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Fresenhagen 2002

Fresenhagen 2002


FRESENHAGEN 2002

16.-.18.08.2002 Fresenhagen

 

Das diesjährige Fresenhagen Open Air fand wie immer an einem Wochenende vor Rio Reisers Todestag am 20.08.2002 statt. Der Wetterdienst hatte für die Tage vom 16.08.-18.08.2002 strahlenden Sonnenschein vorhergesagt und dies bestärkte uns noch in unserem bereits vorhandenen Verlangen, endlich mal die letzte Ruhestätte unseres Lieblingskönigs aufzusuchen. Zwei Wochen zuvor hatten wir noch versucht ein Zimmer im Rio-Reiser-Haus zu bekommen, was sich jedoch leider als vergeblich herausstellen sollte, da die Wohnungen während des Festivals für die Helfer reserviert wurden. Auch angemietete Pensionen im Umkreis von Fresenhagen waren leider alle ausgebucht, so dass wir uns für die letzte Möglichkeit entschieden hatten und die Festivaltage im Zelt kampieren wollten.

Dies sollte laut Aussage von Arno, einem Zuständigen für die Planung innerhalb des Festivals kein Problem sein und wir würden auf der angrenzenden Wiese des Rio-Hauses schon einen Platz finden. Also, alles rein ins Auto und von Richtung Düsseldorf/NRW nach Fresenhagen/Schleswig-Holstein. Die Anfahrtsumschreibung, die wir uns noch von der Rio-Reiser-Haus-Seite im Internet (www.rioreiserhaus.de) besorgt hatten, führte uns ohne Umwege von Hamburg zum neuen Hinweisschild Rio-Reiser-Haus, dann noch schnell am Golfplatz und an der Autowerkstatt mit Hund vorbei und schon sahen wir es, dass für diese Gefilde typische, gemütliche Haus mit Reetdach. Übrigens ist auch eine Anreise per Zug möglich. Von Hamburg-Altona fährt ein Zug bis nach Niebüll, von hier noch in den Bus oder kurz in Fresenhagen Bescheid geben, dann wird sogar noch ein Abholservice vom Bahnhof organisiert.

Die sechs Stunden Autofahrt hatten wir durch die Vorfreude auf die vielen Eindrücke, die uns erwarten sollten, schon wieder vergessen. Parkplätze waren hinter dem Haus in der Nähe zur Zeltwiese um 15.30 Uhr noch massig zu haben. Für die Parkplätze sowie den Zeltplatz wurde nicht ein Cent kassiert, was uns noch zusätzlich erfreute.

Das Open Air sollte offiziell um 18.00 Uhr beginnen, was uns die Zeit gab, die Umgebung rund um das Haus und Rios Grab aufzusuchen. Wie ja jeder weiß, liegt er da unter dem Apfelbaum. Am Grab angekommen, treffen wir Rios Mutter, Erika Möbius. Nachdem wir uns eine kurze Zeit nett mit ihr unterhalten haben, schauen wir uns das Haus und das davor liegende Festivalgelände an. Nett werden wir auch von Peter Möbius empfangen, Rios Bruder und Vorsitzendem des Rio-Reiser-Vereins. Nach der langen Anreise quält uns jetzt erst mal unstillbar scheinender Hunger und Durst. Als erstes suchen wir den Getränkestand auf, der wirklich alles hat wonach uns jetzt das Herz steht, Flensburger Pils, mit und ohne Alkohol, Weizenbier, Wein, soweit ich gehört habe auch Sekt (den wir nicht probiert hatten), Cola, Fanta, Sprite. Am Getränkestand untersuchen wir erst mal die Speisekarte nach etwas Essbarem. Und auch hier ist für jeden was dabei: Von der Gemüsepfanne (sehr lecker), über Bratwürste und Schweinesteaks, Schafskäsefladen (unser ständiger Begleiter), Gebäckstangen, und nachmittags Kuchen in verschiedenen Ausführungen. Die Preise hierfür sind sicherlich nicht in einem Albrecht-Discounter entstanden, jedoch wussten wir ja vorher, als Mitglieder des Vereins, das sich das gesamte Festival nur über den Getränke- und Speisenverkauf finanziert. Für eine Flasche Flens Alkohol frei oder ein frisches Pils vom Fass mit Alkohol löhnen wir also 2,00 €, was gemessen an anderen Festivals sicher nicht zu hoch kalkuliert ist, die Gemüsepfanne schlägt ebenfalls mit 2,00 € zu Buche, für ein von uns erworbenes, gegrilltes Putensteak bezahlen wir € 4,00, eine Portion Pommes mit Mayo, Ketchup ohne Aufpreis ist bereits für 1,50 € zu haben.

Mittlerweile füllt sich der Festivalplatz und wir suchen uns ein schönes, sonniges Plätzchen in Bühnennähe und fallen erst mal kräftig über die erworbenen Speisen her. Eine Band namens Daily Milk, soll heute Abend das Festival eröffnen. Nach einem kurzen Soundcheck soll es dann losgehen. Peter Möbius begrüßt alle recht herzlich, weist noch mal daraufhin, dass sich das Festival nur über die Verkäufe trägt und wünscht uns ein schönes Wochenende. Nachdem wir nunmehr unsere Biervorräte verbraucht haben, nutze ich die Gelegenheit und schaue mich beim Bierholen noch mal um, was sich hier für Leute versammelt haben. Alles ist vertreten, vom Punk über einige Altrocker in Lederkluft, aber auch Leute bei denen ich nie gedacht hätte, dass sie sich auf ein Festival des ehemaligen Ton Steine Scherben-Sängers verirren würden. Wahrscheinlich sind das Leute aus der Nachbarschaft, die erfreut sind, dass sich endlich mal was tut in ihrer Gegend. Diese Vermutung wird am zweiten Abend durch Peter Möbius bestätigt, der den Anwohnern verspricht, von jetzt an jeden Monat Programm zu machen. Alles in allem aber ein nettes Völkchen quer durch alle Altersschichten. Schlechte Stimmung oder Krawalle sind während des ganzen Wochenendes Fehlanzeige. Die gemeinsame Intention, an Rio in Frieden zu gedenken, verschweißt alle zu einer großen Partygemeinde, so dass es auch einfach ist nette Bekanntschaften zu schließen, selbst wenn man alleine angereist ist.

Zurück an meinem Plätzchen angekommen lauschen wir nun der Band Daily Milk und ihrem ersten Stück, das den Titel Mayday trägt. Der Sound der Gruppe, die fast ausschließlich eigene Songs vortragen, erinnert stark an Punkrock im Stile von Bands wie Green Day. Ich bin der wohl am lautesten applaudierende, da sich am Freitagabend, wahrscheinlich auf Grund der Anreise etc., die Stimmung noch in Grenzen hält. Nach etwa einer Stunde verabschieden sich Daily Milk, und machen die Bühne frei für Klaus, den Geiger aus Köln, nebst Band, die ebenfalls wie Klaus selber, aus Straßenmusikern besteht.

Zwischen diesen Auftritten werden Lieder von Rio und Ton Steine Scherben von CD gespielt, was bei mir beim Scherben-Klassiker Land In Sicht absolutes Gänsehaut-Feeling verursacht. Denn die Textzeile \"und die längst verloren geglaubten werden von den Toten auferstehen\" im Zusammenhang mit der leeren Bühne erwecken in mir den Wunsch das Rio es seinen Zeilen gleich tut, auf der Bühne erscheint, dass verwaiste Mikro in die Hand nimmt und erzählt wie er sich jahrelang mit Elvis und Jim Morrison auf den Bahamas besoffen hat.

Wider Erwarten passiert das natürlich nicht, und der Mikrofonplatz bleibt während seiner Stücke leer. Ein Gedanke der mich danach das ganze Wochenende nicht mehr loslässt, wenn seine Lieder erklingen. Überhaupt hat man das Gefühl, dass der Geist von Rio über allem schwebt. Klaus der Geiger betritt nunmehr mit seiner Band die Bühne und entfacht ein Programm, das sich kritisch mit unserer Zeit und deren Ereignissen auseinandersetzt, sie teilweise verurteilt, die aber immer mit einem Schmunzeln und dem dazugehörigen Humor vorgetragen werden. Den meisten Applaus hagelt es jedoch als, John Banse, ehemaliger Mitstreiter von Ton Steine Scherben und Ex-Mitbewohner des Hofes zu Fresenhagen, von Klaus auf die Bühne gebeten wird um vier Scherbensongs vorzutragen. (unter anderem Der Traum Ist Aus, Land In Sicht). John hat rechts neben der Bühne übrigens noch einen Stand aufgeschlagen auf dem er selbstbedruckte T-Shirts aus Hanf, mit dem Schriftzug Rio verkauft. Am ersten Abend soll man für diese Handarbeit 30,00 € berappen, was mir zu teuer erscheint.

Ich kaufe mir also am Haus, in dem eine freundliche Verkäuferin auch CDs, Schallplatten, Bücher und Videos verkauft, ein T-Shirt für 15,00 € mit dem Rio Symbol Herz, Kreuz, Anker (Liebe, Glaube, Hoffnung). Außerdem sind noch T-Shirts in weiß und schwarz mit dem Aufdruck \"Keine Macht für Niemand\" und das Ton Steine Scherben-Motiv mit der zerbrochenen Schallplatte für denselben Preis auf Lager. Auch hier eine große und wohlausgesuchte Auswahl an Sachen, die einem den Aufenthalt versüßen, bzw. ein schönes Andenken an selbigen schaffen. Leider ist die dritte Band des Abends aufgrund der Hochwasser-Situation gar nicht erst angereist. Der Drummer saß nämlich im vierten Stock seiner Wohnung in Leipzig vom Wasser eingeschlossen fest und konnte dementsprechend nicht auftreten. Nach diesem Auftritt überkommt mich und meine Freundin die Müdigkeit und wir beschließen, der letzten Band, deren Namen mir nicht mehr einfällt, vom Zelt aus zu lauschen.

Der Zeltplatz hat sich mittlerweile gefüllt und bis 5.30 Uhr in der Früh finden wir nicht so recht in den Schlaf, da viele vom Festivalplatz aus auf die Wiese stürmen, um dort die Party in die frühen Morgenstunden auszudehnen.

Nach etwa dreieinhalb Stunden Schlaf erwachen wir in der brütenden Hitze unseres Igluzeltes und machen uns auf zu den Waschstellen. Diese sind in der Nähe unseres Zeltes, und bestehen im Wesentlichen aus zwei Gardena-Duschen und einem überdachten Holzrondell, an den Schüsseln und mehrere Schläuche mit Sprühpistolen angebracht sind. Für das Wetter sicherlich genau das richtige, jedoch möchte ich mir das nicht vorstellen wenn es geregnet oder die Sonne nicht so geknallt hätte.

Den Mittag verbringen wir erst mal außerhalb von Fresenhagen am Meer. Wir verpassen dadurch leider zwei Bands am Mittag. Gegen 15.00 Uhr sind wir pünktlich zu Kaffee und Kuchen wieder da, den Kaffee sparen wir uns, wegen der Hitze, tauschen ihn um in ein leckeres Flens, und machen uns über den, wie wir meinen mit 1,00 € doch recht günstigen, Pflaumenkuchen her. Mittlerweile spielt auf der Hauptbühne Sandy Phillips und Band, die nicht nur durch ihr hübsches Äußeres beeindruckt, sondern auch noch richtig gut singen und musizieren kann und meist selbstgeschriebene Stücke vorträgt. Würde man in Schubladen denken wäre sie und ihre Band am ehesten mit Alanis Morrisette zu vergleichen. Besonders angetan bin ich von ihrer Version des Police/Sting-Klassikers King Of Pain. Leider spielt sie heute keine Scherben oder Rio-Lieder. Die wären sicherlich auch überzeugend rübergekommen.

Als nächste Band ist die Käpt`n Kaos Band aus Hamburg angesagt, und bereits beim Soundcheck hört man, dass man es hier mit absoluten Könnern zu tun hat. Der Gitarrist spielt ein paar Soli, und ich höre den von mir schon seit Tagen so schmerzlich vermissten Blues. Mittlerweile ist es dunkel geworden und der wunderschöne Sternenhimmel von Fresenhagen, den wir so schnell nicht wieder vergessen werden, und der uns über die Festivaltage treu bleibt, schwebt über uns. Die Band steht jetzt auch auf der Hauptbühne, und Käpt`n Kaos persönlich lässt es sich nicht nehmen, die einzelnen Bandmitglieder vorzustellen. Unter ihnen ist ein gewisser Achim Reichel, bekannt durch seinen Song Aloahe.

Eigentlich kenne ich von Achim nur die Sachen, die er so in der Hitparade oder in der MDR-Wunschbox präsentiert, und ahne Böses. Dann fällt mir jedoch wieder ein, dass er ja mal zu den Zeiten der Beatles, relativ erfolgreich, in einer Beatcombo gespielt hat, deren Name mir leider entfallen ist(The Rattles-Anm. d. Redaktion), und in der er doch recht ordentlichen Blues abgeliefert hat. Und zum Glück ist das auch heute Abend der Fall. Käpt`n Kaos und Stargast Reichel reißen uns mit jedem neuem Stück ein bisschen mehr von den Sitzen bis nur noch schallender Applaus vom Publikum zu hören ist. Die Stimmung erreicht dann ihren Höhepunkt als der Scherbenmeilenstein Keine Macht Für Niemand und Reichels Aloahe von ihm und der Band angestimmt werden. Letzteres in einer gut und gerne 10 Minuten andauernden Live-Fassung. Echt Klasse. Zurückblickend auf alle Bands, die wir gesehen haben, hinterließ bei mir die Käpt`n Kaos feat. Achim Reichel den besten Eindruck.

Als letzte Band des Festivals sollte dann noch Timbuktu auftreten, über die ich mir hier kein Urteil mehr erlaube, da wir diese nicht mehr sahen, sondern nur noch wie am ersten Abend vom Zelt aus hörten. Nach einer netten Diskussion über Gott und die Welt verfielen wir glücklich und ein bisschen übermüdet in einen ruhigen Schlaf.

Am Sonntag Morgen erwachten wir so gegen 10.00 und machten uns auf, um noch alles fotographisch festzuhalten. Aufgrund der ja noch anstehenden, langen Heimreise machten wir uns dann auch zeitig auf den Weg und nahmen noch einen Anhalter mit, der auch auf dem Festival war. Auch er bestätigte unseren Eindruck vom Festivalwochenende. Den Zusammenhalt untereinander, die gute Stimmung und die vielen Diskussionen waren wirklich einzigartig und sonst von keinem anderen Festival in dieser Art und Weise wiederbringbar. Unser Entschluss steht fest, im nächsten Jahr sind wir wieder dabei, mit Rio und den anderen beim Festival zu Fresenhagen.

Sascha Sonnwald


Trotz der nahezu perfekten Wegbeschreibung ein weiteres Mal an der entscheidenden Abzweigung zu weit gefahren. Macht nix, weil gewendet und ab. Soll wohl die Vorfreude steigern.

Bei meiner Ankunft am Freitag Mittag auf dem \"Festivalgelände\" (es handelt sich um Hof und Garten, den Ton Steine Scherben vor nunmehr 27 Jahren gekauft haben) dominiert emsiges Treiben. Bühnen, Bier- und Bratwurststände warten auf Erbauung. Wobei den Bierständen meiner Erinnerung nach Priorität eingeräumt wurde.

Eintritt frei. Sehr schön. Nicht nur für Besucher, auch für Musiker. Überhaupt ist die Künstlerbetreuung in Fresenhagen -wie soll ich sagen - OBERSTES REGAL !! Doch dazu später mehr.

Nachdem die Zimmerfrage geklärt ist, beginnt die Suche nach dem Plan, wann ich meine Rock-Chansons zum Besten geben darf. Alle wissen, er ist irgendwo doch irgendwann vermute ich ihn in der Tiefgarage der Dresdner Semperoper, die sich just zu diesem Zeitpunkt ordentlich volllaufen lässt. Da ich aber erst am Samstag spielen soll, werden sich solche Detailfragen wohl noch klären.

Das gibt mir Gelegenheit ein wenig Fresenhagen einzuatmen. Bei meinem nunmehr dritten Festivalbesuch kommt es immer wieder zu netten Wiedererkennungsmomenten mit HelferInnen, Vereins- und Familienmitgliedern. Währenddessen füllt sich das Gelände mit einer bunten Mischung aus Besuchern; alte und junge Scherben/Rio Anhänger, Weggefährten, Freunde, Neugierige, Leuten aus nah und fern, was zu lustigen Missunterhaltungen zwischen den verschiedensten Bundesländlern führt. Lorioteske Szene mit einem Bayern und einem Nordfriesen. Doch ich schweife ab.

Das musikalische Programm beginnt pünktlich um 18 Uhr bei hochsommerlichen Temperaturen mit einer Klangcollage aus Wellenrauschen, Möwengesängen und einem aufziehenden Gewitter. So sitz ich hier bei gefühlten 72 Grad, blauem Himmel und lausche eben dieser Sturmcollage, die irgendwann in dem Titel Land In Sicht endet.

Den Opener machen die Hale Pop Singers, ein etwa 30-köpfiger Chor, ansässig in Nordfriesland. Er singt Gospel und Popstücke gegen die auch weiterhin Anreisenden an, was ich ein wenig schade finde. Hat er doch mehr Aufmerksamkeit verdient. Zu diesem doch recht frühen Zeitpunkt tritt auch Klaus Der Geiger erstmals in Erscheinung, der von nun an ständiger Begleiter nahezu aller folgenden Künstler wird. Dem Gerücht, er sei an diesem Wochenende auch bei Deicharbeiten in der Nähe von Magdeburg geigend zwischen Sandsäcken und THW gesehen worden, ist also kein Glauben zu schenken. Überhaupt spielt das Hochwasser eine nicht unwesentliche Rolle in diesem Jahr. So kann die Band Seltsam aus Leipzig nicht spielen, alldieweil der Trommler auf dem Dach seines Hauses umschlossen von Wassermassen festsitzt.

Weiterhin stürmen an diesem Freitag noch die Musiker von LuU die Bühne. LuU steht für Leck und Umgebung. Allein schon die Existenz eines Ortes namens Leck ist an sich die Reise nach Fresenhagen wert. Denk ich an die Lecker-Chaussee (existiert) und Lecker-Bier (existiert auch nach all den Jahren noch nicht) in der Nacht, kann ich mich eines lauthalsen Schmunzelns nicht erwehren. LuU nannten sich letztes Jahr noch Timbuktu und errangen den dritten Platz beim Rio Reiser Songpreis 2001.

Daily Milk aus Seesen verpasse ich. Sind aber im Norden der Republik wohl bekannt.

Zum Ausklang des ersten Abends wird auf einer ziemlich-Großbild-Leinwand das Konzert von Rio Reiser in der Seelenbinderhalle von 1988 gezeigt. Super Umhängekeyboards, deren Existenz ich schon beinahe verdrängt hatte. Das Konzert jedoch bewegt. Nicht zuletzt wenn ich-weiß-nicht-wie-viele-tausend Menschen singen, dass es dieses Land nicht ist !!!

Der nächste Morgen... immer wieder schön. Viele viele Sonnenbrillen prägen das Bild. Meine liegt in Hamburg. Das Frühstück, wie überhaupt die gesamte Verpflegung ist ausgesprochen gut. Kaffee Kannenweise, Brot, Käse, Wurst und Obst. Später Kaffee und Kuchen, noch später Gemüsepfanne, Schnitzel, Pommes und Mayo. Viel Öko (Ausnahme werden die Pommes sein) und lecker.

Die Preise sind nicht ganz billig, werden aber durch freien Eintritt und der zumeist liebevollen Zubereitung wettgemacht. Zumal auftretende Künstler sowieso freies Essen und Trinken haben.

Musikalisch geht es gegen 15 Uhr weiter. Mit wem weiß ich nicht, da ich beginne zu fiebern. Und zwar Lampen zu fiebern. Der zweite Künstler an diesem Samstag heißt auf jeden Fall Gimmick und ist großartig. Straßenmusiker aus Nürnberg; spielt Eigenes und covert mit viel Humor und neuen Texten. So wird aus Grönemeyers Männern \"Hennen\" , aus Westernhagens Freiheit \"Bayreuth\" und noch viel mehr würd er machen, wenn er das Christkind von Nürnberg wär. Nicht zuletzt lebt Gimmick aber von seiner Improvisationskunst. Er geht aufs Publikum ein und zu. Kennen gelernt habe ich ihn beim letzten Sommerfest in Fresenhagen. Und im Dezember 2001 wurden wir vom Rio Reiser Haus eingeladen, um einen musikalischen Abend zu gestalten. Geheime Tonmitschnitte, die mir nach nur unglaublichen acht Monaten zugespielt wurden, zeugen davon und warten nun auf Veröffentlichung.

Nach Gimmick kommt Sven Panne, über den ich natürlich nur das Allerbeste berichten kann. Und die Sonne brennt. Und es ist heiß heiß, kochend heiß.... und ich bin gut. Leipzig dagegen ist böse, wie ich Tage später in einem Gespräch von Claudia Roth erklärt bekomme. Dies ist aber eine ganz andere Geschichte und gehört auch gar nicht hier hin.

Als nächste Attraktion weiht ein junger Pianist den frisch überholten Flügel im Saal des Hauses mit Rio Liedern ein. Sein Name: Björn Bürger. Immer wieder wird er um Zugaben gebeten. Und immer wieder setzt sich der 16-Jährige, greift in die Tasten und singt mit viel Herz und Inbrunst. Viel später erst wird man ihn nicht mehr hindern, den Saal zu verlassen. Wirklich äußerst beeindruckend; sicherlich ein Highlight des Festivals.

Sandy Philipp And Band spielen auf der großen Bühne. Kann ich aber gar nichts drüber schreiben. Verpasse ich. Was sehr schade sei, wie mir von allen Seiten versichert wird. Und leuchtende Augen können nicht lügen.

Jetzt kommt Klaus Schulz, der Inspirator vom Käpt\'n Kaos Session Club ist eigentlich Verleger. Oxmox, die Programmzeitschrift aus Hamburg, ist sein Werk. Hochkarätige Musiker (Gunther Laudahn, Martin Langer, Reggie Worthy und Achim Reichel) um sich geschart, beginnt er zur prime time.

Fantastische Rhythmusgruppe!! Das Programm dafür haut mich nicht vom Hocker. Viel Rock´n Roll, und Covernummern, die man sich auch hätte schenken können. Alles sehr gut gespielt, aber wer braucht wirklich ein weiteres Knockin´ On Heavens Door? Irgendwann singt Achim Reichel Aloahe und ich glaube alle Zuschauer (und der Platz ist -laut OXMOX mit 3000 Besuchern- üppig gefüllt) singen mit.

Den musikalischen Abschluss des Festivals bildet Timbuktu. Und sie rocken. Schöne Songs. Unerwähnt bleiben sollen auf keinen Fall die zahllosen Musiker, die sich abseits der Hauptbühnen präsen- und in kleinen Besetzungen überwiegend Scherben / Rio interpretieren. Stets unterstützt vom Publikum, entstehen ganz zauberhafte Stimmungen.

Alles in allem ein durchweg gelungenes Festival mit einer - trotz der vielen Besuchern - fast familiären Atmosphäre, und einer ausgesprochen guten Behandlung der Künstler. Dicke Gage gibt\'s nicht, dafür die Möglichkeit vor Publikum zu spielen, welches aus der ganzen Republik anreist ; an einem Ort, an dem -mag es auch pathetisch klingen- Rockgeschichte geschrieben wurde.

Sven Panne

 


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