doch mal wo das so hinführt“ brachten sie tatsächlich weiter und hinterließ auch keine sichtbaren Spätschäden. Das musste hier mal gesagt werden.

 

Bauer Plath - die märchenhafte CD von Witthüser und Westrupp  

 

„Hinter den weißen Bergen

nah bei der kleinen Stadt

da steht das Haus

wo Bauer Plath sich niederlassen hat..“

(aus CD Bauer Plath)

 

In der Ruhe liegt die Kraft, sagt man landläufig- und da waren sie jetzt tatsächlich live dabei - und hörten mit anderen Ohren nun andere Musik: (sta[d]tt  Sex & Drugs & Rock´n Roll à la Stones, Burdon, Stewart, Bowie und so weiter hatten sie jetzt Incredible String Band, Fairport Convention, Greatful Dead, Crosby Stills Nash & Young. oder Walter (Wendy) Carlos im Ohr, lasen nicht mehr Magazine, Tageszeitungen und Jerry Rubins Do It (amerikanische Variante von Macht Kaputt, Was Euch Kaputt Macht), sondern Tolkien, Castaneda, indische Märchen, Hesse, Gelpke und Michael Ende, tranken immer mehr Tee satt Kaffee und rauchten mehr Gras als Tabak (denn - wie sagte schon Paracelsus: jedes Gift [?Droge]), richtig dosiert, ist Medizin), und die brauchten sie um im Kopf wieder frei zu werden. - So dachten sie jedenfalls damals.

 

Bernd und Walter hatten sich akklimatisiert und wurden als "die beiden Exoten aus dem Kohlenpott" aufgenommen in die Dorfgemeinschaft - nicht direkt offiziell, aber man fand den Presserummel um die Beiden und das Dorf schon sehr interessant. Sie waren sogar bereit, mit dem Diller Männerchor und der Band zusammen bei Plattenaufnahmen mitzumachen - das sagt ja wohl alles! Die Beiden waren näher dran am Leben, beim Säen und Ernten, beim Gebären und Sterben.

 

Oft waren sie nun bei unserem Bauern zu Gast - eingeladen zum ausgiebig-üppigen Abendessen und anschließender Tresterbrand-Vernichtung - oder der Bauer kam zu ihnen und besuchte sie auf ein Gläschen/Fläschchen Wein.... Sie trafen die Bäuerin im Stall beim Misten und schnacken - oder ihre Schwester beim Einkauf in dem kleinen Lädchen im Dorf-Zentrum, wo die Dorf- und Weltpolitik diskutiert wurde. Sie nahmen teil an Dorf-, Schützen- und Feuerwehrfesten, wo auch ein zünftiger Frühschoppen niemanden davon abhielt, mit seinem Fahrzeug noch weitere Ziele anzufahren - es gab nur einen  Dorfpolizisten weit und breit, und der feierte immer mit. (Die Redaktion weist in diesem Zusammenhang noch einmal auf Verjährungsfristen hin... J) Trotzdem - für alle Fälle - wurden sie eingewiesen: sollte unterwegs mal was passieren: raus und weg und ab in den Wald und zwei Tage warten. Dann wieder auftauchen, einen total verwirrt/verwilderten Eindruck machen und sprachlos von gar nichts mehr wissen! Zum Glück kamen sie nie in eine solche Situation...  

 

Etwas außerhalb des Ortes fanden sie ein wunderschönes abgelegenes Plätzchen - nur für sie allein - auf einem Felsen über einem Tal (ihre Loreley), wo sie stundenlang saßen, sich den Wald- und Bachgeräuschen hingaben, Rehe und Füchse beobachteten, dem Falken folgend, in den Dunst hinein träumend: sie suchten den Schlüssel, die blaue Blume, -sich. Nicht nur zuschauen, sondern eins werden mit der Natur - die Seele fliegen lassen. Nicht Besucher, sondern Teil des Ganzen. In den Bergen der Schweiz - oberhalb der Baumgrenzen in den Steinhütten der Berglütlis - da waren sie schon nahe dran, jetzt aber waren sie mittendrin. Hier Tolkien lesen war doppelter Genuss. Hier hatte der Schäfer seine Hütte, hier stand die alte Mühle, hier war die wilde Müllkippe (aber schön versteckt), und hier entstand die Idee zu einer Märchenplatte - wo sonst konnte man so etwas planen und realisieren. Endlich wieder (Ausnahme war das 1. Programm von Nonnen, Toten Und Vampiren) entstanden Texte ohne Zeitdruck, waren fruchtbare zeitlose Gespräche - mit den Freunden, die sie besuchten, aber auch mit ihrem Bauern - an der Tagesordnung. Nichts störte sie in ihrer Konzentration - und die Freunde, die sie besuchten in ihrer Idylle,  turnten sie an - erzählten von ihren Reisen und ihren Erlebnissen, brachten neue Geschichten mit - gaben ihnen Denkanstöße.

 

Es ist wichtig diese Atmosphäre so gründlich und ausführlich zu beschreiben – ganz so wie es auch J.R.R. Tolkien in seinen Büchern macht. Nur so bekommen wir eine Vorstellung davon, wie so ein Meilenstein der deutschen Rockgeschichte entstehen konnte. Oft sagt man dass die Ereignisse ein Werk formen, hier kann es fast schon sein, dass das Werk die Ereignisse formte um sein zu können. Klingt etwas verworren, aber es dürfte den Kern treffen. Doch nun wollen wir wieder in den Witthüser & Westrupp-Kosmos eintauchen:

 

Für die Vorbereitung des neuen Programms brauchten sie nicht mehr in irgendeine Musik-Akademie mit Jugendherbergscharakter zu fliehen - sie konnten immer und jederzeit in unserem Haus die Verstärker aufdrehen, konnten schreien und singen, mixen und probieren (wenn sie es denn wollten): nur die Kühe hörten zu - gut, manchmal ist die Milch dann sauer - nicht mehr, nicht weniger!

 

Die Musik wurde nun märchenhafter - naturverbunden und  wieder akustischer. Sie widmeten diese LP dem Bauern, der ihnen das Umfeld gab um das Werk schaffen zu können. Ja sogar einen eigenen Song schrieben sie ihm...

 

Andere Texte erzählen von ihrer Suche nach der "blauen Blume", nach dem "Schlüssel", der diese andere, diese "neue Wirklichkeit" öffnet, die sie - ausgelöst durch diesen Aus- und Umzug - nun erschlossen hatten, die für sie zugänglich geworden ist, die wir vor sich sahen - in sich spürten.  Der Rat Der Motten ist die Geschichte dieser "Suche". Die Motten suchen das Licht, sie sehen es, sie stürzen sich hinein - sie verglühen in der Kerzenflamme. Sie haben das Geheimnis gelüftet: aber zu welchem Preis! Glühen wollten Bernd und Walter auch, aber verglühen nicht. Davon erzählen und singen mussten sie - das war klar. Aber auch nicht verschweigen, dass diese "Idylle" mit Fallen ausgelegt ist. Sie wiesen auf die Gefahr hin, sich blenden zu lassen und den Boden unter den Füssen zu verlieren - auszuflippen. Eine solche "Warnung"  fanden sie auch in einem alten indischen Märchen und komponierten Die Schlüsselblume, die Geschichte einen Mannes, der den Schlüssel findet, mit dem er das Tor öffnet und sich dann selbst verliert - und damit auch wieder den Schlüssel - und hinterher "innerlich leer" vor einem verschlossen Mysterium steht und den Weg zurück nicht mehr findet. Bernd und Walter wollten sich auf dem Throne stehen sehen - aber lebendig: "ich war und ich bin". Wer - wie sie - sich selbst gesucht hat, wird wissen, wovon sie da singen und was sie mit ihren Texten - auch als Lebenshilfe - weitergeben wollten. Für die Einen wird es  schöne Musik mit schönen Texten sein, für die Anderen "Wissenden" eine Botschaft.

 

Der Bogen, den sie auf dieser CD schlugen, begann bei Novalis ("wenn nicht Zahlen und Figuren sind die Schlüssel aller Kreaturen... wenn alle, die gern singen oder küssen mehr als die Tiefgelehrten wissen... "), ging über die Hymne an ihren Bauern und Freund Werner Plath und endete in einem musikalisch monströsen 10-Minuten-Märchen. Dieses zentrale Werk, quasi ihr "Vermächtnis", das sie in dieser knorrigen Schönheit des Hunsrück- Dörfchens erschufen, ist die Geschichte Vom Königssohn. Hier verarbeiteten sie Frodos Erlebnisse aus Tolkiens Herr der Ringe - ihrer damaligen Bibel. Und der Schluss dieses Märchens mit seiner Unendlichkeitsformel, die sich selbst auflöst und wieder von vorne anfängt, ist eigentlich schon Hinweis auf ein bevorstehendes Ende von Witthüser & Westrupp.

 

Trotzdem atmet gerade dieses Album den Geist und die Sehnsucht wohl aller Menschen nach den einfachen klaren und wahren Dingen. Es nur ein Folklorealbum zu nennen wäre höchst unwürdig. Wer jemals dem Zauber dieser Produktion erlegen ist wird mir zustimmen. Auf Bauer Plath gelang Bernd und Walter akustisch das, was Tolkien im Lyrischen erreichte. Beim Hören entstehen Bilder und Landschaften im Kopf und man wechselt in andere Welten hinüber. Und vielleicht ganz besonders wichtig: Das Werk ist absolut zeitlos. Gerade weil keinerlei Krautrockriffe oder Folkloreeinlagen der Zeit vorkommen, und gerade weil Wallenstein als quasi „Begleitband“ so episch wie nie vorher und nachher spielten kann man als Hörer auch im dritten Jahrtausend in die Welt von Witthüser & Westrupp eintauchen und mit dem Königssohn die Schönheit alter Zeiten sehen... Genug geschwärmt – und nun wieder zurück zur Entstehung.

 

Im Juni 1972 gingen sie ins Studio Dierks und begannen mit den Aufnahmen. Mit dabei waren die "Wallensteiner" Jürgen Dollase und Jerry Berkers, am Schlagzeug sitzen abwechselnd Harald Großkopf und Tommy Engel (später Bläck Föös) (Harald war anwesend, kam aber bei den Aufnahmen nicht dran. Rolf Ulrich Kaiser wollte ihn nicht.

 

Sie bastelten an den Sounds (wann gab es jemals mit Geigenbogen gestrichene Gitarren oder einen akustischen Wassersog wie bei dem Königssohn-Märchen, Psalter- und Harmoniumklänge oder so einen sensationellen Wumm wie bei Bauer Plath, wo 10 Musiker mit ihren Füßen auf eine Holzbühne stampften. Wieder baute Dieter Dierks mit seinen "goldenen Fingern" einen wunderbaren Sound aus den 40 bis 50 einzelnen Tonspuren und mixte aus allem eine von vorn bis hinten gelungene LP. Wo sie gerade da waren, machten sie auch gleich noch eine Single, bei der Bill Baron, der Gitarrist von Wallenstein, beim Lied Der Liebe einen Gitarrensound einspielte, bei dem ihm selbst die Ohren vom Kopfe fielen (er verließ die gekachelten Kabine, in der sein Gitarren-Verstärker voll aufgedreht stand - und spielte sein Solo draußen): und selbst dort war es noch tierisch  laut....

 

Für das  Plattencover nahmen sie vorne natürlich ein Foto von Bauer Plath, zusammen mit ihnen und Ferkel Eduard. Auf die Rückseite kam eine Malerei von Walter, die er in den langen Tagen der anfänglichen Ruhe geschaffen hatte - mit Engelsgeduld hatte er wochenlang winzig kleine Kästchen mit Filzschreiber ausgemalt und Witthüser & Westrupp so in eine Märchenwelt voller Kräuter, Pilzen und Tiere versetzt.

 

So kam die LP auf den Markt und wurde ein voller Erfolg - und leider begann damit auch der ganze Stress mit Terminen und Konzerten...die Ruhe für Bernd und Walter war schlagartig vorbei. Bei ihren Live-Auftritten konnten sie den Sound der Platte nicht wiederholen, aber das wollten sie auch gar nicht. Bei Konzerten spielten sie nahezu "unplugged", ganz selten wird ein Instrument direkt verstärkt. Und da die Nachfrage nach dem Sound und den Songs stetig stieg (welche Gruppe setzt auf der Bühne mit zwei Musikern über 30 teilweise obskure Instrumente ein), kam ihnen Dieter Dierks 1973 bei zwei Auftritten (Koblenz und Freiburg) mit seinem mobilen Aufnahmestudio hinterhergefahren und mischte daraus das Live-Album 68-73 zusammen, einen Querschnitt durch das gesamte  musikalische Schaffen von Witthüser & Westrupp.

 

Als sie am Ende der Tournee, die mehrere Wochen andauerte und sie durch ganz Deutschland führte, nach Dill in ihr Häuschen zurückkehrten, waren sie leer und  ausgebrannt. Allein der Gedanke, sich jetzt hinzusetzen und ein neues Programm aus dem Boden zu stampfen, wirkte lähmend auf sie - heute würde man sagen: sie waren mental blockiert – oder hatten einen Burn Out. Nun saßen sie lange Nächte zusammen, hörten Musik, schwiegen sich an und versuchten heraus zu zögern und nicht zu artikulieren, was Beiden klar war: ehe sie sich kaputt spielen - ehe sie ihren Spaß an der Musik verlören, weil andere sie permanent unter Druck setzen würden -    mussten sie aufhören: einen endgültigen Schlussstrich ziehen. Außerdem war jener Zauber, der den Erfolg von Bauer Plath ausmachte nicht permanent reproduzierbar. All das aufgesogene „Gesunde, Wahre und Echte“ steckte bereits in den Rillen der LP, und jeder weitere Aufguss würde – wie beim Teetrinken – nur immer etwas fader schmecken und das übliche Ende bedeuten.

 

Im März 1973 trennten sich Bernd Witthüser und Walter Westrupp. Sie sprachen mit ihrem Bauern, informierten Produzenten und Plattenfirma - und verließen bei Nacht und Nebel die Idylle. Als die Live-Doppel-Lp herauskommt, gab es Witthüser & Westrupp schon nicht mehr...... 

 

Persönliches Nachwort von Walter zu Witthüser & Westrupp

 

„Viele Dinge zeigt der Spiegel,

und nicht alle werden, wie sie hier scheinen.

Manche werden nie geschehen,

es sei denn, das jene, die die Bilder seh´n

von ihrem Pfad abweichen, um sie zu verhindern..“

(aus Das Märchen Vom Königssohn – Bauer Plath)

 

5 Jahre haben wir Witthüser & Westrupp’s zusammen unser Ding gemacht: wir haben zusammen studiert, gesoffen, gestaunt, musiziert, komponiert, meditiert, geraucht, geschluckt, gelacht, gestritten, gelitten und unendlich viel Spaß gehabt und gemacht. Wir sind gefahren, abgefahren, geflippt und geflippt worden, haben erfunden und gefunden, haben gelebt und erlebt: wir haben "Musik" gemacht.

 

Wir haben Einblick in eine andere Wirklichkeit genommen auf unseren "Reisen", wir haben oft einen Blick unter die Oberfläche getan, wir haben in uns hinein gehört, wir waren in Himmel und Hölle, wir haben uns mit vielen seltsamen Dingen und Berichten beschäftigt und mit vielen "Reisenden" gesprochen, die von ähnlichen Erfahrungen berichteten: Vieles davon haben wir in unsere Texte gepackt und so verarbeitet.

 

Im Nachhinein wird mir überdeutlich klar, dass wir solche Texte und solche Musik niemals in der Stadt hätten schreiben und spielen können. Wenn ich auf der "Loreley" saß,  dann war ich real in der Welt, die wir in unseren Liedern besangen: zauberhaft, märchenhaft, abseits aller Hektik, über aller Oberflächlichkeit und Belanglosigkeit. Durch die Konzentration auf "unser Ding" war diese Performance, diese Symbiose von fast religiösen Texten und märchenhafter Musik möglich: Mönche der Musik.   

 

Bei unseren Abstechern in die "normale" Welt (nach Essen) stellten wir fest, dass unser Abstand zu den alltäglichen Dingen, zu unseren alten Freunden, unseren Familien immer größer wurde. Unsere Plattenfirma, unsere Produzenten, unsere Berater hatten uns und wollten uns natürlich immer weiter abkapseln, auf Kurs halten.  "Unsere Welt" mit all diesen existenziellen Erfahrungen, mit tollen Bekanntschaften war grenzenlos toll und erfüllend.

 

Doch verdammt: ewig lockt das Weib, lockt das Leben, das Flippen, das neue Alte, das Gewohnte und Vertraute. Der Vogel, der im Käfig sitzt - und sei dieser noch so schön eingerichtet - möchte raus: möchte frei sein. Wir waren - trotz allem - Großstadtkinder geblieben mit unseren Wurzel eben dort: bei unseren alten Freunden, unseren Kneipen, Kinos, MÄDELS, Neon, Geschäften: bei dem pulsierenden Leben. Sollten wir das alles hinter uns lassen - den Abstand immer größer werden lassen und uns hinterher nur noch mit einigen "Weisen" unterhalten können. Wir hatten ja kein Gelübde abgelegt, keine ewige Askese geschworen: die Mauern waren durchlässig. 

 

Unser Produzent Rolf Ulrich Kaiser ist seinen Pfad konsequent  weitergegangen: abgehoben und irgendwann ohne den Bezug zur Realität. Er hat tolle Sachen geformt und durchgezogen - hatte Visionen - aber kaum jemand konnte oder wollte ihm zuletzt noch folgen, und so lebte er lange verarmt?, (fast) vergessen und unter Verfolgungswahn leidend als "Mr. Null" zusammen mit seiner "Muse" Gille Lettman, dem "Sternenmädchen" in "seiner  ko(s)mischen Welt" irgendwo in einer Mietwohnung in der Nähe einer großen deutschen Brauerei am Möhnesee. Aber auch da musste er weichen (weltliche Vermieter wollen nun mal echte € sehen) und so haust er zur Zeit in einer Klosterzelle (war da nicht mal was mit einem Mönch?...)

 

Viele seiner Musiker von damals schimpfen heute auf ihn - sind sauer auf ihn - haben gegen ihn prozessiert. Okay - wir hatten alle Scheiß-Verträge. Aber wer hätte uns und vielen anderen damals denn überhaupt einen Plattenvertrag gegeben. Viele Bands (da schließe ich Witthüser & Westrupp mit ein) wären doch aus ihrem lokalen Umfeld gar nicht raus gekommen, wäre Rolf Ulrich Kaiser nicht gewesen. Das sollte man bei seiner Bewertung nicht unterschlagen. Dass er dann ausgeflippt ist – na ja, da ist er nicht der Erste und Einzige aus dieser Szene. Diesen "seinen" Weg wollten (und konnten) wir nicht mitgehen - wir beendeten diese unsere "Reise in eine andere Wirklichkeit" und traten den Rückweg an:

 

Was kam nach  Witthüser & Westrupp?

 

1973 ging Bernhard nach Berlin und Walter zurück nach Essen. Es waren wilde Jahre für sie, die sie - Gott sei Dank - nicht nur unbeschadet überstanden (im Gegensatz zu manchem Anderen, der diesen Sprung zwischen mehreren Welten nicht verarbeiten konnten), sondern sie hatten existenzielle Erfahrungen gemacht und gesammelt und verinnerlicht, die keiner von ihnen je missen möchte und wohl auch nie vergessen wird.

 

Heute machen sie weiter ihr Ding - jetzt jeder für sich - auf seine Weise...

 

Doch  holte sie diese Zeit doch einmal wieder ein. 1985 meldete sich ein Bernhard Mikulski telefonisch bei Walter und bat um einen Termin, da er etwas mit ihm zu besprechen habe. Er tauchte mit seiner Frau Christa auf und erklärte, dass er die Witthüser & Westrupp-LP´s neu auflegen wolle. Rechtliche Fragen bräuchten mich nicht zu interessieren - das würde er alles regeln und evtl. Forderungen der Altherausgeber (die seit Jahren eine immer noch bestehende Nachfrage nicht befriedigen wollten) selbst übernehmen. Eine Zusage von Bernhard Witthüser hätte er schon - und die von Walter bekam er natürlich auch. Und so erschienen ihre Lieder - fast im Original-Look - wieder in den Läden und wurden dankend gekauft, während im Hintergrund ein langer Rechtsstreit tobte. Bernhard Mikulski, seiner Frau und ihrer Firma ZYX-Records ist es also zu verdanken, dass es noch heute Witthüser & Westrupp -Musik -  mittlerweile auf CD – gibt.

 

Im Februar 2003 - quasi als Geburtstagsgeschenk - brachte sie der 60. Geburtstag des gemeinsamen Freundes "Mr. Ruhrgebiet" Frank Baier, der am selben Tag wie Walter Geburtstag hat, zu Bernds und Walters Überraschung wieder zusammen. In Duisburg auf Franks großer Geburtstagsfeier trafen sie sich nach fast 13 Jahren wieder - und sie hatten sich fast nicht wiedererkannt.

 

Und - wer hätte das je für möglich gehalten - machten sie nach über 30 Jahren wieder zusammen Musik: zwar keine Witthüser & Westrupp-Titel, aber einige alte Skiffle-Songs gaben sie mit Ukulele und Mandoline zum Besten. Sie hatten viel Spaß, das Publikum erst recht,  und sie schwelgten in Erinnerungen und stellten übereinstimmend fest: „Hurra, wir leben noch...“

 

Irgendwie hört es plötzlich überhaupt nicht mehr auf, denn neben alten Freunden von damals tauchten 2004 (wie im TEHOMA-Kapitel beschrieben) alte Filmaufnahmen aus der Versenkung, bekam Walter Videos mit alten Witthüser & Westrupp-Aufnahmen, meldeten sich bei Andeutung einer Witthüser & Westrupp-DVD Freunde dieser ihrer Musik aus ganz Europa - und nicht nur alte nostalgische Säcke, die in der Vergangenheit lebten. Dann war es also wohl doch nicht ganz so schlecht, was sie damals "gelebt" haben.

 

Weiterer Lebensweg Walter Westrupp bis heute

 

Er war mit seiner Zündapp zurück nach Essen gedonnert und hatte sich dort  zunächst als Kellner, Zappes und so weiter über Wasser gehalten, hatte ein Kunstgewerbegeschäft mit Kerzenwerkstatt aufgebaut und ist mit ihm pleite gegangen, hatte ein Mädel kennen gelernt, das er ein halbes Jahr später geheiratet hat, hat einen Sohn gezeugt und über 25 Jahre dem TÜV gedient, wo er dank des PCs vom Hilfspacker in der Druckerei zum Leiter der Grafischen Dienste wurde.

 

2004 blieb er dann (als passiver Alterszeitler) schon zu Hause und seit 2006 genießt er seine wohlverdiente Rente.

 

Während dieser ganzen Zeit (ab 1973) machte er in Essen Musik mit alten Freunden aus der Essener Szene - zunächst Coversongs, dann - ab 1974 - mit eigenen deutschen Texten. Aus der Walter h.c. Meier Gang wurde - durch die Hereinnahme von Frank Baier - die Walter h.c. Meier Pumpe, die bis heute noch aktiv ist. Mit Frank Baier spielte er als BaierWestrupP eine LP ein („Datt muss doch auch watt Spääsken bringen“) und sie waren gemeinsam ein Jahr unterwegs auf Festivals, in Kneipen und Jugendzentren - bis Frank dann aus der Pumpe ausstieg und seine Solokarriere fortsetzte.

 

Mit der Pumpe hat Walter immerhin vier Alben eingespielt und 2003 anlässlich eines Auftritts auf dem Weltkulturerbe eine DVD aufgenommen. Sie waren in ganz Deutschland unterwegs, waren in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen zu Gast - heute spielen sie drei bis vier Konzerte pro Jahr - das reicht...  (wirklich?)

 

Weiterer Lebensweg Bernd Witthüser bis heute:

 

Bernd blieb, ziemlich einsam, in dem Bauernhaus in Dill zurück. Dass es irgendwie in eine große Stadt gehen würde war ihm schon klar, und dass es Berlin sein würde war Bernd auch klar. Erst teilte er der Presse mit: "Wir werden eine größere Formation gründen und wieder richtig rockend losmachen". Doch kurz darauf ließ er durch Rolf Ulrich Kaiser die Nachricht verbreiten, dass Witthüser & Westrupp gegessen ist, dass jeder seinen eigenen Weg gehen würde und dass er – Bernd -  als Bernelli weitermachen würde.

 

Bald kam auch Bauer Plath und meinte der Mietvertrag wäre ja mit Witthüser 'und' Westrupp und da Walter nicht mehr da wäre solle er Bernd doch bitte ausziehen, dann gab er ihm noch einen Zettel mit dem was noch zu bezahlen wäre..... Bernd ist dann mit dem Moped nach Berlin... hat ein paar Jahre gedauert bis er von den Trips runter war und es weiterging. Er war aber immer auch bei diversen Musikereignissen zugegen. So gab es eigens Lautsprecherdurchsagen die auf sein Erscheinen hinwiesen bei Deutschrockfestials jener Zeit, wenn er zugegen war. (Der Autor war mehrfach Ohrenzeuge und hat das auch als Livemitschnitt)

 

Als Otto Und Bernelli und später auch solo als Bernelli trat Bernd bei allen möglichen und unmöglichen Veranstaltungen in Italien - wo er heute lebt – auf. Erst in den letzten Jahren sah man ihn als Bernd Witthüser wieder auf den Bühnen dieser Republik. In Fehmarn beim Open Air genauso wie in diesem Jahr beim Burg Herzberg-Festival. Es ist noch immer Feuer in ihm, und sein verschrobener Humor geht nicht aus ...

 

Was wären all die Gruppen der Krautrockzeit ohne ihr Umfeld? Nicht das, was sie waren. Netterweise gibt es auf Walter Westrupp’s Seite da eine aufschlussreiche Liste, die hier nicht vorenthalten werden darf:

 

Interne Mitwirkende

Personen aus dem Dunstkreis von Witthüser & Westrupp, entweder auf der Bühne des Podiums (Scene - Kneipe) oder aus der Dachgeschoss-Ära der Viehoferstraße 25 (ohne Gewähr auf Vollständigkeit):

• Frank Baier, Ukulelist der legendären Saints Ramblers aus Essen, der uns immer dann besuchte, wenn er abschalten und auftanken musste, der in die Walter h.c. Meier Pumpe einstieg und mit seinem Spitznamen "die Pumpe" für den endgültigen Namen der WhcMP sorgte, mit dem ich zusammen als Liedermacherduo BaierWestrupP sozialelektronische Lieder spielte und der zur Zeit als "Mr. Ruhrgebiet" eine lockere Zusammenarbeit mit mir und Heri von der WhcMP das Projekt Masters Of Ukulele betreibt.

• Paul Bussard (Künstlername), Waldorfschüler, der alte Streichinstrumente und alte Motorräder liebte und eine Zeitlang  Witthüser & Westrupp mit seiner Gambe begleitete

• Ulrike Buthe, die Gute mit der tiefen Stimme, die ich leider nur mit meinen Kartoffelschälkünsten, exquisiten Salatdesigns und selbstgedrehten Frikadellen beeindrucken konnte

• Franz de Byl, der im Podium mit seiner in einen Parka gewickelten Gitarre erschien und uns mit seinem wahnwitzigen Spiel fast dazu brachte, unsere Gitarren zu verbrennen

• Jürgen Hainke, der uns so gar nicht ab konnte und uns in der NRZ jedes Mal gnadenlos verriss

• Stefan Gogolka, der seinen Hund mit Zungenschlag küsste („eher bekommt der Hund Würmer von mir als ich von ihm“) und im Restaurant die Blumen vom Tisch aufaß und das Blumenwasser trank, wenn der Kellner nicht schnell genug kam und der heute Hühner züchtet

• "Langfinger" Helmut Henning, Wirt im Podium, jetzt "Landsknecht" und Darsteller in TEHOMA-Sequenz "Pokerrunde"

• Hermann, der Dealer mit dem besten Shit, der mit in der Schweiz war und die trippigsten Bongos spielen konnte, mir Rudi aus Dill mit nach Essen brachte 

• Horst Horriar, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Monsieur Hulot",

der damals unsere Filmprojekte verwirklichte und nun nach mehr als 35 Jahren Filmschnipsel des Teebeutelhochheb-Filmes und des Konzertes für Solo-Kaffeemühle in seinem Keller entdeckte und mir digitalisiert zur Verfügung gestellt hat: jetzt arbeite ich daran...

• Hans Peter Hüster, Filmvorführer im Jugendzentrum, dann eigener Filmtheaterbesitzer der Galerie Cinema, wo ich mir etwa 20 mal die wohl letzte existierende Kopie von "Joe Cocker, The Mad Dogs & The English Men" reingezogen habe und wo seit 40 Jahren Herald & Maude läuft. Jean Piere, wie er genannt wird, ist heute Betreiber von einer Kinokette, zu der auch Deutschland größtes, die Lichtburg, gehört: da kann man mal sehen....

• Ute Jonetat, genannt Skiffle-Ute, die mehr durch Zufall in die Witthüser & Westrupp Geschichte geriet, weil der Übergang von den Night-Revellers zur Podium-Zeit ziemlich fließend war. Ihr (+ ihrem Vater) verdanke ich altes Video-Material- auch aus dem Podium...

• Katanga, der Mann mit dem großen Messer in der Tiefgarage (das Rauschgiftdezernat hat schöne Fotos von ihm)

• Karlchen, unser kleiner schwarzer Hund, der uns bei unseren Auftritten auf der Bühne beistand, uns aber im Bielefelder "Bunker Ulmenwall" unwiderruflich verließ.

• Martin "Kippi" Kippenberger (+), Künstler, Aktionist, der die tollste und riesigste und abgefahrenste Fete der damaligen Zeit in Essen veranstaltete

• Alfred Klimpel, der Gewerkschafter, der Giradet stilllegen konnte, wenn er wollte,  der in der Viehofer unter uns wohnte und der jetzt in Weinen rumpanscht.

• Horst Koch, Liedermacher aus Berlin, einer der größten Sprücheklopfer vor dem Herrn und ungekrönter Knobelkönig, wenn´s um Pernod ging (der konnte saufen!)

• Kuno, der mir nachts immer seine Hühnerknochen vom Wienerwald vor die Wohnungstür legte, in die ich dann mit nackten Füssen reintrat -  und der jetzt von Bonn aus Fahrradtouren durch Irland organisiert

• Willi Lange, der in Selbsttests die Wirkung von Stechapfel und Eibe auslotete, bei der Post mit 35? kaputtgeschrieben wurde und heute Chauffeur von Helge Schneider ist.

• Monika "Bimbo" Linnebank, mit der ich einige Zeit liiert war und die mir dann von Bernhard weggeheiratet wurde - was mich schwer getroffen hatte, und die ich bei einem Essener-Songtage-Rückblick nach langer Zeit wiedertraf

• Egon Mai, Gastwirt des City-Clubs, wo alles anfing, und später Chef des Podiums in Essen, der mit seinem tollen Konzept "jeden Tag Livemusik" leider baden ging.

• Pedro Meurer, der Beamte, der für ein Leben in der Scene seine Pension aufgab, der unser Plakat (zusammen mit Postershop-Ecki) ohne Genehmigung als Poster rausbrachte und damit zum ersten Mal in seinem Leben richtig Knete machte.

• Jens Niessen, der beim Motorradfahren Kopf und Kragen riskierte und bei dem wir nie wussten, ob er beim nächsten Auftritt zumindest die Geige halten und spielen konnte

• Ramses, Urgestein und Pianist mit dem besten Abi Essens, mit Nyltesthemd und Hosenträgern nie zu verwechseln, der so gerne 200 Kubikzentimeter Gerstenkaltschale trank und uns mit seinem "Chicago" schier zur Raserei brachte.

• Bernd "Curny" Roland, der vor einer leeren Todesanzeige weglief und bei Witthüser & Westrupp mit seinem Bass dabei war, alle Theken Essens angepinkelt hat und nun schon seit Jahrzehnten Tango-Kaschemmer auf Formentera ist

• Thomas Rother, Freund, Autor, Texter (Lass Uns Auf Die Reise Geh´n, Das Karakulschaf etc.), Förderer bei der WAZ, jetzt Künstler in Großholzbearbeitung

• Bärbel Saß, Geliebte und Kamerad, mit der man nächtelang diskutieren konnte und nie zum Ende kam und die heute Rechte verdreht

• Achim Schagen, Fotograf, der uns für ein Reportage als Beleuchter mit nach Nepal nehmen wollte (klappte leider nicht?!), der dann Wirt des Fährschips in Essen-Werden wurde und mir das letzte existierende zweite Witthüser & Westrupp -Poster großzügig überließ.

• Jochem Schumann (+1999), Essener Presse-Urgestein, der mit uns und wir mit ihm viel Spaß hatten, egal ob privat oder bei der WAZ oder bei seinen Talkshows

• Sternchen Sternheimer, der uns in der Viehofer von früh bis spät mit Eric Burdon samt den Animals bombardierte

• F.J.S., der uns alle zur damals größten Demonstration zusammenführte und wo wir Pferdeäpfel werfen lernten.

• Rollie Trenkler, Gitarrist von Gottes Gnaden

• Thedor "Riesenglied" Einei, der sich ununterbrochen die Finger rieb

• Mundharmonika-Walter: Stadtstreicher und Philosoph

• Charly Weißschädel, Bassist, der als Roadie mitfuhr, Wasser planschte bei den Flipper-Aufnahmen und der von Wonderland beinahe abgeworben wurde, weil er mehr technisches Verständnis hatte als alle deren Roadies zusammen

• Manni Winkler, Mit-Wirt im Podium, Kumpel, Taxifahrer

• Renee ("Dampf in allen Gassen") Zucker: Feger, Fan, Freund(in),- machte bei Witthüser & Westrupp mit und machte ihren Weg dann in Presse, Funk, Fernsehen und Literatur

 

Externe Mitwirkende

die irgendwo den Weg von Witthüser & Westrupp kreuzten

• Der Bauer aus Kettwig, der uns sein Pferd für Filmaufnahmen für den TEHOMA-Film lieh, das uns dann ausbüchste und erst nach vier Stunden eingefangen werden konnte (den Gaul hab ich aufem Film - mit Bernhard drauf)

• Bauer Plath - Hunsrücker Urgestein, der Vermieter des Bauernhauses in Dill, wo Witthüser & Westrupp ihr letztes gemeinsames Jahr verbrachten

• Bernhards Mutter, die so ein tolles Gummiboot hatte

• Karl Dall: "Wer ist Wicküler und Mostricht?"

• Sergius Golowien, der uns die Märchen der Gebrüder Grimm neu erleben ließ

• Didi Hallervorden, der die Plakate für unser Gastspiel bei den Wühlmäusen in der Garderobe versteckt hatte und sich wunderte, dass wir vor leerem Saal spielten

• Rolf Ulrich Kaiser, der uns unseren ersten Plattenvertrag just in dem Moment zuschickte, als wir gerade die Tebeutelhochhebmaschine erfunden hatten, und ohne den wir weithin unbekannt geblieben wären

• Gille Lettmann, Rolf Ulrich Kaisers Muse, die so schönen Kaisers Kaffee kochen konnte

• Die VOPOS, die uns bei jeder Fahrt nach Berlin das Auto und unsere Instrumentenkisten total auseinander nahmen, um uns dann beim Einräumen zuzuschauen und mit guten Tipps bis zur Weißglut reizten

• Walter Wegmüller, der uns viel über den Fliegenpilz erzählte

 

 

Die DVD: Als Wäre Es Gestern Erst Gewesen

 

Von April bis Dezember 2004 saß Walter nur noch am (neuen hochgerüsteten) Rechner, arbeitete sich in Video- und Audiosoftwaren ein, scannte und kommentierte und schnitt und renderte, was die Kiste hergab. Und dann kam eins zum anderen: Er fand blöderweise noch Videobänder mit alten Witthüser & Westrupp - Fernsehaufzeichnungen und baute die auch gleich mit ein, und als Bernd Witthüser den ersten Rohling  durchgearbeitet hatte, kam er auf die glorreiche Idee, doch noch die Jahre 1973-2003 mit aktuellen Bildern von ihm und mir einzuarbeiten. Und so liegt nun dieses 1,5-Stunden-Werk im DVD-Recorder und zeigt den Werdegang von beiden Musikern anhand laufender Bilder und musikuntermalt von 1966-2003. Diese DVD mit dem Titel: Als Wäre Es Gestern Erst Gewesen über Witthüser & Westrupp ist ein musikhistorisches Kleinod und sie hilft zudem, diese Story und die darin beschriebene Zeit "in Echt" zu sehen und (dann vielleicht besser) zu verstehen - mit Witthüser & Westrupp Musik und Nonsens (Comedy gab es ja damals noch nicht) und wirklich einmaligen Bildern! 

 

Autorendank und Quellenangaben, sowie Empfehlungen

 

Ich möchte mich ganz herzlich bei Bernd und Walter bedanken, die mir beide sofort, wenn auch unterschiedlich Hilfe bei diesem Werk zusagten und sie auch leisteten. Wenn man so eine Story schreibt und selbst ein Infizierter (Anhänger des Brösels) jener Tage ist, dann findet man es umso herrlicher, wenn all die Eindrücke und Gedanken, die man in den Zeiten so hatte auch bei den Impulsgebern vieler Gehirnzündungen der „Kräuterzeit“ ebenfalls Raum fanden und durchdacht wurden. Der Humor von Beiden schimmert auch heute noch in jedem Satz durch, wenn ich mit ihnen spreche. Und man merkt, dass sie sich immer noch mögen, auch wenn sie sich liebevoll angranteln. So manche Wunde von früher ist heute kaum noch Narbe und Eitelkeiten brauchen beide eh nicht pflegen. Manchmal glaube ich sie wissen gar nicht wie groß ihr Einfluss wirklich war....

 

Lexika haben mich nicht weitergebracht, da sie viel zu ungenau und oberflächlich sind (ja das gilt für wirklich alle!). Die beste Quelle trotz eingestandener Gedächtnislücken sind die Webseiten der Beiden, und da ganz besonders das Onlinebuch von Walter. Ich ertappte mich sehr oft, wie ich beim Kürzen und Umformulieren einen Widerwillen empfand, so dass lange Passagen eigentlich sehr wenig verändert wurden. Netterweise genehmigte mir Walter das. Der Anteil seines Onlinebuches ist sehr hoch hier, aber ein Glücksfall für eine Story wie diese. Sein Buch enthält noch etliche weitere Anekdoten und Geschichtchen, die hier aus Platzgründen gar nicht alle gebracht werden können. Also: unbedingt selber dort lesen!

 

Des Weiteren empfehle ich uneingeschränkt die DVD und die CDs der Band. Kein Wort kann je wiedergeben, was ein gut gespielter Ton – oder ein schön geschossenes Bild vermag.

 

Bernd und Walter  haben einen sehr starken Einfluss auf die weitere Entwicklung der Lieder und Comedy-Szene in Deutschland gehabt, und wenn auch damals viele in Kenntnis dieser Zeilen aufgestöhnt hätten, es ist Kultur – und es ist nicht auszuschließen, dass die Rückkehr des Brösels eines Tages die Menschen wieder nach der blauen Blume suchen lässt. Bauer Plath wäre dann eine passende Begleitmusik!

 

Diese Story widme ich allen die diese Zeit noch in sich tragen und sich ihrer gern erinnern.

 

Kurt Mitzkatis

 

Bilder

Pressefoto.
Sammlung Wolfgang Pokall.

Pressefoto.
Sammlung Wolfgang Pokall.


Bilder von Festivals


Witthüser & Westrupp am 24.10.1970 auf dem 3. Essener Pop & Blues Festival Foto: Jochen Florstedt

Zum Festival

Witthüser & Westrupp am 24.10.1970 auf dem 3. Essener Pop & Blues Festival Foto: Jochen Florstedt

Zum Festival

Konzertbericht

Bericht von Walter Westrupp über den Auftritt von Witthueser & Westrupp auf dem legendären 1970er
Festival auf der Insel Fehmarn

Wir liegen in unseren Zimmern in der Viehofer Straße in Essen unter´m Dach und erholen uns von den Strapazen der Podium-Nacht (unsere Stamm- & Scene-Kneipe). Es ist 12.00 Uhr mittags - eigentlich eine Zeit, wo keiner wagt, bei uns anzurufen (vor dem Frühstück können wir einfach noch nicht denken). Am Apperat Rolf-Ulrich Kaiser, der Macher des Ohr Labels und unser Produzent. Ich höre Bernhard: "Wer? Was? Wann? Was ist das? Ein Festival! Wer spielt sonst noch? Ah ja, verarschen kann ich mich selber. Ja, ich melde mich wieder, wenn ich sprechen kann."

Beim Frühstück erzählt er dann: wir sollen auf dem damals größten Open-Air-Festival auf deutschem Boden spielen- auf der Insel Fehmarn. Mit dabei alles, was Rang und Namen hat: Rod Steward, Jimmy Hendrix, Sly & the Family Stone, Ginger Baker...- und Witthueser und Westrupp. Ich glaub´s nicht und verschluck mich und krieg Krämpfe. Wir geihern und lachen - und haben Muffe: 20 - 30.000 Leute werden erwartet, und wir mit Ukulele und a-Gitarre und unseren Liebes- und Totenliedern.

Der Totenkopf im Vogelkäfig wackelt bedenklich mit seiner Kinnlade - aber wir rufen an und sagen zu. Mit unserem alten Mercedes Benz 280-Diesel machen wir uns auf den Weg nach Fehmarn. Am Eingang zum Festival-Gelände Hakt an der Schranke. Die freundlichen Ordner von den Hamburger Hell-Angels hauen uns erstmal eine dicke Dülle in unsere Motorhaube und wollen uns umkippen, bis wir ihnen klarmachen können, daß wir tatsächlich reindürfen.

Wir fahr´n auf das Gelände und Richtung Bühne: 10m hoch, riesig groß, Orange-Türme bis in den Himmel, Soundcheck von Ginger´s Air-Force mit einigen geilen Tänzerinnen - Hey Mann, ist das irre und geil.

Wir melden uns in der "Baracke" (Fertighaus auf die grüne Wiese gesetzt) um meinen, wir wären im Irrenhaus: eine Hektik ohne Ende, Telefone klingeln, Leute schreien durcheinander, wo ist denn der schon wieder, die Hell-Angels wollen die Hütte plattmachen, Techniker rennen rein raus, nach 3 Stunden hauen wir erstmal wieder ab und suchen uns ein schönes Plätzchen hinter der Bühne, wo wir unser Zelt aufschlagen (Hotel ist nicht drin) und machen uns erstmal mit der Umgebung vertraut.

Wir besteigen die Bühne und sind erschlagen: überall Zelt und Plastikfolien, soweit das Auge reicht. Am Horizont Liliputaner, die mit ihren kurzen Armen winken. Die Bühne selbst - ein Riesenteller. Wenn vorne eine Gruppe spielt, wird hinten das Equipment der Vorgruppe abgebaut und das der nächsten aufgebaut - per Aufzug werden die Sachen rauf- und runtergefahren. Dann kommen die Hells, stecken Holzpfähle in Aussparrungen und drehen die ganze Scheibe mit den Gerätschaften und den Musiker einmal um - und weiter geht´s.

Irgendwann taucht der Veranstalter auf und klärt uns auf, daß es für uns keine feste Auftrittszeit gibt - das wird kurzfristig entschieden. Ist uns auch egal, wir quatschen mit vielen tollen Leuten, machen Musik und all das, was dazugehört.

Das Fest fängt an, und mit ihm der große Regen. Es schüttet ununterbrochen, die Leute stehen und liegen im Schlamm und hören sich die Cracks an, die aufpassen müssen, daß sie über ihre nassen Instrumente und Mikros keinen gewischt kriegen - es passiert trotzdem.

Die schöne weiße Schleiflackanlage von Sly & the Family Stone wird pitschenaß und dreckig, die Roadies fluchen, die Atmosphäre ist trotz (oder wegen?) des Regens elektrisch geladen - die Hells fackeln das schöne Fertighaus ab, weil Sie mit dem Veranstalter Streß haben - es ist nicht vom Feinsten, was so passiert.

Dann kommt der Sonntag morgen, und mit ihm die Sonne. Die vielen Leutchen schälen sich aus ihren Südwestern, das Platik wird eingerollt, man trocknet langsam und will Musik hören - aber keiner macht welche. Jimmy Hendrix liegt im Hotel und ist nicht ansprechbar - aber wir sind da - und damit auch dran.

Wir betreten mit unseren kleinen akustischen Instrumenten die Riesenbühne - und ernten den ersten donnernden Applaus. Als die Mikrophone eingenordet sind und mein erster Ukulelenton über die Menge hinwegrollt, ernten wir Ovationen. Und als Bernhard bemerkt "verausgabt euch nicht. Gleich kommt noch Jimmy Hendrix, der soll auch ganz gut sein", da haben wir gewonnen.

Unsere Musik - akustisch, ruhig und lyrisch - wallt über das Festival-Gelände und wird eins mit dem sonnigen Morgen. Es ist eine paradisische Stimmung, ein unwiederbringliches Erlebnis für uns, wir vergessen unsere Angst und gehen auf in der Musik - und als wir zum Abschluß unsere Flipper-Hymne spielen, dürfen wir nicht von der Bühne - Zugaben folgen.

Wir haben es geschafft. Wie im Traum kommen wir herunter - Schulterklopfen, Händeschütteln, Interviews geben, Veranstalteradressen entgegennehmen. Wir hören uns Alexis Corner an, alle sprechen uns an: irre, Wahnsinn, unglaublich - für uns auch. Auf Jimmy warten wir nicht mehr: wir packen ein und hauen ab - es ist einfach zu mächtig.

Die Zeitungen küren uns hinterher zu den "Königen von Fehmarn" - Abräumern des Festivals.

Zu hoch gegriffen? Für uns war´s DER GIG schlechthin, trotz vieler anderer wunderschöner Momente in unserem Musikerleben.

[Walter Westrupp]

Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
1970 Bernd Witthüser Solo (durch die Mitwirkung vom Westrupp eigentlich die LP
1971 Der Jesuspilz. Musik vom Evangelium LP
1971 Trips und Träume LP
1972 Bauer Plath LP
1974 Live '68'73 LP
1983 Witthüser + Westrupp (3CD Box) LP
0000 Singles Single
1970 Wer schwimmt dort Single
1971 Laß uns auf die Reise gehn Single
1971 Die Erleuchtung Single
1972 Bauer Plath Single
1973 Magical Land Single

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Musiker

Westrupp, Walter - g, harm, v

Westrupp, Walter

* 12.02.46 in Krumbach, Schwaben
Guitarre, Harmonium, Gesang
Mitbegründer von Witthüser und Westrupp undWalter h.c. Meier Pumpe

Witthüser, Bernd - g, mand, v

Witthüser, Bernd

* 29.02.44 in Winterberg, Sauerland
Guitarre, Mandoline, Gesang
Mitbegründer von Witthüser und Westrupp.

News

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Kontakt

walter@westrupp.de
Offizielle Page: http://www.computopia.de/westrupps/


 

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