German Rock e.V. | Das Online-Archiv der Deutschen Rockmusik
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Konzerte in 2008

15.12.2008
Thomas D, Good Men Gone Bad und Enik

Thomas D
Good Men Gone Bad
Enik
17.11.2008
Oomph!

Oomph!
17.10.2008
Knorkator

Knorkator
19.07.2008
Central Park

Central Park
02.04.2008
Versailles (J)

Versailles (J)
26.01.2008
Deep Imagination und Tau

Deep Imagination
Tau

Insgesamt 309 Konzerte gespeichert

KNORKATOR
Halle/Saale, Easy Schorre, 17.10.2008

Seit dem Urknall dehnt sich das Universum kontinuierlich aus. Wird es sich nach dem Erlöschen knorkatorianischer Live-Energie spontan zusammen ziehen und die Menschheit irgendwann zu einem einzigen winzigen Atom komprimieren? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur eines, seit diesem denkwürdigen Tag unserer eigenen fragwürdigen Geburt: Wir werden alle sterben! Nicht heute oder morgen, aber spätestens irgendwann oder noch früher... Wer ist Auslöser all der kollektiven Aufregung?

Knorkator, DIE Band aus Berlin, die seit einem reichlichen Jahrzehnt nicht aus ihrer analen Phase herausgekommen zu sein scheint, ist nur scheinbar freiwillig in den Kinderschuhen stecken geblieben und in Wirklichkeit eher wohl Zu Alt. Warum erklärt sie sich sonst selber für "Am Ende Ihrer Anarchischen Musik-Weisheit"? Ankündigung des eigenen Todes sozusagen. Bevor sich die Knorkatoren, welche für unzählige Hasenchartbreaker verantwortlich zeichnen, nun endgültig in die Friedhofsgrube ihrer selbst kreierten Sound-Revolution werfen, wird ihr Abtritt von der Bühnenwelt ausgiebig und kompromisslos gefeiert. Wenn schon sterben, dann wenigstens fröhlich, frech und laut!

Weil alleine sterben ziemlich öde ist, haben Alf Ator, Stumpen, Buzz Dee, Nick und Tim auf ihrer ausschweifenden Abschieds-Party durch deutsche Lande auch in Halle an der Saale ihre Millionen Fans (inklusive ihrer Milliarden Feinde) eingeladen, ihnen beim Sprung in die Kiste Starthilfe zu geben. So fanden Hunderte von ehrenamtlichen Bestattungshelfern am Freitag, dem 17.10.2008 den Weg in die Easy Schorre, um den ohnehin bevorstehenden Weltuntergang persönlich einzuleiten.

Als sich 20 Minuten nach 20.00 Uhr immer noch nichts auf der Bühne regt, beschleicht mich die Frage, ob die Knorkatoren vielleicht im Backstage noch das professionelle Sterben proben, oder vielleicht (bereits in der Sitzgruppe der Künstlergarderobe elendig verendet) zur Gratisverköstigung von Fliegen, Würmern und anderes Getier beitragen.

Aber nicht doch! 20.22 Uhr betreten die fünf Berliner (zwei davon flauschig wie frisch aus dem Ei gepellte Raubvogel-Küken) die Bühnenbretter. Zottelige Plastikfedern umhüllen den riesig erscheinenden Leib von Alf und seinem unbekannten Begleiter. Hand in Hand intonieren Alf Ator und der mit einem Kaffeewärmer bemützte Fremde zärtlich Das Lied, bevor sich Buzz Dee, Nick und Tim vom Publikum bejubelt zum Mitspielen dazu gesellen. Als der immer noch nicht klar zu identifizierende Mann seine Stimme erhebt und die Fans in der bis zum Bersten gefüllte Easy Schorre zu kommandieren anfängt, fällt es Insidern wie Schuppen von den Ohren: Stumpen, der Terrorisator verbirgt sich hinter der gelungenen Tarnung! Stoppelige Haare sprießen unter seiner Abdeckung hervor. Dort wo es jahrelang so glatt wie auf einem Babyhintern war! Bei ebay verkaufen will er seine Lockenpracht nach der Tour, brüllt er in Halle in die Tiefe der Halle. Klar! Nach dem Sterben wachsen Haare und Fingernägel weiter, und wenn man schon lange tot ist braucht man so ein Zeugs sowieso nicht mehr...

Bei einem brachial geschmetterten Ich Lass Mich Klonen prügelt Alf seine mit Klobürsten gezähmten Trommeln windelweich.


Verflucht Und Zugenäht bringt das aufgewärmte Publikum nun flächendeckend in Ekstase. Es Kotzt Mich An vertreibt auf und vor der Bühne alle Hemmungen, so dass sich Stumpen endlich aus seiner Plastik-Schwitzkammer schält. Er, der den Damen-Badeanzug schon vor Jahren auch für Männer salonfähig gemacht hat, präsentiert sich in einem farbenfrohen, besonders durchsichtigen Modell der Marke DreiNummernZuGroß. Das Teil hat wohl vorher einem japanischen Sumo-Ringer gehört. Grenzt fast an ein Wunder, dass er das Designerteil beim nachfolgenden Bad im Publikum nicht verliert. Warum Bin Ich So Schüchtern? fragt sich Alf bei so viel Stumpen-Präsenz und fängt schon jetzt damit an, seine heutige Folter-Orgel bestialisch zu behandeln. Was für ein Glück, dass er für solche Gelegenheiten immer eine Axt dabei hat! Ich Hasse Musik denkt sich nun auch Drummer Nick, der seine Felle bearbeitet, als wolle er selbige zerlegen. Schwer zu beschreiben, wie unglaublich gut das Gesamtkunstwerk klingt, von der ansprechenden Metzel-Optik mal ganz abgesehen... Allein Tim schaut den gesamten Gig über, an seinen Bass geklammert, so undefinierbar leidend drein, als würde er ein Erdbeben mittlerer Stärke erwarten oder seinen unmittelbaren Tod. Knorkators energetische Ma Baker-Interpretation degradiert die Original-Boney M.-Version zu Pillepalle. All That She Wants bewältigen die Fans genauso textsicher wie herausfordernde Zwischenrufe und aggressiven Pogo. Hardcore ist ja da auch ein passender Soundtrack zum Mitmachen. Geschlechtsverkehr wird dann allerdings nur gesungen und nicht realisiert. Stattdessen wechseln die brutalen Brot-Attacken von der Bühne ins Publikum überraschend Absender und Empfänger, eine bunte Lebensmittel-Schlacht für Fortgeschrittene... Ding Inne Schnauze als Akustiknummer könnte auch Swing Inne Plauze heißen. Die wohlklingende Wellness-Version sammelt Kraft für folgende Exzesse und klingt einfach unwiderstehlich phantastisch. Wehrwurm schwingt nicht minder verzückend im Low-Tempo-Bereich durch die mittlerweile schweißgetränkte Schorre-Luft. Ferien In Algerien ist der Beginn eines improvisierten Medleys, bestehend aus Kultnummern des Knorkator-Sideprojects High Mud Leader.

Deutschland Ist Schön und Blasmusik lassen alle Herzen höher schlagen. Alfs Keyboard weist derweil kosmetisch unschöne Misshandlungs-Erscheinungen auf, aber Musike kommt immer noch von der Bühne runter... Jetzt werden zwei Girls beim Lied Vom Pferd zum Crowdsurfen gezwungen. Damit es auch richtig akrobatisch aussieht, muss oben zur Dekoration ein Typ drauf. Stumpen diktiert wie ein egozentrischer General und die Fans schreiten zur Tat. Die geschundene Orgel geht unter weiteren Attacken Alfs in die Knie, die übereinander kletternden Publikumsakteure auch...

Bei Böse taucht Chef Ator, das geistige Gehirn der Knorkatoren, wie ein großer teuflischer Frosch in die Lichterflut der Bodenscheinwerfer und post wie ein Berserker. Mich Verfolgt Meine Eigene Scheiße wird akkurat runtergerockt und die Schrei-Bereitschaft der Zuschauer durch ein Zugabe-Versprechen gesteigert. Was wird denn das? Geld fliegt auf die Bühne! Bestechungsversuch zur Erhöhung der Zugabenkapazität? Stumpen sammelt grinsend wie beim Pfennigwerfen auf einer Hochzeit. Was will er eigentlich mit dem Klimperzeug? Die Knorkator-Beerdigung finanzieren? Wir Werden Alle Sterben steht dann auch gleich klanglich zur offenen Debatte, der Weg Nach Unten scheint somit vorgezeichnet!

Stumpen möchte jetzt nur noch Kurz Und Klein sein. Deshalb lässt er vor der Bühne ein Loch für sich buddeln beziehungsweise freimachen, um dann todesmutig hineinzuspringen. Lebendbestattung in der Menge? Dem Vorzeige-Turner scheints zu gefallen. "Ich lebe noch! Ich bin noch da" tönt es mit kleinen Unterbrechungen immer wieder aus der jetzt enger zusammengerückten Menschenmasse hervor. Später surft Stumpen routiniert über den Köpfen seiner Fans. Wenn er dabei mal bloß nicht seine frisch gezüchteten Haare verliert!

Zurück auf der Bühne, erteilt er gemeinsam mit seinen Gefechtskumpanen klanglich die Absolution. Buzz Dee scheint die Flexibilität seiner Gesichtsmuskeln neu entdeckt zu haben. Er grinst schon seit einigen Nummern wie ein frisch gebackener Honigkuchen mit spastischer Gesichtslähmung. Alf im zum Federröckchen mutierten "Oberteil" am Unterteil tut es ihm gleich. Nick und Tim arbeiten sich ehrbar rackernd durch die letzten Zugaben. Eigentum, der inhaltlich wohl genialste Knorkator-Song aller Zeiten sorgt für lawinenartige Gänsehaut-Ausbrüche. Beim Saal-Ausfeger Ich Schäme Mich Für Meine Fans sind nunmehr zweieinhalb Stunden seit Showbeginn verstrichen. "Ich geh so was von überhaupt nicht!" hat die Band früher mal versprochen und nun gehen sie doch... Gruppenbindung verstärkendes gegenseitiges Knuddeln aller Musiker, Reihenaufstellung Richtung Publikum, Händchenhalten, Verbeugung, Winken, Abgang... ENDE?


Ist die Menschheit reif für die Umsetzung der von Knorkator jahrelang erfolgreich vorgelebten Anarchie? Die Liebe ihrer Fans wird Knorkator weiter verfolgen, weiter als alle Sch... dieser Welt...Ein dickes Dankeschön an die Meiste Band der Welt, für das ultimativste Stück unkonventionelles Deutschland, das es je gab!


Andrea Göbel

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