German Rock e.V. | Das Online-Archiv der Deutschen Rockmusik
2.067  Deutsche Bands | 166 Bands - International | 3.647 Musiker | 698 abhörbare Interviews | 454 Festivals | 313 Konzerte

vorstand@germanrock.de | 05405 8959241

  • Startseite
  • Aktuell
    • News
    • Rockradio
    • Rock News Magazin
    • FAQ (PDF download)
  • Unser Verein
    • Vorstand
    • Aktive
    • Geschichte
    • Satzung
    • Klick zu Amazon
    • Mitglied werden
  • Inhalt
    • Deutsche Bands
    • Bands - International
    • Musiker
    • Interviews
    • Festivals
    • Konzerte
    • Specials / Events
    • (Riebes Fachblatt 72-75)
    • Buch / DVD
    • Adressen
  • Interaktiv
    • Pressemitteilungen
    • Pressespiegel
    • Linkpartner werden
  • Login
  • Impressum

2067 Deutsche Bands

Anfangsbuchstabe

0-9 Ä (
A B C D E F
G H I J K L
M N O P Q R
S T U V W X
Y Z

Vinegar, Köln» ist aufgelöst

Biografie

VINEGAR Bio

Vinegar aus Köln gehörten sicherlich zu den besseren Vertretern des progressiven Rock in Deutschland, auch wenn sie es nur auf eine einzige LP brachten.

Die ersten Vorläufer reichen wohl bis 1968 zurück. In der kurzlebigen Be-Bi-Ba-Ma-Bänd spielten vier Schüler des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasiums aus Köln-Buchheim: Bernhard Liesegang (* 19.9.1949 in Bassum bei Bremen) an der Gitarre, Jochen Biemann an der akustischen Gitarre (heruntergestimmt als Baßgitarre), Gunar B. am improvisierten Schlagzeug und Manfred K. Die ebenso kurzlebigen Nachfolger – nun ohne Manfred – hießen Petting Nr. 1 und bestanden wohl bis Herbst 1968. Jochen hatte sich inzwischen einen elektrischen Bass zugelegt. Bernhard spielte außer seiner elektrischen Gitarre auch noch ein von ihm so genanntes selbstentworfenes Trifilium: ein langes schmales Brett mit drei Stahlsaiten, Stimm-Mechaniken und Tonabnehmer, gespielt ähnlich wie eine Bottleneck-Gitarre oder Steel-Gitarre. Als Verstärker diente ein altes Röhren-Radio, an das Gitarre und Bass gleichzeitig angeschlossen waren. Ihre Musik war nicht im Geringsten einzuordnen, fast skurril, mit ironisch-sarkastischen Texten. Einige Tonaufnahmen von damals sind erhalten.

Im November 1968 trafen Bernhard Liesegang und Jochen Biemann, die inzwischen schon an der Uni waren, auf Wolfgang Grahn (* 5.2.1950 in Betzdorf an der Sieg), der ebenfalls vom Herder-Gymnasium kam, aber erst 1970 dort sein Abitur machte (Bernhard Liesegang 1967, Jochen Biemann, Gunar B. und Manfred K. 1968). Die drei beschlossen, als Gruppe zu spielen. Zwar waren ihre technischen Fähigkeiten damals eher noch gering, doch brachten sie sich das Notwendige selbst bei.

Wolfgang Grahn übernahm das Schlagzeug, Jochen Biemann die Gitarre, Bernhard Liesegang Bass und Gesang. Besonders in der Anfangszeit der Gruppe tauschten Bernhard und Jochen bei einzelnen Stücken ihre Instrumente auch untereinander aus. Etwas später stieß Dagmar Dormagen hinzu, eine Freundin von Wolfgang, die bei ihm um die Ecke wohnte. Sie sang und spielte Flöte. Als Gruppennamen wählten sie Vinegar (englisch für Essig), denn sie wollten schwer verdauliche Musik spielen, kein süßliches Zeug.

Einige weitere Leute waren nur kurzzeitig und lose dabei, bis schließlich Ende 1969 Rolf Zwirner an der Gitarre und Violine sowie etwas später, Anfang 1970, Ralf Modrow (* 1951 in Halle an der Saale) an der Orgel und als weiterer Sänger hinzukamen, beide ebenfalls vom Herder-Gymnasium. Letzterer hatte vorher bei Silly Season und dann bei Circle gespielt, die bekannte Stücke etwa von Them oder von den Beatles coverten und oft auftraten, aber nichts veröffentlichten.

Seit dem Sommer 1970 war auch Anna Z. (Künstlername) als weitere Sängerin Mitglied der Gruppe Vinegar. Der erste Auftritt mit ihr fand am 22.10.1970 im Hatsch in der Kyffhäuser Straße in Köln-Sülz statt. Der Übungsraum von Vinegar lag von Anfang an im Haus von Bernhard Liesegangs Eltern in Köln-Buchheim, Im Wichheimer Feld.

Am 11.10.1970 traten Vinegar zusammen mit anderen Gruppen nicht nur aus dem Kölner Raum beim “Pop-Festival im Action-Center” auf der Photokina 1970 in der Messe Köln-Deutz (Halle 14) auf. Diese Ausstellung wurde von 1950 bis 2018 alle zwei Jahre im Herbst veranstaltet. Vinegar kamen beim dortigen Wettbewerb auf den dritten Rang hinter Nada (mit Querflöte) und den bekannten Eiliff, beide auch aus Köln, und vor dem frühen Liedermacher Winfried Bode auf Rang Vier. Dafür gab es als Belohnung Kameras von Kodak. Unter den Zuhörern war auch Günter Purrmann, Sohn des Verlagsinhabers Werner Purrmann aus Unterjesingen bei Tübingen. Günter war so begeistert von der Gruppe, dass er sie zu Plattenaufnahmen einlud.

Die Verhandlungen mit Werner Purrmann führte hauptsächlich Bernhard Liesegang. Aus dem vorliegenden Schriftwechsel der beiden – durchgehend in sehr freundschaftlichem Tonfall gehalten – geht hervor, dass der Verlagsinhaber sehr blauäugig an die Sache heranging und völlig wirklichkeitsfremde Vorstellungen von den möglichen Verkaufszahlen einer solchen Platte hatte. Offenbar fehlte ihm, ebenso wie den Künstlern, jegliche Erfahrung in diesem Marktbereich. Das böse Erwachen sollte später kommen.

Die Aufnahmen fanden am Samstag, dem 9.1.1971 im Studio Rottenburg auf zwölf Spuren statt, unter der Leitung von Kurt Schuh, ohne die verhinderte Anna Z. Die fünf Stücke, die gemeinsam im Übungsraum aus den Einfällen der einzelnen Gruppenmitglieder entwickelt worden waren, wurden in der ersten Februarhälfte 1971 als LP Vinegar (Phono Verlag Werner Purrmann WP 710101 / RESCO TST 76992) veröffentlicht, in einer Auflage von 1000 Stück, gefertigt vom Presswerk der Teldec Hamburg. Die Verlagsrechte lagen bei Werner Purrmann, der inzwischen verstorben ist. Die von der Gruppe selbst gestaltete Hülle zeigt als siebentes Mitglied den geheimnisvollen Ambrosius Gulbatscher. Durch seinen aufreizenden Charme hatte er es in kürzester Zeit geschafft, zu den ständigen Mitgliedern von Vinegar zu gehören. Jochen Biemann zur Gestaltung: „Die Photos hat Bernhard angefertigt, und zwar in seinem Zimmer, wo wir uns der Reihe nach auf einen Stuhl vor hellem Hintergrund setzten. Sicherlich wird er auch in seinem Heimlabor die Negative entwickelt, die Vergrößerungen hergestellt und als Klebemontage zusammengefügt haben. Generell zum Cover: Es hebt sich in der Tat stark vom damals verbreiteten Stil ähnlicher Gruppen ab. Dort war ja Verschnörkeltes, Blumiges, Phantastisches und Ähnliches beliebt. Wohltuend und die Zeiten gut überdauernd dagegen die klare, übersichtliche Gestaltung bei Vinegar. Die Schrifttype gefällt mir ebenso. Insgesamt: sehr prägnant, ich kenne keine vergleichbare Anmutung.“ Die meisten LPs wurden von Werner Purrmann rechts oben auf der Hülle mit einem roten Aufkleber versehen, aber nicht alle. Die eher nichtssagende weiße Aufschrift darauf lautet „musik individuell“. Es sollte wohl ein vorsichtig warnender Hinweis auf die Stilrichtung sein, denn das, was Werner Purrmann sonst noch veröffentlichte, war meistens volkstümliche Musik, Schlager, Chöre, Klassik und dergleichen. Einem kleinen Teil der Auflage lag ein vierseitiges Faltblatt im Format 21x21 cm bei. Die Gestaltung des Deckblatts entspricht derjenigen der Vorderseite des LP-Covers. Seite 2 ist weitgehend leer und enthält den gleichen roten Aufkleber wie die meisten LP-Hüllen. Auf Seite 3, also der rechten Innenseite, liest man ein paar Sätze von Werner Purrmann zur LP, den Bezugsbedingungen und zu seinem Verlag. Die Gestaltung von Seite 4 stimmt mit derjenigen der rückseitigen LP-Hülle überein.

Auf Seite 3 des gerade beschriebenen Faltblatts liest man den folgenden Text von Werner Purrmann (Übersetzung ins Englische): „Mit der soeben erschienenen 30cm-Stereo-Langspielplatte Vinegar stelle ich mich Ihnen als Produzent und Verleger vor, der sich die Aufgabe gestellt hat, mit Schallplatten auf unbekannte Talente aufmerksam zu machen, die zwar sehr wohl ihren Beitrag zur guten musikalischen Unterhaltung leisten können, aber teils aus Bescheidenheit, teils aus anderen Gründen nicht im großen Showgeschäft erscheinen wollen oder können. Dennoch bin ich sicher, dass ihre Schallplatten viele Freunde finden werden. Vinegar ist eine talentierte Pop-Band aus Köln, die mit dieser LP vier Eigenkompositionen der sogenannten Underground-Musik anbietet. Die Band spielt keinen Polit-Pop, sondern will mit ihrer Musik eine ganz persönliche Aussage machen. Die jungen Leute sagen selbst: „Es geht uns um das Musikalische. Man muss sich unsere Musik schon anhören. Entweder gefällt sie einem oder nicht.“ – Weil diese Musik mit dem Ausdruck unserer Gesellschaftsform (ichbezogen, kalt, nüchtern, kompromisslos, brutal) zunehmend beliebt wird, es aber bisher nur wenige Schallplatten davon gibt, hat Vinegar gute Chancen, begeisterte Anhänger zu finden. Um Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Urteil über Interpretation und Tonqualität zu bilden – selbstverständlich ist es eine 12-Kanal-Stereo-Aufnahme – biete ich Ihnen an, zum Preis von DM 6,- eine Probeplatte zu erwerben. Benutzen Sie zur Anforderung bitte beiliegende Karte. Als kleiner, aber aufstrebender Verlag kann ich Ihnen meine Schallplatten zum Stückpreis von DM 11,35 + Mehrwertsteuer anbieten und empfehle Ihnen einen Verkaufspreis von DM 18,- einschließlich Mehrwertsteuer. Interessenten werden diesen Preis für Neuerscheinungen zu schätzen wissen. Bei Bestellungen ab 15 LPs auf einmal liefere ich fracht- und verpackungsfrei. In kurzen Abständen werde ich weitere LPs herausbringen. Zwei sind bereits in Arbeit. Von ihrem Erscheinen werde ich Sie rechtzeitig in Kenntnis setzen. Um für die Schallplatten in breiter Öffentlichkeit Interesse zu wecken und Ihnen damit eine Verkaufshilfe zu geben, bemühe ich mich bei den Rundfunkanstalten um Vorstellung in den einschlägigen Sendungen. Die ersten Gespräche verliefen bereits positiv. Freuen würde ich mich, wenn Sie durch entsprechende Kundengespräche zur Verbreitung meiner Schallplatten und somit zur Förderung echter Talente beitragen.“

Die fünf Stücke, allesamt selbst geschrieben, sind in der Tat nicht leicht zugänglich. Sie erschließen sich erst nach mehrmaligem Hören. Gleich das erste, Missi Solis“ (lateinisch für „Gesandte der Sonne“; ursprünglicher Titel: „Dust“), besticht durch Ralf Modrows verhaltenen Gesang mit seinen rätselhaften Texten. Es entsteht eine verwunschene, magische Stimmung. In kleinen Teilen überschneidet sich Missi Solis textlich mit dem schon früher entstandenen Stück Morning, das auf der Vinegar-Website zu hören ist. Sawmill mit dem Wortspiel saw/sawmill ist über die beiden LP-Seiten verteilt. Im ersten Teil singt Dagmar Dormagen, der zweite Teil kommt ohne Gesang aus. An dessen Anfang können Geiger Rolf Zwirner und besonders Schlagzeuger Wolfgang Grahn ihr Können zeigen. Das Gegröle von Bernhard Liesegang auf Der Kaiser Auf Der Erbse steht in unangenehmem Gegensatz zum Gesang im ersten Stück. Man fragt sich, wozu das gut war. Ralf Modrow: „Dafür hätte ich mich nicht hergegeben.“ Jochen Biemann denkt allerdings ganz anders darüber. Der eingeklammerte Zusatztitel des Stücks („Caesar Supra Ciceronem“) ist eine künstlerisch freie Übersetzung ins Lateinische samt Wortspiel: „Caesar“ bedeutet „Kaiser“ und „cicer“ heißt „Kichererbse“. Zugleich war „Caesar“ der Beiname von Gaius Iulius Caesar (100-44) und Cicero der Beiname von Marcus Tullius Cicero (106-43), die sich damals im alten Rom einen Machtkampf lieferten, bei dem Caesar schließlich die Oberhand behielt. Genau diesen Sachverhalt drückt der lateinische Zusatztitel in Klammern aus. Mit Fleisch – ursprünglicher Titel: Das Fleisch Ist Gut Und Der Weihrauch In Der Kirche – kommt dann ein sehr versöhnlicher Abschluss der LP. Besonders der großartige Beginn des Stücks mit Schlagzeug und Gitarre kann voll überzeugen, auch der Schluss mit Rolf Zwirners Gitarrensolo. Der Chorgesang stammt von Dagmar Dormagen. Insgesamt eine sehr einfallsreiche und begeisternde Platte, die sich aber nicht unbedingt schon beim ersten Hören erschließt. Die Texte stammen großenteils von Wolfgang Grahn, bearbeitet von Jochen Biemann. Dessen Anmerkung dazu: „Seit jeher gilt: Der Künstler interpretiere sein Werk nicht selbst mit Erklärungen, es soll für sich sprechen. Trotzdem ein Wort zu den Vinegar-Texten. Ein Bauprinzip war dabei, dass von einer realen Situation ausgegangen wurde, aus der aber bald die Realität immer stärker wich, bis schließlich sogar die Sprache des Texts irreal wurde – im letzten Schritt schien es immer noch Sprache zu sein, es war aber keine mehr. Ein weiterer Aspekt war, dass Vinegar meist zwar sehr ernsthaft arbeitete, oft aber auch Ironie und Scherz bevorzugte. Dies ist eine schon bei den kurzlebigen Vorgängergruppen vorhandene Tendenz. Missi Solis ist in der Tat von mir geschrieben, Morning von Wolfgang Grahn. Ein isolierter, winziger Ausgangspunkt (zweizeiliges Zitat aus Morning in Missi Solis) entwickelt sich sofort ganz weit weg; mehr ist von Morning schließlich nicht enthalten. Prinzip: Zerfall. Das musikalische Material beider Stücke ist völlig unterschiedlich.“

Etwas später gab Werner Purrmann allen Vinegar-Mitgliedern jeweils ein Exemplar der LP, die Hülle beklebt mit den Farbphotos aus seinem Studio.

Etwa zur gleichen Zeit sendete der britische Soldatensender BFBS Germany in Köln ein Interview mit den Vinegar-Musikern zum Erscheinen ihrer LP, geführt in englischer Sprache. Eine Aufnahme davon auf Kassette ist möglicherweise noch vorhanden, aber leider von den Musikern nicht mehr auffindbar und wahrscheinlich verschollen.

Ein paar Sätze von Jochen Biemann zum wüsten Gesang im Stück Der Kaiser Auf Der Erbse, zu den Vinegar-Auftritten allgemein und zur LP-Aufnahme: „Bernhards Stimm-Performance in Der Kaiser Auf Der Erbse finde ich im Gegensatz zu anderen Meinungen überhaupt nicht unpassend, mir gefällt sie sogar ausgesprochen gut. Sie war Teil des Spektrums von Vinegar, das sich im Lauf der Zeit zwar wandelte, aber einige Elemente immer enthielt. Zuvor erläuterte ich die ironisch-scherzhafte Seite unserer Musik. In diese Kategorie fällt auch der "Kaiser", dessen im Grunde primitives Hauptmotiv im Mittelteil (Gitarre und Bass) auf einen weiteren Aspekt verweist: ein ungezügelt und hart loshämmerndes Spiel (siehe auch hier wieder: Sterilisation Road). Hierzu passt Bernhards Gesang erstklassig. Ich weiß, dass bei Auftritten während des "Kaisers" Zuschauer in den Saal zurückströmten, die sich die Beine vertraten, auf das Klo gingen oder etwas aßen und von draußen diesen Berserker-Gesang hörten. Der war ziemlich einzigartig und ließ manchen Besucher geradezu sprachlos zurück. Bedenke, dass wir über lausige Verstärkeranlagen verfügten, die bis zum Anschlag aufgedreht waren. Beim "Kaiser" war der Gesang also heftig übersteuert – was die Wirkung nochmals steigerte. Dann gab es das Stück Dramatisch Durchs Korallenriff. Es fing ganz sacht und leise an, fast wie mit akustischen Instrumenten. Bernhard griff – nicht spontan, das war so im Konzept – zu seinem Waldhorn, setzte es sorgsam an seinen Mund – und sprach durch das Instrument hindurch, fast wie durch ein Sprachrohr. Nicht irgendeinen Text, sondern absolut sinnfreie Lautkombinationen, die teils wort-ähnlich waren, aber eher Geräuschcharakter besaßen. Trotzdem hatte man den deutlichen Eindruck, es werde dort etwas "erzählt". Danach setzten wir anderen mit unseren Instrumenten ein. Und zwar Marke Dampfhammer. Dazu blies Bernhard nun tatsächlich das Waldhorn (wenn auch nur ein paar wenige, aber markante Phrasen). Was jetzt in der Beschreibung vielleicht etwas absonderlich klingen mag, war auf der Bühne jedes Mal ein durchschlagender Erfolg. Der theatralische Moment, in dem man den feierlichen Waldhorn-Klang erwartete, wurde durch das wilde Gebrabbel "durchs Horn" so extrem konterkariert, dass die Zuschauer regelmäßig in Gelächter ausbrachen. Man sieht, auf Bernhard gingen viele Bühnen-Elemente zurück, er war da oft eine Rampensau. In der späteren Gruppe Pansen ließ er es sich einfallen, bei einem Auftritt als "Mittelteil" eines Stücks zu spärlicher Instrumentalbegleitung einen metergroßen Luftballon mit einem rückwärts arbeitenden Staubsauger aufzublasen, bis er platzte. Die Schallplattenaufnahme krankt nach meiner Einschätzung vor allem an dem furchtbaren, künstlich hinzugefügten Hall. Unser Toningenieur hatte zuvor wohl hauptsächlich klassische Musik oder Ähnliches aufgenommen, so dass ihm eine vergleichbare Akustik vorschwebte. Vinegar klingt dadurch fast kraftlos, verglichen mit dem, was wir im Proberaum und live von uns gaben. Da waren wir viel direkter, fast auf die Zuschauer zustürmend. Vielleicht oft "matschig", undurchsichtig im Klang, natürlich viel zu oft mit großen und kleinen Spielfehlern, aber in den kleinen Räumen, in denen wir meist auftraten, fast ein Naturereignis. Wie oft habe ich fassungslose Gesichter vor mir gesehen – so etwas kannte man zumindest hier in Köln noch nicht.“

Schon die LP-Einspielung fiel in eine Zeit, als sich bei Vinegar erste Auflösungserscheinungen zeigten. Noch im gleichen Jahr 1971 war es mit der Gruppe vorbei. Der Grund waren unterschiedliche Auffassungen über die weitere musikalische Entwicklung. Nach der Aufnahme der LP hatte es keinen einzigen Vinegar-Auftritt mehr gegeben. Die Auflösung geschah aber in aller Freundschaft. Auch danach standen die einzelnen Gruppenmitglieder noch in guter Verbindung untereinander.

Überhaupt zeigte die Gruppe ausgesprochen wenig Ehrgeiz – es ging ihr eigentlich nur um den Spaß am Spielen. Um die Gelegenheit für Auftritte kümmerte sie sich kaum. Entsprechend gering war die Zahl ihrer Gigs: etwa 20 bis 30, die kaum über die Kölner Stadtgrenzen hinauskamen. Die Unterlagen von damals sind leider größtenteils verschwunden. Der erste Vinegar-Auftritt war 1968 oder 1969 in einem Jugendheim oder ähnlichem in Köln. Erst spielte die Gruppe Zounds, deren Mitglieder zum Teil ebenfalls vom Herder-Gymnasium kamen. Beim Stück Politician (ursprünglich von Cream) gab es einen allmählichen Übergang: Von Instrument zu Instrument übernahmen nach und nach die Vinegar-Mitglieder, bis schließlich alle Zounds-Leute weg waren. Eigenkompositionen, die Vinegar dort spielten, waren unter anderen White Giant und Nothing – But I Am. Beim Vinegar-Auftritt dort stiegen mehrere Gastmusiker ein, so dass es auf vorwiegend frei improvisierte Musik hinauslief.

Am 12.6.1969 war Tag der offenen Tür an der Universität in Köln-Lindenthal. Im Hörsaal VII trugen verschiedene wenig bekannte Schriftsteller ihre Texte vor, musikalisch begleitet von Vinegar. Es war eher eine Art von Klanggemälden, was sie dort spielten. Ob ein für den 3.7.1969 angekündigter Freiluftauftritt auf dem Sommerfest der Universität Köln auch wirklich stattfand oder nicht, ist unsicher. Es gibt dazu widersprüchliche Angaben. Jedenfalls gab es ein paar Tage später einen anderen Gig draußen, und zwar am 8.7.1969 im sogenannten Jugendpark in Köln-Mülheim, dem nördlichen Teilbereich des Rheinparks auf einer langgestreckten Landzunge im Rhein. Am gleichen Tag gab es noch einen weiteren Vinegar-Auftritt, und zwar in der Zwischenebene der Universitäts- und Stadtbibliothek in der Kerpener Straße 33 in Köln-Lindenthal. Dort waren eigentlich nur Can angekündigt. Auf einem Plakat hieß es sinngemäß, das jeder mitspielen könne. Damit waren wohl Flöten und Trömmelchen gemeint. Vinegar hatten das falsch verstanden, erschienen mit eigener Verstärkeranlage und spielten ihre eigenen Stücke. Die Leute von Can waren deshalb verständlicherweise etwas angefressen, schritten aber nicht ein und ließen die ungebetenen Gäste gewähren. Am 25.10.1969 spielten Vinegar im Workshop in der Breiten Straße in Köln. Dieser Veranstaltungsort war über einen Durchgang zum Hof erreichbar. Workshop war übrigens nicht der Name der Veranstaltung – so hieß der Laden. Am 31.12 1969 traten sie wieder an gleicher Stelle auf. Am 16.12.1969 spielten Vinegar im Studentenwohnheim Olshausen in der Hans-Sachs-Straße 10 in Köln-Lindenthal immerhin als Vorgruppe der bekannten Sweet Smoke aus den USA. Am 29.1.1970 traten Vinegar schon wieder dort auf, nun mit einem Gastmusiker auf der Bühne, genannt Flo, über den nichts Weiteres mehr bekannt ist. Vinegar wurden dort schlampigerweise als Vinegrass angekündigt. Der Gig sollte eigentlich draußen auf dem Schulhof der Grundschule stattfinden, war dann aber doch drinnen, aus welchen Gründen auch immer. Außer Vinegar spielten dort auch noch die Red Players, die Revival-Jazz-Band und als Überraschungsgast die Gruppe Stone Henge mit dem damals noch unbekannten Jürgen Zeltinger. Gleich im Anschluss daran brachten Vinegar ihre Anlage zu ihrem Herder-Gymnasium ganz in der Nähe, wo sie auf einer Klassenfete spielten. Nach Jochen Biemanns Erinnerung war es ein spontaner Auftritt im Untergeschoß des Hauptgebäudes. Am 7.10.1970 gab es eine Wiederholung am gleichen Ort. Tags darauf spielten Vinegar vor nur wenigen Leuten im Coom-Center in Köln-Sülz an der Ecke Luxemburger Straße/Universitätsstraße. Es war eine Art Zimmertheater auf beengtem Raum. Dazu Jochen Biemann: „Die Gruppe COOM war eine lose Verbindung von Malern, Schriftstellern und Aktionskünstlern, die in gemeinsamen Aktionen oder auch mit Soloprojekten ihren Beitrag zur "Revolutionierung der bürgerlichen Kunstanschauung" leisten wollten und es auch taten.

Richard Bargel trat der Gruppe 1968 bei, die in den verbliebenen Räumen eines zerbombten Altbaus an der Luxemburger Straße in Köln das COOM-Center gründeten und dort mit Ausstellungen, Theaterstücken, Lesungen, Aktionskunst und Happenings auf sich aufmerksam machte. Richard Bargel präsentierte sich dort mit Zeichnungen, Druckgrafiken, Aktionskunst, gab Konzerte und trat als Schauspieler auf. Weitere Gruppen, die damals dort auftraten, waren unter anderem Can und Ton Steine Scherben. Am 11.10.1970 folgte dann der schon erwähnte große Vinegar-Auftritt auf dem Festival in der Messehalle 14 in Köln-Deutz im Rahmen der Photokina-Ausstellung, bei dem Vinegar von Günter Purrmann entdeckt wurden. Für den 22.10.1970 wurden Vinegar für einen Gig in der Schänkgalerie Hatsch in der Kyffhäuser Straße 4 am Barbarossaplatz in Köln-Sülz verpflichtet, erstmals mit Anna Z. als Sängerin. Und am 12.12.1970 um 19 Uhr kam schließlich der letzte Vinegar-Auftritt, im Tabernakel in Köln (Südstadt), An der Bottmühle 5, bei freiem Eintritt. Es war eine Kommune, gegründet durch Klaus von Wrochem – später landesweit bekannt geworden als Klaus Der Geiger – und andere. Ein kleiner Saal in deren Untergeschoss diente als Veranstaltungsraum. Es war einer der wenigen Vinegar-Auftritte, die mitgeschnitten wurden und noch vollständig erhalten sind, zu hören auf der Vinegar-Seite im Netz (www.vinegar-music.de). Nur an den letzten paar Vinegar-Auftritten waren auch Ralf Modrow und Rolf Zwirner beteiligt.

Auch um eine Schallplattenveröffentlichung hatte sich die Gruppe nie bemüht. Dass es schließlich doch dazu kam, war reiner Zufall und glückliche Fügung.

Da es nach dem Erscheinen der LP keine Vinegar-Auftritte mehr gab, entfiel diese Möglichkeit für den Plattenverkauf. So wurden damals nur wenige Platten abgesetzt. Der große Rest lagerte erst bei Werner Purrmann und ging dann in den Besitz von Kurt Schuh über, bei dem der Verleger Schulden hatte. Später verkaufte Kurt Schuhs Witwe Marianne diese Bestände an Bernhard Liesegang, der sie nach und nach unter die Leute brachte.

Von den Vinegar-Plakaten sind nur wenige erhalten.

Ralf Modrow erinnert sich: „Das war schon eine ziemlich verrückte Zeit damals. Samstags war Proben im Keller der Liesegangs angesagt. Rolf und Jochen entlockten ihren selbstgebauten Verzerrern, die, soweit ich mich erinnere, in Holzkistchen oder Blechdosen eingebaut waren, immer neue Klangvarianten. Wollte man etwas daran verstellen, brauchte man hierfür einen Schraubenzieher. Aus meiner selbst zusammengelöteten Dr.-Böhm-Orgel ertönte, je nach Stellung der Register und Lautstärkeregler, gelegentlich und unvorhersehbar ein in der Nähe gelegener Mittelwellensender. Darunter mischten sich dann Wolfgangs filigrane Schlagzeugfiguren und der Gesang von Dagmar, deren Stimme mich, wenn ich sie heute höre, immer etwas an die von Nico erinnert, die ich ebenfalls sehr schätze. Wenn Bernhard nicht gerade am Bass arbeitete, blies er auch schon mal auf einem Waldhorn und rundete hiermit das ganze Klang-Geschehen auf eine sehr individuelle Weise ab. Mitunter standen auch gemeinsame Unternehmungen auf dem Plan, zum Beispiel ein Ausflug in den nahegelegenen Königsforst, wo wir, mit einem Uher-Report-Tonbandgerät bewaffnet, das Konzert der Frösche in einem versteckten Tümpel aufnahmen oder eine Fahrt zu Kohlensäurequellen in der Vulkaneifel. Auf Bildern aus dieser Zeit kann man einzelne Vinegar-Mitglieder auf riesigen Stahlhalbkugeln herumklettern sehen. Die waren dort aufgestellt worden, um die aus dem Boden ausströmende Kohlensäure aufzufangen und vermittelten durch ihr Aussehen und die Art ihrer Anordnung den Eindruck einer Station auf dem Mars. Die LP ist übrigens 1971 weitgehend live eingespielt worden. Lediglich der Gesang und einige Soloparts wurden im Playback-Verfahren aufgenommen. Nach meiner Erinnerung fuhren wir am Morgen des 9. Januar 1971 in Köln los und mittags begannen dann im Studio Rottenburg die Aufnahmen, die bis etwa 23 Uhr dauerten. Ich glaube, Dagmars Blockflöten-Solo ist dann am nächsten Morgen noch einmal eingespielt worden, ansonsten blieb für Nachbesserungen keine Zeit. Möge der geneigte Zuhörer in Anbetracht dieser Umstände also über die eine oder andere Unzulänglichkeit der Aufnahmen hinweghören: „Just lean back and enjoy!““

Jochen Biemann zu den selbstgebauten Verzerrern, die Ralf Modrow erwähnt: „Das war so: Das Holzkistchen enthielt einen Bausatz-Vorverstärker (wahrscheinlich von Bernhard zusammengelötet), der maßlos übersteuert betrieben wurde und daher als mein Gitarren-Verzerrer (Fuzz Box) diente. Es gab auch eine Sardinendose (ein früher bekanntes rot-schwarzes Design), in die ein simpler Fußschalter (ein/aus) eingebaut war. Den konnte man mittels Buchsen in den Audio-Kabelweg integrieren. Die Fischdose gibt es vermutlich nicht mehr, aber das Holzkästchen habe ich bei mir. Der Verzerrer ist auf einem der Fotos im Tonstudio Rottenburg zu sehen (Rolf im Sitzen Gitarre spielend, rechts neben seinem Bein auf dem Boden). Auf dem Bild sieht man die Seite ohne Ein-/Aus-Schalter (aber mit DIN-Audio-Buchse), mal geschlossen, mal mit Blick unter den aufgeklappten Deckel. Soviel ich mich erinnere, gehörte das Kistchen (14,8 x 8,5 x 4,5 cm) ursprünglich Bernhards Mutter, vielleicht für Schmuck. Sie wurde wohl nicht gefragt, ob wir es für unsere Zwecke "umnutzen" dürften. Mir schwant, sie war nicht erfreut, als sie es erfuhr. Unten auf der Fotomontage links mein Wah-Wah-Pedal. Es ist von Schaller, aus Vollmetall (1,2 Kilo, 25 x 10,8 cm Grundfläche). Der blanke Schalter wechselt zwischen "bow-wow (so die Schallersche Bezeichnung auf dem Pedal) und "yoy-yoy". Diesen zweiten Effekt hört man unter anderem bei Blast Up Car. Das Gerät habe ich seinerzeit etwas umgebaut, wodurch es zusätzlich als Lautstärke-Fußregler verwendbar war (schwarzer Schalter), vermutlich ist auch die seitliche DIN-Buchse eine eigene Zutat von mir. Wie ich durch das massive Metall bohren konnte, ist mir jetzt etwas rätselhaft. Unten rechts schließlich ein kleines Mischpult (22,5 x 7 cm Grundfläche), das wirklich nur drei Eingänge im Volume regelbar auf einen Ausgang mixt, sonst nichts. Das Gehäuse wurde aus billigem Blech zusammengelötet und dann etwas verkleidet. Der ausgesprochen behelfsmäßige Charakter dieser Dinge passt genau zum restlichen Equipment von Vinegar. Wir hatten nie Geld, so dass Instrumente, Verstärker und Lautsprecherboxen immer aus Gebrauchtware bestanden, und zwar von der billigsten Sorte. Insofern auch diese Kleinteile "garagenmäßig".“

Wolfgang Grahn spielte nach seiner Zeit bei Vinegar Jazzrock. Schon seit vielen Jahren beschäftigte er sich mit der schottisch-gälischen Sprache und hielt sich dafür auch einige Zeit auf den Äußeren Hebriden auf, wo diese keltische Sprache noch allgemein im Alltag verwendet wird, kaum englisch. Er starb am 10.11.2011 im Alter von 61 Jahren. Jochen Biemann spielte von etwa 1977 bis 1979 in Bernhard Liesegangs großer Jazzrockgruppe mit dem merkwürdigen Namen Pansen. Besetzung: mehrere Saxophone (Tenor, Alt), Trompete, zwei E-Gitarren (eine davon Jochen), E-Piano, E-Bass (Bernhard), Schlagzeug. Es waren größtenteils Bernhards Kollegen von der Universität. Gespielt wurden teils Standards, teils Eigenkompositionen. Mit Jochen Biemann kam es zu drei oder vier Auftritten – die Gruppe gab es aber schon vor seinem Einstieg. Er schrieb für eine Kölner Zeitung und ist jetzt im Ruhestand. Bernhard Liesegang schloss ein Biologiestudium ab, arbeitete längere Zeit in diesem Fachbereich (bis zu seiner Frühverrentung) und lebte zuletzt seit mehreren Jahren in Apolda in Thüringen. Er starb am 1.11.2020 im Alter von 71 Jahren in einer Pflegeeinrichtung. Ralf Modrow ging zunächst bei Maharishi Mahesh Yogi in die Lehre und war danach einige Zeit als Meditationslehrer tätig. Nachdem er in den letzten Jahren wieder in verschiedenen Bands als Keyboarder aktiv war, arbeitet Ralf an eigenen Musikprojekten (www.soulstuff.de). Auch Rolf Zwirner macht weiterhin Musik (www.rolf-zwirner-and-friends.de) und arbeitet als Musiklehrer. Anna Z. wandte sich später der klassischen Musik zu und sang jahrelang in großen Chören mit, unter anderem im Philharmonischen Chor Köln. Dagmar Dormagen kam 1974 auf tragische Weise ums Leben. Sie war an falsche Freunde und in schlechte Kreise geraten, sah keinen Ausweg mehr und beendete ihr Leben durch eigene Hand. Ihrem Andenken haben die Künstler die Wiederveröffentlichung gewidmet.

Am 22.10.2006 kam es ohne besonderen Anlass zu einem Wiedersehen von Wolfgang Grahn, Bernhard Liesegang, Jochen Biemann und Ralf Modrow im Haus der Liesegangs in Köln. Einige Bilder davon, geknipst größtenteils von Ralf Modrow, sind auf der Vinegar-Website zu sehen.

Die LP wurde inzwischen zu einem gesuchten Sammlerstück. Aufgrund der großen Nachfrage war eine Neuveröffentlichung längst überfällig. Die Rechte für die CD-Ausgabe von 2003 (Garden of Delights CD 091) konnten von den Künstlern und von Marianne Schuh erworben werden, der Witwe von Kurt Schuh, die auch das Mutterband zur Verfügung stellte. Auf den roten Aufkleber, den die meisten LPs trugen, wurde bewusst verzichtet. Erstaunlich ist bei einer derartig gesuchten Platte nur, dass es bis dahin noch keine Wiederveröffentlichung gegeben hatte, weder als LP noch als CD, weder rechtmäßig noch unrechtmäßig. Im darauffolgenden Jahr, 2004, erschien dann auch eine Ausgabe als Vinyl-LP (Amber Soundroom AS LP 003), in einer Auflage von erst 500 Stück und nach deren Abverkauf etwas später weiteren 500 Stück, die sich voneinander nicht im Geringsten unterscheiden, da sie von derselben Pressmatrize und denselben Druckvorlagen gezogen wurden.

Leider gab es keine brauchbaren Vinegar-Stücke, die man 2003 der CD als Zusatz hätte anhängen können. Später tauchte der schon erwähnte Stereo-Mitschnitt eines Vinegar-Auftritts vom 12.12.1970 im Tabernakel auf, einer Studentenkneipe in Köln. Er wurde damals mit einem tragbaren Tonbandgerät der Marke Uher-Report gemacht, das Bernhard Liesegang gehörte. Es sollte der letzte Vinegar-Auftritt sein. Neben Dagmar Dormagen, Ralf Modrow, Jochen Biemann und Bernhard Liesegang singt dort auch Anna Z. Von den acht Stücken kennt man nur eines (Der Kaiser Auf Der Erbse) von der LP her, aber eben in anderer Fassung. Allerdings ist der Klang des Mitschnitts zu schlecht für eine Veröffentlichung auf CD oder Schallplatte. Auch künstlerisch kann der Auftritt mit der Vinegar-LP nicht mithalten. Immerhin kann man ihn auf der Vinegar-Seite im Netz (www.vinegar-music.de) anhören, wo sich 2005 auch Günter Purrmann ins Gästebuch eintrug. Außerdem finden sich auf der Website zwei weitere Vinegar-Stücke, die in der Frühzeit der Gruppe im Übungsraum entstanden, damals noch zu dritt. Alle diese Stücke wurden im Tonstudio aufwendig nachbearbeitet, um das Bestmögliche herauszuholen – mit durchaus hörenswertem Ergebnis.

Doch es gibt noch einen weiteren Vinegar-Mitschnitt. Dazu Jochen Biemann: „Es existiert außer unseren eigenen Tonaufnahmen von Vinegar sogar eine weitere im Probekeller. Manfred K. fertigte sie an, laut seiner Datierung 1970 (Notiz auf der Spule oder dem Karton: "Band begonnen 08.1970, beendet 01.1971"). Das Original ist wohl verschollen, aber ich hatte eine Tonbandkopie davon gezogen (was die Aufnahmequalität nochmals vermindert haben wird). Sie enthält die folgenden Stücke (beteiligt ist Anna Z.): Spezial, Dramatisch Durchs Korallenriff (im Verlauf ausgeblendet), General Motors(= Fleisch), Der Kaiser Auf Der Erbse. Was es mit General Motors (= Fleisch) auf sich hat, weiß ich jetzt nicht. Die Aufnahme habe ich digitalisiert, Gesamtlaufzeit 29:32 Minuten. Die kurze Laufzeit und die Ausblendung zeigen, dass der Mitschnitt nicht vollständig ist.“

Und noch ein paar Sätze von Jochen Biemann zum erhaltenen Vinegar-Material: Die bei mir vorhandenen Vinegar-Objekte habe ich zum größten Teil nach dem Ende der Gruppe aus dem Probekeller an mich genommen. Zum Glück, denn die Sachen gäbe es sonst heute mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr. Besonders die Tonbänder zu "retten" war mir damals wichtig, denn es gibt durchaus Fälle, wo Bernhard Bänder neu bespielt hat, auf denen Vinegar aufgenommen worden war. Da hört man zum Quelle: Garden Of Delights Beispiel den Anfang eines Vinegar-Stücks, das bald abrupt durch im Radio aufgenommene Musik beendet wird. Man sieht einem unbeschrifteten Bandwickel halt nicht an, was darauf enthalten ist. Außerdem wären Bernhard die alten Vinegar-Aufnahmen damals ziemlich gleichgültig gewesen.“

In der Wikipedia haben Vinegar seit 2017 einen eigenen Eintrag, allerdings nur in der deutschsprachigen Ausgabe.

Quelle: Garden Of Delights

Bilder
keine Bilder gespeichert
Konzertbericht

Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
1971 1971 Vinegar LP

Rezensionen

VINEGAR

Vinegar

2003, Garden Of Delights  CD 091

Vinegar haben absolut nichts mit Vinegar Joe aus den späten 70ern zu tun. Nein hier handelt es sich um eine Band, die im Zeichen der heraufziehenden Ölkrise 1971 eine LP herausbrachte, und dabei recht stümperhaft vorging. Sorry, aber wenn man sich gleich zu Beginn verspielt, kein richtiges Englisch kann, Gesang nur aus dem Radio kennt, und selbst Fremdstile (etwa die Doors) absolut nicht beherrscht, dann sträuben sich einem angesichts der Vinylverschwendung die Haare. Sehr selten tauchen einigermaßen schwebende Melodien auf, die aber kurz darauf zerkloppt werden.

Da wird in minimalistischster Ausführung bestenfalls Schülerband-Niveau erreicht. In grauenhaftester Deutsch- Englisch-Manier herumgeeiert und teilweise nur wortlos rumgegrölt, das selbst mir im damals Haschrausch nur der Griff zur Stopptaste übriggeblieben wäre. Kaum Innovation, gepaart mit einer riesigen Menge Unvermögen – da fragt man sich, wie die es zu einer damals seltenen LP geschafft haben.

Einzig die Geige wird gut beherrscht. Fünf quälende Stücke nur für absolute Superhardcorefans martern jeden anderen.

Fazit: Nur die härtesten werden das Ohrabenteuer überleben. Ich bin dafür zu weich...

Kurt Mitzkatis

Interviews

Musiker

keine Daten gespeichert

News

Kontakt

German Rock e.V.

German Rock e.V. - seit 1998 Förderung deutscher Rockmusik und Aufbau eines allgemein zugänglichen Datenarchivs - jeder kann Mitglied werden und die Szene unterstützen.

Und so kannst du uns auch als Nichtmitglied unterstützen.