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3647 Musiker

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Roedelius, Joachim

eMail-Interview, 2002
GR: = Kurt Mitzkatis für die GERMAN ROCK NEWS
JR: = JOACHIM ROEDLIUS

GR: Wann bist du das erste Mal mit elektronischer Musik in Berührung gekommen?
JR: 1967 als ich in Paris als Privattherapeut / Masseur zugange war, durch meine damalige Freundin mit der Musik von Xenakis und Pierre Henri. (die ja nicht unbedingt elektronische Musik gemacht haben, jedenfalls Pierre Henri nicht, aber in beiden Fällen war diese Musik andersartig genug, neu für mich damals, ungemein interessant).

GR: Wann hast du selbst angefangen Musik zu machen?
JR: Im selben Jahr in Berlin. Bis zur Gründung von Kluster (Ende 1969) schrittweise alleine und in verschiedensten oft ziemlich kurzlebigen Gruppierungen, dabei zuerst auch durch Cafes und Clubs tingelnd, später dann im von mir mitgegründeten "Zodiak" (1968), dann mit Konzerten in der Akademie der Künste (mit Human Being 1969), -der Hochschule für Bildende Kunst (allererster Live-Auftritt von Kluster 1969) und schließlich (vor dem definitiven Auszug aus Berlin und Beginn der langjährigen Wanderschaft von Kluster/Cluster durch Europas Kunstszene ) mit einem 12-stündigen Konzert als Kluster (Ende 1969) in der Galerie Hammer im Europacenter am Kurfürstendamm.

GR: Woher hattest du die Geräte?
JR: Zuerst habe ich auf einer selbstgebastelten Bambusflöte gespielt,Handtrommeln bedient, meine Stimme benutzt, mit auf Kassetten / oder -Tonbändern vorgefertigten (Samples sagt man heute) von allen möglichen Geräuschen gearbeitet und ein Cello "maltraitiert", dessen Klänge ich mit Hilfe eines Pickups durch Verstärker, Echogerät und die im Mischpult eingebauten Equalizer total verändert habe.
Die ersten Geräte (Verstärker / Echomaschine / Mischpult, eine elektrische Orgel etc. in der Zodiak -Zeit 1968) habe ich mit Hilfe eines Kredites gekauft. (Ich war im Zodiak ein begehrter Trommler, jedenfalls für manche Freejazzer,die im Zodiak gastierten. Ich trommelte auf einer riesigen Buschtrommel aus Keramik)

GR: In welcher Beziehung stehst du zu Karl Heinz Stockhausen, Kraftwerk oder Tangerine Dream?
JR: Das sind ziemlich weit entfernte Verwandte im Metier, denn Kluster/Cluster verstanden sich als "die Musikabteilung" der "Freien Hochschule für die Bildende Kunst", die Josef Beuys in Düsseldorf gegründet hatte (durch Conrad Schnitzler, der allererster Schüler von Beuys war und dessen "Ideologie" ...."jeder Mensch ist ein Künstler".... voll übernommen hatte, um sie an mich / uns mit bestem Erfolg weiter zuvermitteln). Kraftwerk und (noch etwas mehr) Tangerine Dream waren irgendwie näher dran, an dem, was wir machten, arbeiteten aber gänzlich anders.
Das Werk von Stockhausen, der ja ein klassisch ausgebildeter, ein akademischer Komponist zeitgenössischer auch elektronischer Musik war, hat mich nie interessiert. Ich kannte Florian Schneider-Esleben, Ralf Hütter, Klaus Schulze, Edgar Froese, Christoph Franke und Peter Baumann (der später ein Werk von Cluster, nämlich Großes Wasser und zwei Werke von mir, Jardin Au Fou und Lustwandel produziert oder zumindest mitproduziert hat ) persönlich, ohne aber (wie erwähnt) deren Musik als Beispiel für meine eigene- nehmen zu können.

GR: Wann und wie hast du Dieter Möbius getroffen?
JR: In den Spätsechzigern in allen möglichen Berliner Kneipen (auch inseiner eigenen-, dem"Abyssmalsyet" in Charlottenburg), bevor er von Schnitzler "für Kluster rekrutiert wurde". Moebius war vor seiner Mitgliedschaft bei Kluster auch regelmäßig Gast im Zodiak.

GR: Wie habt ihr es geschafft als Cluster bekannt zu werden - und wie habt ihr es hinbekommen Konzerte zu geben?
JR: Wir haben etwas sehr Eigenes-, etwas, was sich deutlich von aller zu jener Zeit gemachten elektronischen Musik abhob, gemacht und hatten deshalb schon früh einen ganz bestimmten Fan-Kreis, der sich über den gesamten Globus erstreckte, und dessen Interesse es uns (u.a.) auch ermöglichte , dass wir erst einmal durch halb Europa touren konnten, von Oslo im Norden bis Ljubljana im Süden, von Barcelona über Metz im Westen bis Aachen, Köln, Berlin im Osten.
Wir lebten jahrelang auf der Wanderschaft (mit / in einem alten Opel Blitz-Postbus) kreuz und quer durch Europa, bespielten Kunstmärkte,-Messen, Ausstellungen, Schulen, Universitäten, Kirchen, Galerien, Discos etc. waren aber auch monatelang z.B. in Hamburg zuhause, in Düsseldorf, Köln, in der Nähe von Kiel, in Frankfurt, München, bis wir uns im Weserbergland niederließen, um dort nicht nur das Cluster-Projekt weiterzubetreiben, sondern auch das Harmonia- Experiment, bis es dann auch mit Cluster (nach einer Japan / USA-Tour 1996) zuende ging. (Ich hatte Forst aber schon 1978 verlassen, Cluster arbeitete danach nur noch sporadisch in z.T Jahresabständen zusammen.) Die Kluster / Cluster-Musiken ( die meisten jedenfalls ) sind auch heutenoch genau so relevante Kunst, wie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung. Sie sind "zeitlos".
Das Kluster / Cluster-Konzept funktioniert in meinem Falle immer noch und wenn ich (wie seit dem vergangenen Jahr) auch wieder mit Conrad Schnitzler zusammen musiziere, dann auf dieser Basis (mit gleichbleibenden künstlerischen Resultaten). Das sind mittlerweile zwei CD-Produktionen, von welchen eine im vergangenen Jahr in Japan bei Capt.Trip herausgekommen ist und von Lesern eines großen Japanischen Musikmagazins zu den zehn besten Rockalben des Jahres 2001 gewählt wurde ) Das zweite Produkt ist fertig gemastert und zur Herausgabe (wo auch immer) bereit.

GR: Wie kam es zu Harmonia?
JR: Michael (Rother) ist eines Tages bei uns (Cluster) in Forst (von Klaus Dinger auf die Idee gebracht ) aufgetaucht, um Zusammenarbeit anzubieten, bzw. erst einmal anzufragen ob es unsererseits Interesse dafür gäbe. Als wir uns dann bereits zu Harmonia zusammengetan hatten, wollte Klaus eines Tages aus Neu und Cluster (respektive Harmonia ) eine Supergroup formieren, die dann aber aus vielen verschiedenen Gründen nicht zustande kam..

GR: Wie oft warst du mit Harmonia live zu sehen? Wart ihr viel oder wenig unterwegs?
JR: Anfangs (1973 ) relativ oft, später ( 1974 ) weniger, weil wir dann auch als Cluster wieder mehr zugange waren..

GR: Gab es irgendwelche Vorgaben seitens der Plattenfirmen? Ich meine, die wussten doch sicher, dass ihr nicht gerade Musik für "Goldene Schallplatten" machtet.
JR: Das hätten wir auch glatt abgelehnt, wobei ich sagen muss, dass Michael das zweite Harmoniaalbum von sich aus schon etwas markgerechter "gestylt" hat.

GR: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Eno?
JR: Er wurde uns von Winfried Trenkler 1974 bei einem Konzert (das wir als Harmonia in der Hamburger Fabrik gaben ) zugeführt. Er jammte dort ein bischen mit uns, und wir luden ihn nach Forst ein, wohin er dann zwei Jahre später auch kam, um mit uns gemeinsam die (später als Harmonia 76 - Tracks & Traces herausgekommenen) Musiken zu "produzieren" und wiederum zwei Jahre später nahmen wir (Cluster) dann mit ihm und Conni Plank die Alben Cluster & Eno und After The Heat, sowie einen Track (By This River) auf, der dann auf seinem ersten großen Solowerk Before And After Silence veröffentlicht wurde..

GR: Mit wem hast du in den letzten 20 Jahren so alles zusammengearbeitet?
JR: Alexander Czjzek (Komponist / Wien ), Stanislaw Michalak (Komponist / Lodz), Fabio Capanni (Komponist, Professor für Komposition undArchitektur / Florenz), Nicola Alesini (Komponist / Rom), Tim Story (Komponist / Maumee Ohio), Jurij Novoselic (Komponist Zagreb ), Felix Jay (Komponist / London), Onnen Bock (Komponist Berlin) Susumu Hirasawa (Komponist / Tokyo), Hiroshi Kobajashi (Komponist / Barcelona), Hiroshi & Kumiko Nagashima (Komponisten / Tokyo), Kenji Konishi (Komponist / Osaka, Yuko Matsuzaki (Komponistin / Sängerin / Kyoto), Margarita Alquimia (Komponistin / Opern-und Rocksängerin / London / Mexico City), Werner Moebius (Komponist / Wien), Nikos Arvanitis (Komponist / Athen), Magnus Arnason (Komponist / Reykjavik), Conrad Schnitzler (Berlin), Alex Paterson ( Komponist / London), Thomas Fehlmann (Komponist / Berlin),Caroline Carlsen (Choreografin / Paris), Esther Linley (Choreografin / London), Joao de Bruco (Theatermacher / Musiker / Rio de Janeiro), Mark Lintern-Harris (Choreograf / Musiker / Londo ), Felix Dorner (Komponist / Maler / Wien ), Robero Castello (Choreograf / Lucca), Alessandra Moretti (Choreografin / Lucca), Doris Ebner (Tänzerin / Choreografin / Wien), Thomas Johnstone Grenas (Komponist / Entertainer / Los Angeles), Eric Spitzer- Marlyn (Komponist / Produzent / Wien), Fritz Binnè (Musiker / Grafiker Hamburg), Stephan Steiner (Komponist/ Wien), Andres Gil ( Komponist / Barcelona ), Morgan Fisher (Komponist / Tokyo), Mike Croswell (Komponist / Minneapolis), Robin Storey aka Rapoon (Komponist / Newcastle), John Rose, Diane Timmons & Tony Gerber (Komponisten / Lexington), Dominique Greenberg (Komponist / Paris), Gini Ball (Musikerin / Sängerin / London), Toni Morley (Musiker / London), Vesna Ventura-Kovacevic (Tänzerin / Zagreb-Mailand),Esther Koller (Tänzerin / Wien), Roderik Madl (Choreograf / Wien), Hermann Rid (Musiker / München ), Peter Baumann (Komponist / Produzent / Berlin), Dieter Moebius (Komponist / Berlin), George Taylor (Komponist / London), Frederick Baker (Regisseur / Filmemacher / Wien-London), Deborah Shaffer (Filmemacherin / New York), Dennis Joffe (Kunsthistoriker / Linguist / Haifa), Franz Graf (Musiker / Maler /Professor für Malerei / Wien), Cynthia Schwertsik (Komponistin / Aktionistin / Wien), Red White (Aktionskünstler / Sculpteur / Sidney), Jürgen Ramacher (Bildhauer / Baden), Christian Einfalt (Maler / Klagenfurt), Wolfgang Walkensteiner (Maler / Wien), Diego de Brea (Regisseur / Ljubljana), Arlo Bigazzi (Musiker / Produzent / San Giovanni Valdarn ), Artemiy Artemiev (Komponist / Moskau) u.a.

GR: Uff, das waren ja eine ganze Menge Leute. Was hast du für musikalische Wünsche: Mit wem würdest du gerne mal zusammen Musik machen?
JR: Keine Wünsche. Ich habe das Glück, das machen zu können, was sich (quasi "wie von selbst") ergibt. Ich werde mit allen Musikern/ bzw. Künstlern, "die mir über den Weg laufen", zusammenarbeiten, wenn Chemie und Wissen und Können übereinstimmen. Das habe ich vorgestern wieder einmal mit der spontanen Zusammenarbeit (Live on stage ohne jemals vorher einen Piepser von ihm gehört zu haben) mit Charles Cohen bewiesen, der hier anlässlich des Festivals "Phontaktik" in Wien eingeladen war und das mache ich gerade mit jungen Musikern aus dem Bereich der Popmusik, die mich gebeten haben, verschiedene ihrer Tracks zu remixen. Im kommenden Herbst werde ich (wahrscheinlich) mit den US-Uralt- Elektronikern, den Silver Apples in Paris einen Auftritt haben, bei dem wir auch Uraltelectronik verwenden werden und im Winter werde ich eine kleine US-Tour mit einem amerikanischen Freund absolvieren, bei welcher wir Material, das demnächst bei Herbert Groenemeiers Groenland-Records in London herauskommen wird, darbieten werden (eine eher klassische Kammermusik (Klavier, Cello, Keyboards).
Im Juli spiele ich mit zwei jungen Isländern-, einem Griechen-, sowie einem Österreicher in Reykjavik, dort pur elektronisch und später in Zagreb mit meiner Gruppe Tempus Transit ( Nyckelharpa, Accordeon, Klavier, Geige, Saxofon ). Im August geht`s auf zu den Arbeiten an einem Soundtrack für einen Film über John Lennon zusammen mit den Fratellis aus London. Im selben Monat kommen hoffentlich (zuerst mal auf Vinyl ) die re-( oder besser) mit- Mixes von mir von tracks eines Pop-albums raus, das der Grieche Nikos Arvanitis, soeben fertiggestellt hat, um es mir zur Bearbeitung zu überlassen.

GR: Hast du noch Aufnahmen aus früheren Tagen, die es wert wären veröffentlicht zu werden?
JR: Abgesehen von dem Live-Mitschnitt eines Human Being-Konzertes, das, wenn es endlich auf den Markt kommt, dazu beitragen wird, dass die Geschichte der Entwicklung der Deutschen populären, elektronischen Musik umgeschrieben werden muss, werde ich, wenn ich mir die Mühe mache, durch mein Bandarchiv zu gehen, doch auch noch ne Menge anderer bisher unveröffentlichter Musik finden, (die mit zeitgenössischer Technologie "aufbereitet"), eventuell herausgegeben werden könnte.

GR: Wie beurteilst Du die heutige Elektronik- Szene?
JR: Sie ist sehr reich / vielseitig, gleichzeitig aber sehr oft zu beliebig / gewollt / bemüht / platt / glatt . Oft nur Hirn, nicht genug Bauch und vor allem viel zu wenig Herz, was meiner Meinung nach u.a. auch daran liegt, dass man mit advanced technology, die (Lebens-) Erfahrung, die notwendig wäre, um wirklich relevante Kunst und damit eben auch und gerade, weil Tonkunst die höchste aller Künste ist, Musik zu machen, nicht ersetzen kann, weil Wille allein, weil handwerkliches Können, weil technisches know how, keinesfalls allein sinnstiftend wirken, sondern (meistens jedenfalls ) zu Künstelei führen, zu inhaltlich leeren klanglichen Gebilden, zu Tongedöns, klingenden Nichtigkeiten, die mit großen Worten zu Wichtigkeiten aufgedonnert werden, wofür Festivals, wie etwa beispielsweise die alljährlich stattfindende "Ars Electronica" in Linz,mit "auf höchster Ebene" (durch hochdotierte Preise) abgesegnetenelektronischen Belanglosigkeiten in treffendes Beispiel bieten.

GR: Was wünscht du dir für die Zukunft?
JR: Mögen die Menschen endlich zu Vernunft kommen.

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