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Space Trance Tronics Night 2000


2. SPACE TRANCE TRONIC NIGHT

Berlin, 11.11.2000 Petruskirche


Während am 11.11.2000 die Narren in den Karnevalshochburgen der Republik den Beginn der fünften Jahreszeit feierten, gab es andernorts einige „Narren\\\", die einen weiten Weg auf sich nahmen um in die Kirche zu gehen. Allerdings handelte es sich nicht um einen üblichen Kirchgang sondern um ein Konzert beziehungsweise Festival.

 

Um die insgesamt 500 Kilometer nicht an einem Tag hin- und wieder zurückfahren zu müssen, schlugen wir unser Quartier im Raum Berlin auf. Aus mehreren Möglichkeiten suchten wir uns dann eine Pension mit dem Namen Schultze aus. Der kleine Gag am Rande war, dass die einzelnen Zimmer dieser Pension Vornamen trugen und wir zufällig das Zimmer mit der Bezeichnung Klaus bekamen. Man könnte praktisch sagen, wir haben bei Klaus Schultze gewohnt (auch wenn die Schreibweise des Nachnamens abweicht). Das war schon mal die richtige Einstimmung für das Festival.

 

Ort des Geschehens war die St. Petruskirche im Berliner Ortsteil Lichterfelde, die 1998 ihr hundertjähriges Bestehen feiern konnte. In dieser evangelischen Kirche finden neben den Gottesdiensten auch regelmäßig Kulturveranstaltungen statt. An diesem Abend gehörte sie der elektronischen Musik. Unter der Bezeichnung 2. Space Trance Tronic Night wurden dem Publikum drei Konzerte dargeboten. Das äußerst attraktive Line-Up wurde in der Reihenfolge Fanger & Kersten, Project-Inter.com und Spyra bestritten.

 

Als Eintrittskarte fungierte - wie bereits im Vorjahr - eine Shape-CD mit jeweils einem Stück der auftretenden Musiker. Diese Idee ist gut und sollte durchaus Schule machen. Die Kirche war mit einer normalen Bestuhlung versehen (keine Bänke) und bot für maximal 350 Leute Platz. Den weitesten Weg hatte ein Fan aus Belgien auf sich genommen, der die 700 Kilometer per Flugzeug bewältigte.

 

Auf der Bühne hatte man die Instrumente der drei Acts komplett aufgebaut um größere Umbaupausen zu vermeiden. Sie war nur spärlich beleuchtet und als Effekt wurden während der Konzerte mit einem Mathmos-Projektor, einem Kultrelikt der frühern 70ziger bunte Formen die Wand projiziert. In dem Projektor befindet sich Öl, was heiß wird und immer neue Formen bildet. Daneben kam auch noch einige Male etwas Nebel zum Einsatz.

 

Pünktlich um 20.00 Uhr begrüßte der Organisator der Veranstaltung und Mitglied des Project-Inter.com Mario Schönfelder das zahlreich erschienene Publikum. An diesem Abend waren etwa 150 Besucher gekommen. Mario erwähnte in seiner Ansprache, dass er auf den Tag genau vor 11 Jahren, am 11.11.1989, zwei Tage nach dem Mauerfall ebenfalls ein Festival (unter einem anderen Namen) in dieser Kirche organisiert hat. Damals spielten die Formation Solitaire, der Berliner Bernd Kistenmacher sowie Mario Schönwälder.

 

Bei dem damaligen Konzert hatten - aus dem besonderen geschichtlichen Anlass - die Bürger der ehemaligen DDR freien Eintritt. Mario fühlte sich bei dem Anblick dann wieder an das damalige Konzert erinnert, was ihm nach seinen Ausführungen eine Gänsehaut bescherte.

 

Den Beginn des Festivals absolvierten die Lokalmatadoren Thomas Fanger und Michael Kersten, die unter der Bezeichnung Fanger & Kersten bereits drei CD\\\'s herausgebracht haben. Auf dem letztjährigen Space Trance Tronic Night Festival sollten sie ebenfalls auftreten, mussten das Konzert aber aus gesundheitlichen Gründen absagen. Beide formieren übrigens auch unter der Bandbezeichnung Mind~Flux, mit der sie bereits sieben CD\\\'s und eine MaxiCD veröffentlicht haben. Während Mind~Flux mehr die rhythmische härtere Gangart (mit mehr bpm) spielt, sind die Stücke unter Fanger & Kersten etwas sanfterer Natur, jedoch immer noch mit genügend Rhythmus. Ihr Konzert bestand an diesem Abend aus einem Set von ca. 70 Minuten Länge.

Zu Beginn des Stückes erklangen pulsierende Sounds die sich langsam entwickelten. Es zirpte aus den Lautsprechern. Ruhige Strecken wechselten sich mit rhythmischen Sequenzen ab. Die rhythmischen Teile des Sets hätten auch Discobesucher in Extase versetzen können. In den ruhigeren Abschnitten waren Elemente eingebaut, die durch den Einsatz von verschiedenen Samples manchmal experimentell klangen, sich aber hervorragend in das Gesamtwerk einfügten.

Zwischendurch blitzten Sounds auf, die an die Berliner Schule und insbesondere an Tangerine Dream erinnerten. Durchgängige längere Melodien wie bei Songs suchte man zwar vergeblich, die Musik war aber sehr harmonisch und mit sehr angenehmen Soundlinien versehen. Die Sounds klangen sehr sauber, lediglich zu Beginn gab es einige kleinere Probleme durch Brummgeräusche der Boxen, die aber nach kurzer Zeit verstummten.

Die beiden hatten die Basis für das Drum- und Sequencerprogramming vorbereitet, auf denen sie dann Melodien, Flächen, Athmosounds und Akkorde improvisierten. Neben den gespielten Melodien und Akkorden sah man die beiden an ihren Geräten schrauben und drehen. Thomas griff während des Konzertes live sowohl in die Sequenzen als auch Drumabläufe und Sounds ein, indem er beispielsweise beim Sequencing Einfluss auf Transposition, Schrittlänge sowie Klangfarbenänderung der Synthisequencersounds nahm. Michael steuerte hauptsächlich die Athmos, Flächen und Akkorde bei.

 

Der Set bestand aus komplett neuem Material und war im Vergleich zu den CD-Veröffentlichungen nicht ganz so druckvoll. Die Arbeitstitel der Stücke lauten:

Bizarre Wallpapers
Hypno Spray Part 1-3
Water Planet
Berlin Nights Part 1-2

 

Die Musik nahm so gefangen, dass die Zeit wie im Flug verging und als der Set zu ende war, wurden wir plötzlich wieder in die „normale Welt\\\" zurückbefördert. Die beiden Musiker wurden zu Recht mit viel Beifall belohnt.

 

Als Zugabe spielten die beiden das Titelstück der Mind~Flux CD Kontinuum. Der Titel, der einige Anleihen an die bekannten Düsseldorfer Kraftwerker beinhaltet, war um einiges Basslastiger und vom Sound druckvoller als die Albumversion. Auch der Gesang unterschied sich in seiner Struktur vom Original. Nach dieser neunminütigen Zugabe war das Konzert leider beendet.

 

Den zweiten Teil des Abends bestritt dann gegen 21.50 Uhr das Project-Inter.com. Dieses Projekt besteht aus den Musikern Bernd Braun (Köln) an der Gitarre, Bas B. Broekhuis (Eindhoven - NL) an den Drums, Detlef Keller (Duisburg) an den Tasteninstrumente sowie Mario Schönwälder (Berlin) Tasteninstrumente. Alle Musiker haben auch eigene Projekte und treffen sich gelegentlich für dieses Projekt. Die Bezeichnung Project-Inter.com ist auf die Verwendung eines Intercom-.Systems zurückzuführen, mit dem sich die Musiker während des Konzertes verständigen.

 

Die Musiker waren gut aufeinander eingestimmt. Während des Konzertes trat keiner in den Vordergrund vielmehr ergänzten sie sich sehr gut. Vor allem das elektronische Schlagzeug von Bas wurde dezent eingesetzt. Die Musik des ca. 45-minütigen Stückes basierte auf Rhythmen, die über längere Strecken beibehalten wurden und über die dann Harmonien und Akkorde gespielt wurden. Die Musik, die ebenfalls neu war und zu einem gewissen Teil aus Improvisationen bestand war sehr homogen. Die Improvisationen von Mario & Co. bauten auf vorprogrammierten Sequenzen auf. Darüber hinaus mischten sie auch die verschiedenen Sequenzen life ab, veränderten sie und improvisierten mit ihnen weiter. Vor allem die Flächensounds und das Mellotron und natürlich die E-Gitarre und die Drums wurden live gespielt.

 

Auch das Project-Inter.com wurde nicht ohne Zugabe von der Bühne gelassen. Dieses Lied war rhythmischer und druckvoller als der erste Titel und hatte eine Länge von ca. 15 Minuten.

 

Den letzten Auftritt dieses Abends hatte dann der Kasseler Elektroniker Wolfram Der Spyra, der auch bereits in der Technoszene einen Namen hat. Neben seinen elektronischen Geräten bot er wohl das außergewöhnlichste Instrument des Tages. Er hatte auf der Bühne ein Stahl-Cello aufgebaut.

 

Hierbei handelt es sich um den Nachbau des von Bob Rutman (amerikanischer Künstler und Galerist) vor ca. 30 Jahren erfundenen Instruments namens Bow Chimes. Wolfram hatte Bob 1998 das erste Mal in London getroffen, wo sie zusammen gespielt haben.

 

Wolfram hatte sich das Original für die Realisierung einer Theateraufführung ausgeliehen. Da für das Stück zwei Bow Chimes verwendet werden sollten, wurde in der Metallwerkstatt des Kasseler Staatstheaters ein zweites nach originalem Vorbild nachgebaut. Das ist das Instrument, welches er an diesem Abend spielte. Neben dem Stahlinstrument wurde der Bogen, mit dem die Stäbe des Stahl-Cellos gespielt werden von Theaterhandwerkern aus Holz, einer Angelschnur sowie einem Weinkorken, der zum Spannen der Schnur benutzt wird, gebaut. Bob war auch an diesem Abend eingeladen, er wohnt in Berlin, hatte jedoch keine Zeit. Bob spielt auch heute noch das Instrument, allerdings ohne den Ton elektronisch zu verändern. Dazu singt er (tibetanisch inspirierten Obertongesang). Außerdem leitet er das Steel Cello Ensemble und war zum Beispiel schon mit den Einstürzenden Neubauten auf Amerika-Tournee.

Wolfram spielte das Gerät, indem er mit dem Bogen an den unterschiedlich langen Stäben und der Blechplatte strich. Durch die große Blechplatte entstehen Resonanzen bzw. der Nachhall. Die so erzeugten mechanischen Töne leitete er mittels angebrachter Kontaktmikrofone in einen Sampler (Kurzweil K2500), wo sie kurze Zeit später über ein Keyboard spielbar wurden und zwar monophon (Soli) oder polyphon (Akkorde). Per Fußpedal konnte Wolfram den Ton beziehungsweise Akkord zeitlich festhalten, um ihn dann mit Synthesizer-Funktionen zu bearbeiten. Um das Rauschen, das entsteht, wenn man mit dem Bogen sanft über die Blechkante streicht, tonal bearbeiten zu können, schickte er den Sound noch durch einen Vocoder. Zu diesem Zweck trug er während des Konzertes ein Headset.

 

Zu Beginn des Konzertes spielte Wolfram mit dem Stahl-Cello sehr tiefe, düstere Töne, dazu wurden gelegentlich Glockenschläge aus dem Sampler hinzugefügt. Dieser Beginn passte sehr gut zu der kirchlichen Atmosphäre. Während er mit der linken Hand das Stahl-Cello mit dem Bogen strich, bediente er mit der rechten die Tasten. Über diese sehr sphärischen Klänge spielte er eine Melodielinie. Nach etwa neun Minuten unterbrach er den Track und gab einige Erklärungen zu dem Stahl-Cello ab.

Danach startete Teil zwei des gut 50minütigen Sets wieder mit Tönen des Stahl-Cellos denen eine Sequenz folgte. In diesem Teil setzte Wolfram auch wieder die von ihm gewohnten Rhythmen ein. Bei seiner Musik, die aus komplett neuem Material bestand, wechselten sich - ebenfalls wie bei den anderen Musikern - ruhige Passagen mit sehr rhythmusbetonten ab. Zum Ende hin setzte er noch einige Pfeifen (wie zum Beispiel eine Trillerpfeife oder eine Kinderpfeife bei der der Ton durch Verschieben eines Stiftes verändert wird - viele kennen sicher noch diese Pfeife mit dem Vögelchen oben drauf-) ein, die er durch verschiedene Echoeffekte noch veränderte. Dazu spielte er natürlich wieder das Stahl-Cello. Gegen 0.30 Uhr beendete dann Spyra sein Konzert. Leider gab es keine weitere Zugabe mehr.

Der Titel Trance passte wirklich gut zu diesem Festival. Alle drei Konzerte ließen die Gedanken schweben oder in entfernte Sphären abtauchen. Wenn dann der Rhythmus und die Basslinien stärker in den Vordergrund traten, blieben beim ein oder anderen auch die Füße, Beine und der Kopf nicht ruhig.

Dem Tontechniker gebührt ein großes Lob. Die Akustik in der Kirche war sehr gut und die Lautstärke optimal der Räumlichkeit angepasst. Die Musik kam klar aus den Boxen ohne die Ohren zu belasten. Es war sehr angenehm ohne Ohrensausen das Konzert zu verlassen.


Stephan Schelle


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