German Rock e.V. | Das Online-Archiv der Deutschen Rockmusik
2.067  Deutsche Bands | 166 Bands - International | 3.647 Musiker | 698 abhörbare Interviews | 454 Festivals | 313 Konzerte

vorstand@germanrock.de | 05405 8959241

  • Startseite
  • Aktuell
    • News
    • Rockradio
    • Rock News Magazin
    • FAQ (PDF download)
  • Unser Verein
    • Vorstand
    • Aktive
    • Geschichte
    • Satzung
    • Klick zu Amazon
    • Mitglied werden
  • Inhalt
    • Deutsche Bands
    • Bands - International
    • Musiker
    • Interviews
    • Festivals
    • Konzerte
    • Specials / Events
    • (Riebes Fachblatt 72-75)
    • Buch / DVD
    • Adressen
  • Interaktiv
    • Pressemitteilungen
    • Pressespiegel
    • Linkpartner werden
  • Login
  • Impressum

2067 Deutsche Bands

Anfangsbuchstabe

0-9 Ä (
A B C D E F
G H I J K L
M N O P Q R
S T U V W X
Y Z

Stoppok
Stoppok, Essen

Biografie

Stop: Stoppok! Achtung: Original!
Daß es Typen wie Stefan Stoppok noch gibt, ist ebenso erstaunlich wie erfreulich. Erstaunlich deshalb, weil man Eigenwilligkeit im Massenzeitalter nicht erwartet. Erfreulich, weil Originalität ein absolut seltenes Phänomen ist. Ein Treffen mit dem Sänger, Gitarristen und Autoren Stoppok wird zur Begegnung der dritten Art. Wo es oft genug nur darum geht, die richtige Designerjeans zu tragen, den angesagten Urlaubsort anzusteuern und den neuesten Look lässig zu präsentieren, wo Uniformität als persönliche Note verkauft wird und die Jagd auf Statussymbole Volkssport geworden ist, wirkt ein Kerl wie Stoppok geradezu skurril. Nichts, was erträgt, gehorcht dem dummen Diktat der Trends. Auf den ersten Blick paßt nichts zusammen. Der zweite bestätigt das: Über der grauen Smokinghose ein farbenfrohes, geschmackloses, farbig bizarres Hemd über schwarzem Rolli; zu schwarzen Halbschuhen Ringelsocken. Der schiere Schock, ein wandelnder Stilbruch. Und so geht es dann auch musikalisch weiter: kein aufgewärmter Grönemeyer, kein wiedergekäuter Kunze, kein umgestülpter Lindenberg, kein nachgemachter MüllerWesternhagen. Stoppok, soviel vorab, hat tatsächlich eine eigene Note, einen eigenen Ton. Er kann wohl nicht anders. Das zeichnet ihn aus! Was sollte man über den Mann wissen? Vielleicht, daß der gebürtige Hamburger in der Ruhrmetropole Essen aufgewachsen ist, daß der abgebrochene Student und Straßenmusikant in der Welt umhernomadisierte, sieben Jahre bayrisches Landleben testete und heuer wieder in Essen lebt? Vielleicht sollte man auch dies wissen: Stoppok, Aussteiger auf Zeit, ist zwar mit angloamerikanischer Musik (Jimi Hendrix, Caravan, Gentle Giant...) großgeworden, aber ihm ist klar, daß er nur Deutsch singen will. Ich habe mit Iren, Engländern und Franzosen zusammengespielt und dabei festgestellt, daß sie sowohl sprachlich als auch musikalisch eine Identität haben. Die haben wir abgesehen von geschichtsbedingten Unterbrechungen auch. Man muß nur lange genug suchen und weit genug zurückgehen. Ein Stichwort an dieser Stelle: Folklore. Es geht um die Folklore mit dem Echtheitssiegel, um die Musik aus dem Volk. Nicht PfadfinderGegröle, nicht LagerfeuerRomantik, sondern Folklore als akustischer Rock'n'Roll.

In diesen FolkZirkeln bewegt sich Stoppok ein paar Jahre. ,Man mußte sich', sagt er schmunzelnd, "nicht um LPProduktionen und Veröffentlichungen kümmern. Wenn ich Geld brauchte, und ich brauchte seinerzeit nicht viel, trat ich in den bekannten Clubs auf und gut war's. Gut war auch, daß Stoppok in diesem handverlesenen Kreis sein Handwerk lernte. Neben Gitarre und Keyboards, letzteres Instrument nutzt er in der Hauptsache beim Songschreiben, beherrscht der versierte Musiker auch 5String Banjo. Mandoline und andere, für gewisse Genres typische aiteninstrumente. Die nächsten Stichworte: Country und Bluegrass. Stoppok und das hat in unserer Republik Seltenheitswert versteht sich auf die idiomatischen Spielweisen dieser Musikformen und bringt sie heute als Farbtopfer, Assoziation oder Nuance in seinen Vortrag ein. Zurück zur bunten Biografie des knapp 30jährigen. Stoppok hat Vergangenheit. Aber wie alle kreativen Menschen vermeidet er den Blick zurück. Daß 1992, im Aufwind der Neuen Deutschen Welle, auf dem von Gruner & Jahr vertriebenen RisikoLabel die LP SAURE DROPS UND SCHOKOROLL erschien, wird nicht verschwiegen, aber auch nicht besonders betont. Bewältigte Vergangenheit, Entwicklungsphase! 1997 veröffentlichte Stoppoks damalige Plattenfirma das Album NIE GENUG, eine schon rundere Sache, die dennoch nicht ins Laufen kam. Stoppoks musikalische Eigenwilligkeit in ein deodoriertes Chartthema ummünzen zu wollen, konnte nicht gelingen. "Danach", bekennt der Künstler freimütig, "habe ich erst einmal ein Jahr pausiert." Resultat dieser nachdenklichen Zeit: "Um Gottes willen keine Halbheiten mehr!" Diesem hohen Anspruch wird die jetzt bei BMG ARIOLA MÜNCHEN vorliegende LP STOPPOK voll gerecht. Merksatz: Stoppok ist einfach anders! Während die meisten seiner Kollegen musikalisches Mimikry betreiben und ihre deutschen Texte nachträglich der Musik anpassen, wählte Stoppok den schwierigen Weg.

"Ich wollte einen ,SprachGroove, der dem Deutschen Rechnung trägt. Die Texte sollten sich nicht einem bereits vorhandenen Rhythmus anpassen, sondern sprachliche und musikalische Rhythmik sollten sich gegenseitig bedingen." Ist es gewagt, daß Stoppok vorhat, "typisch deutsch" zu klingen? Ja, das ist es! Aber das Wagnis hat sich gelohnt, Der Versuch, dieses TypischDeutsche positiv zu belegen, ist hier gelungen. Wenn es um die Rhythmisierung der Texte und den organischen Zusammenhang von Sprache und Musik geht, kennt Stoppok kein Pardon. "Hansi (Wollbaum) war ein Glücksfall. Auch er hat sich seit Jahren damit beschäftigt und die Sache völlig rund gekriegt." Es ist, so Stoppok weiter, eine Mär, daß man live im Studio spielen muß, um Songs zum Atmen zu bringen. "Wenn man mit Krücken arbeitet, wird es nichts, egal welche Bedingungen man vorfindet. Hansi hat nachträglich zu meinen Basaläufen und den Maschinendrums getrommelt, und es hat wunderbar geklappt, weil er eine ähnliche Auftassung hat." Die zwölf von Stoppok und in Ausnahmefällen von dem kanadischen Bassisten Kevin McCormick (Melissa EtheridgeBand) produzierten Titel haben Originalton ,nichts Revolutionäres, aber alles paßt halt zusammen, fertig ab!' Stoppok ist ein Spontantexter, der innehält, wenn er nach der zweiten Strophe steckenbleibt. Er läßt die Sache natürlich wachsen. Er wartet ab. Er drechselt nicht. Der Mann schaut dem Volk aufs Maul. Drum könnte man, was er singt, auch ohne weiteres im Alltag sagen: "Wat nu?", "Mir stinkt's auch", "Trend verpennt". Umweltbewußte Floskelei, menachheitaverändernder Missionarismus, politische Standortbestimmungen all das sucht man bei ihm vergeblich. Hier werden Geschichten erzählt ganz normal, ganz banal, einfach schön! CoAutor Bernie Conrads (ja, genau der Bernie von der AutobahnBand) half bei "Verstand sei still" einem musikalischen Prinzip Hoffnung. Ry Cooders "Trouble you can't fool me" inspirierte (!) Stoppok zu dem Song "Ärger du kannst mich nicht anschmieren". Der einzig "wirklich autobiografische Titel" ("Twentours und Seniorenpaß") beschreibt "harte Zeiten", die Kämpfe, die man Leben nennt. Daß ein konträrer Typ wie dieser den "Trend verpennt" und auf dem Jahrmarkt modischer Eitelkeiten aneckt, dürfte mittlerweile klar sein. Stoppok, ein Mann ohne Hobbies und Familie ("Ich hab's versucht"). Mit Taubenzucht oder Abfahrtsski kann er nicht dienen. "Aber trag nur weiter", sagt er lachend. Die Frage folgt: Image? Die Antwort: "Wenn ich auf irgendetwas mache, dann auf konträr und auch das, bitte schön, ohne Krampf." Seit Jahren kauft er in SecondhandLäden ein. Hosen für zwanzig Mark, oben eng unten weit. Wenn er genug Kohle hätte, würde er nach eigenen Ideen auch selbst nähen lassen. Aber auch dann bliebe es bei der Stoppoktypischen Schlußfolgerung:

"Ich stehe auf Sachen, die nicht zusammenpassen." Also nichts Gezüchtetes, sondern Wildwuchs. Bitte keine Schublade. Wenn schon ein Begriff, dann die Stoppok'sche Wortprägung: Wenn schon Mode, dann eine Mischung aus VEBChic und Benneton. Was in puncto Image gilt, setzt sich musikalisch fort. Stefan fügt in unbekümmerter Weise verschiedenste Elemente zusammen, eine folgenreiche und unterhaltsame Begegnung von Rock, Pop, Beat, Country, Blues und anderen Stilgenossen. Eins ist allen Songs gemeinsam: Es geht ab! Und in Ermangelung eines deutschen Begriffes: Es groovt. Ob flotter Shuffle' ob bluesinspirierter Rock mit beachtlichen Gitarrenbeiträgen von Stefan höchstselbst das ist intensiv, lebt und atmet, ist bewegt und bewegend. Der Sänger Stoppok ist ein EntwederOderFall: Entweder man steht auf diesen lässigen, meisterlich schlampigen asalquengel, dieses in höheren Lagen schneidende Organ oder man steht nicht drauf. Aber selbst dann muß man eingestehen, daß hier einer seinen Ton getroffen hat. Wer deutsche Rockmusik sucht, die instrumentale Klasse hat, hier wird er fündig. Wie der Mann mit dem Bottleneck Akkorde verschleift, die Mandolinen schluchzen läßt und mit flinken, stilsicheren Fingern dem Banjo diesen typischen, stählernen Klang entlockt, das zeugt von Souveränität. Stoppoks FolkVergangenheit trägt hier Zins und Zinseszins. Kein Wunder bei diesem Vortrag, daß der "passionierte Faulenzer" Stoppok ruhig in die Zukunft blickt. "Früher wußte ich nicht, was ich wollte. Mir war nur klar, was ich nicht wollte. Aber das reicht nicht. Jetzt bin ich trotz meines Mißtrauens gegenüber der Musikindustrie und meines eklatanten Mangels an Karrierebewußtsein hart darauf vorbereitet, erfolgreich zu sein." Man muß es noch einmal wiederholen: Stoppok ist anders als andere, Seine BiertrinkerMentalität hat bizarre Züge. Er möchte überzeugen, ohne vereinnahmt zu werden. Er möchte gehört werden, mißtraut jedoch den Verheißungen des Erfolges. Er will "keine spezielle Szene ansprechen." Wenn er seine Hörer beschreibt, klingt er selbstbewußt: "Jeder, der noch ein bißchen Hirn im Kopf hat und sich gerne Geschichten erzählen läßt, den interessiert das, was ich mache. Man kann dazu wippen. Man kann den Texten folgen, ohne zu erröten. Man kann auch ganz einfach nur zuhören." Stefan Stoppok sitzt zwischen allen Stühlen und dort sitzt er gut. Seine auf Platte verewigte Discografie ist dürftig: 1990, nur in Kleinstauflage erschienen, eine LP der aus Steeleye SpanMitgliedern bestehenden Ständerband 1992 das Zwischenspiel mit SAURE DROPS UND SCHOKOROLL und fünf Jahre später der halbherzige Versuch mit NIE GENUG. Drumherum die biografischen Ornamente: Landleben, Rückzug, Straßenmusik, Krankenpfleger. Scheinbar Unvereinbares vereint dieser Ouerdenker. Er trug Pferdeschwanz und Koteletten, als das noch überhaupt nicht hip war. Er will, daß man hinschaut, aber er will nicht durchschaut werden. Ein wildes Durcheinander also, das kein schlüssiges Bild ergibt: Gut so! Ein Restrisiko bleibt! Ist es Bescheidenheit Größenwahn Oder einfach freche Übertreibung, wenn Stefan Stoppok Anfang der Neunziger sagt: ,Es ist nicht mein Ziel, von Hinz undKunz auf der Straße angequatacht zu werden, aber ich will die deutsche Rockszene ja nicht untergehen lassen."
[Quelle: ??? etwa 1992]

[Mit Beiträgen von: Carsten Agthe, Andrea Göbel, Frank Schmitt, Regina Sommerfeld, Klaus Unland]

Bilder

23.11.2000
Foto: Andrea Göbel

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

SStoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Instrumente von Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Instrumente von Stoppok am 13.03.2024 in Leverkusen Foto: Ingo Saager

Konzertbericht

STOPPOK

Scala Leverkusen

am 13.3.2024

Ich hatte leider (zu meinem aufrichtigen Bedauern) zum ersten Mal das Vergnügen, den Hamburger mit Ruhrpott Prägung live zu erleben. Zum Veranstaltungsort Scala muss man wissen, dass er mitten in der Stadt liegt, mit wenig Parkmöglichkeiten. Das bedeutete für mich, dass ich inklusive eines kleinen Fußmarsches die ersten 15 Minuten verpasste.

Ich hatte nicht viel Zeit, mich darüber zu ärgern, denn es empfing mich ein geiles, rockiges Gitarrensolo von Stoppok, das mich sofort in den Bann zog. Seine 68 Jahre merkte man ihm nicht an, launig, witzig und treffend gestaltete er die Überleitungen zwischen den Songs. Zum Beispiel bemerkte er beim Thema Kölsch (man befindet sich ja in der Nähe von Köln) und Pils, das er ja gewohnt sei zu trinken, dass Friedrich Merz jetzt wahrscheinlich die Gelegenheit zu nutzen wüsste, eine Trennlinie zwischen den beiden Bierlagern zu ziehen. Applaus und Gelächter folgten. Es gab viel zu lachen bei seinen energiegeladenen Ansagen, seiner Spontanität, Herzlichkeit und Authentizität machten einfach nur Spaß. Dabei waren allerdings auch sozialkritische Worte zu gesellschaftspolitischen Themen zu hören, zum Beispiel bei In Teufels Küche Brennt Noch Licht, dem Titelsong seiner neuesten CD, die er analog und direkt eingespielt hat.

Bei einem Song dieser CD gab es einen Hänger. Er sang weiter mit den Worten “ich habe den Text vergessen…“, fand aber wieder zurück in den Song und erzählte hinterher selbstironisch, dass beim Konzert gestern alles gesessen hätte. Das Publikum hätte sich sogar deswegen beschwert ...Lacher! 

In der ausverkauften Scala herrschte eine lockere und fröhliche Stimmung, so dass er mehrfach betonte, dieser Mittwoch fühle sich an wie Sonntag. Der Preisträger des Kleinkunstpreises Chanson/Lied/Musik 2015, des Weltmusikpreises RUTH, sowie des Musikautorenpreises der GEMA und einiger anderer, ist auf dem Boden geblieben und interagiert gern mit dem Publikum auf Augenhöhe.

Neben Stücken aus der CD Teufelsküche, wie Hier Gibt’s Nix Zu Sehn, Vom Tod Kein Wort, dem sarkastischen In Teufels Küche Brennt Noch Licht, gab es auch Dumpfbacke oder Ärger. Alle Titel habe ich leider nicht mitbekommen. Begleitet wurde Stoppok, selbst an der Gitarre, von Reggie Worthy am Bass, mit dem er auch solo auf Tour geht. Am Piano und Keyboard war Sebel anzutreffen, der auch zur Gitarre griff, und am Schlagzeug sorgte Kallas für den Takt. Es sind hervorragende Musiker, die als Band zusammen ein rundes Bild abgeben, sehr gut interagieren und auch noch Spaß an der Sache haben.

Bekannt ist Stoppok außerdem für seine Konzerte Stoppok & Artgenossen, die großen Anklang finden durch die Beteiligten aus aller Welt. Es können fünf, aber auch 50 Musiker sein, die er zu sich auf die Bühne holt und die oft erst kurz vor der Veranstaltung feststehen. Ich habe uns schon Tickets besorgt.

Petra Saager-Begas

Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
2000 Grundvergüngen LP
2002 Wellness LP

Rezensionen

Grundvergnügen (Grundsound/La-La-Land GmbH)
Gewalt ist keine Lösung, wenn man nur drüber redet..." Gnadenlos ironisch und herrlich scharfsinnig, mit einer unüber-trefflichen Coolness, hier spricht mal wieder einer, der die Schliche des Daseins kennt, den man nicht so schnell verarscht, und der selbst in den krassesten Momenten die Nerven behält.
Wenn sich so einer dann auch noch den Bassisten-Bandkumpel schnappt und eine Akustikscheibe aus dem bluesgetränkten Boden stampft, dann schlägt nicht nur jedes Deutschrockerherz um etliche Oktaven höher, dann bleibt kein Zuhörer auf dem Stuhl und keine Schwingung ohne Reaktion. Im Hauptpart gibt es 13 Songs, die je nach inhaltlicher Härte jeweils zum nachdenklichen Sinnieren, zum schelmischen Grinsen oder zum hemmungslosen Schlapplachen geeignet sind.
Gesellschaftliche und beziehungs-kistentechnische Missstände werden so locker und ironisch aufgedeckt, dass nur der entspannte Spaßfaktor übrigbleibt. Besonders gut kommt Krieg, die gelungene Hommage an Kollegen Rio Reiser, zum Angedenken und zur Mahnung an alle hier gebliebenen. Auch an Nachtzug, Alles nur'n Film oder Herzlos kommt wirklich niemand vorbei. Fast vom Stuhl schmeißt einen letztendlich das herzige Learning By Burning, bevor Bassgenie Reggie Worthy mit One Of Us, Since You Been Gone und Castles Made Of Sand das musikalische Hauptruder übernimmt. Ein Ohrenschmaus der seinesgleichen sucht, findet nach 16 Songs sein wohlverdientes Ende. Verstärkertechnisch ist weniger manchmal mehr, diesem Rundling fehlt es wirklich an nichts, und wer den nich' hat, der hat echt was verpasst! Die ganze Scheibe, welche ausschließlich bei Konzerten und über Stoppoks eigenen Vertrieb zu beziehen ist, kommt in genialer Klangqualität, bei der auch die pingeligsten Tontechniker (oder gar Stoppok selbst) nichts mehr zum Meckern finden würden. Kult!!!
[Andrea Göbel]


w.e.l.l.n.e.s.s. (2002, Grundsound 09362 / Indigo-Vertrieb 2002)
Wenn man sich das Cover der aktuellen Stoppok-CD anschaut, dann kann das dort abgebildete, verdammt ungesund aussehende Kerlchen schon eine Portion Wellness gebrauchen. Seine Therapie war ganz einfach ein neues Studio- und Bandalbum mit 60 Minuten Folkrock & Blues vom Feinsten, welches im Februar diesen Jahres erschien. Es ist sein 13. Album und präsentiert 13 neue Songs, Hut ab!
Stefan Stoppok ist eine "feste Größe im deutschsprachigen Rock. Fest am Boden, scheren er und die Band sich einen feuchten Kehricht um Trends und Mode - abgesehen von der textlichen Auseinandersetzung mit derlei Thematiken" (Amazon). Wie nur wenige schafft er die Symbiose aus Poesie und Ernsthaftigkeit, hat einen unerschütterlichen Hang zu Niveau und Authentizität, vermeidet Schlagwort- oder Betroffenheitslyrik.
Doch er ist nachdenklicher geworden und so manchem treuen Fan fehlt das witzige Stück mit den simplen, eingängigen Klängen. Das Skurrile & Besondere am Alltäglichen, der Sinn für die kleinen Dinge & Details scheint ihm etwas abhanden gekommen zu sein, blitzt dann allerdings im letzten Track und Titelsong mit voller Macht auf - "lebendig, aufmerksam, unbequem, provokant", wie es die Presse-Info für das ganze Album verspricht.
Der Opener Die Festung handelt von dem Gefühl der Instabilität: Eingeschlossen im eigenen Leben, das früher besser war und den Blick nicht mehr nach vorne zu richten vermag. Experten streiten sich, ob das auch nur annähernd autobiographisch ist oder nicht. Dabei ist es doch gerade Stoppoks Kunst, das Fünkchen Wahrheit in jedem von uns zu beschreiben. Kunstvoll ist auch das Arrangement mit Drums & Dudelsack nach dem 1. Refrain. Auch Drehleier, Zither und die originelle Orgel des Danny Dziuk tauchen in späteren Songs immer wieder auf.
Seine Aufforderung zum Tanz singt Stoppok lässig und leicht lispelnd wie der junge Rio Reiser. Der Refrain ist musikalischer Ohrwurm und auch textlich ein kleiner Geniestreich: "Beweg Dein Herz zum Hirn / Schick beide auf die Reise / Tanz Tanz Tanz / Doch beweg Dich nicht im Kreise". Der darauf folgende, leider schwache Song Hauptsache Gesund hat bei aller musikalischen Dynamik keinen Textfluss, der Sänger stolpert - und zwar geradewegs in hinein in die Kälte, welche nur Ein Wort zu schmelzen in der Lage wäre, begleitet von einer wunderschönen melancholischen Melodie auf der Mandoline.
Wenn das Augenzwinkern zu bitterer Ironie wird, und Sieger zu Gladiatoren, dann ist da was im Bus(c)h und Globalisierungsgegner vereinigen sich, um Heut Nacht die ganze Welt zu retten. Und wenn sie das getan haben, stellt Stoppok klar, dass es "viel zu schön hier auf der Erde" ist als sich dem Herdendrang zu ergeben. Ein schönes Lied mit tiefer Stimme und einem Refrain, der hängen bleibt. Am Ende die zauberhafte Aufforderung "geh weiter, langsam und sing dabei". Noch lyrischer wird es in der Folk-Ballade mit Weltuntergangsvision: "Ich denk an Dich noch in 25 Jahren, wenn ... der Geist einer Kindheit zum Abschied noch mal über Schneefelder reist." Zum Heulen schön...
Herzattacke ist nervig mit seinem Sprechgesang, und auch der Anti-Spiesser-Song Alles so Schwarz erricht sein Ziel nicht. Besser wird's dann Mit der Zeit und der Geschichte von der Person, die mit der Zeit geht und zu spät merkt, "dass es zu spät ist, für das große vorgetäuschte Glück" Für solche Zeilen lieben wir den sensiblen Mann aus dem Ruhrpott. Auch für seine anderen Saiten, die er - das sei hier mal erwähnt - auf dem Album an Banjo, Dobro, Fender und Akustikgitarren vielfältig einsetzt & auslebt.
Abenteuerland hat bei Stoppok natürlich nichts mit gleichnamigem Liedgut von Pur zu tun, sondern handelt von dem Mitläufertum in einer Gesellschaft, "wo der letzte Rest Verstand auf mysteriöse Weise verschwand". Der bereits erwähnte Titelsong w.e.l.l.n.e.s.s. ist dann halt typisch: Ein echter Blues, dreckige Gitarre, Soundspielereien, lustig, weil genau beobachtet und charakterisiert - die Geschichte von Pommes-Erwin und Wellness-Werner. Hier ist Stefan Stoppok ganz Handwerker mit Leidenschaft.
Das Booklet ist vorbildlich: Nach einer netten Einleitung folgt ein Report mit Namen und Daten, danach ein Line-Up für jeden Song, alle Songtexte mit Angabe des Entstehungsjahres und schließlich Fotos aus den Studio-Sessions. Wow - hier bekommt der Käufer, der nicht nur Hörer sein will, wirklich was für sein Geld.
W.e.l.l.n.e.s.s. ist ein solides, ernsthaftes & gutes Album, das den Deutschrock hochhält, mit unsentimentaler Tradition, wortgewandt & musikalisch hochwertig.
[Regina Sommerfeld]

Ach Stefan! Seitdem Dich ein deutsches Hochglanzpostillchen mit Ursprung in Amiland aufs Cover gehievt hat und mit Lobeshymnen nur so um sich warf, hältst Du dem Druck nicht mehr stand. Ist ja auch schwer, geb' ich zu. Die wollten ja schon, daß Du bei Little Feat einsteigst, oder wenigstens eine Platte mit Ry Cooder einspielst. Statt dessen gingst Du mit Deinem Bassisten und Freund Reggie Worthy zuerst ins Studio und dann auf Tournee, was auch kein richtiges "Grundvergnügen" war. Jetzt also wieder mit der kompletten Band und deinen beiden Songschreiber Kumpanen Danny Dziuk und Bernie Conrads (ist das eigentlich nicht teuer, solche Leute zu beschäftigen?), das gab Anlaß zur Hoffnung. Aber, lieber Stefan, so leid es mir tut, diese Platte ist Durchschnitt und gemessen an Deinen eigenen, zum Teil erstklassigen früheren Aufnahmen ist das viel zu wenig. Musikalisch kann man Dir zwar wenig vorwerfen. Wenn auch die zündenden Ideen vergangener Tage nur gelegentlich aufblitzen, hast Du doch wenigstens die nötige Routine um ein gewisses Niveau halten zu können. Textlich aber (und das verwundert, ob des oben genannten Songwriter-Paares) ist es doch ziemlich bitter. Wie oft habt ihr jetzt schon Pleiten auf Seiten gereimt? Oder rund auf gesund? Wo sind die trefflichen Milieustudien wie einst "Risiko" oder "Aus dem Beton"? Sag bloß nicht "Pommes-Erwin und Wellness-Werner", das ist abgeschmackter Klamauk ohne echten Blick hinter die Charaktere und Kulissen. Deine La-La-Land Platte (und ich meine den ersten Teil) werde ich nach wie vor ohne hinzuschauen aus dem Plattenregal ziehen, dieses Werk aber ist prädestiniert dafür, Staub anzusetzen. Mußt dich mehr anstrengen, kannste doch!
[Frank Schmitt. Urspr.ersch. in: ROADTRACKS]

Interviews

GR = Andrea Göbel für GERMAN ROCK NEWS
ST = Gitarrist/Sänger Stefan Stoppok für STOPPOK PLUS WORTHY
RW = Basser Reggie Worthy für STOPPOK PLUS WORTHY

Braunschweig/FBZ, 23.11.2000

GR: Ihr seid seit Oktober in Deutschland unterwegs, um die Duo-Scheibe von Reggie Worthy und Dir live zu promoten. Was war die Grundidee für dieses Projekt?
ST: Im Sommer hatten wir zwei gemeinsam ein paar Festivals gemacht, weil die anderen Bandmitglieder keine Zeit hatten. Da haben wir gemerkt, wie gut es als Duo klappt. Somit haben wir uns die Tour vorgenommen, weil man da spontaner agieren kann. Bei den Proben hat sich herausgestellt, dass alles noch besser geklappt hat, als wir uns das gedacht haben. Wir haben also ein paar neue Songs produziert, sind vor der Tour einfach noch mal ins Studio gegangen...

GR: Wo habt Ihr die Grundvergnügen-Scheibe aufgenommen?
ST: Wir waren in München im Studio, das war eine ziemlich spontane Geschichte. So wie wir auf der Bühne spielen haben wir auch das Album eingespielt.

GR: Gab es irgendwelche Besonderheiten bei den Aufnahmen?
ST: Das passierte alles in einem einzelnen speziellen Raum, in dem wir alles komplett eingespielt, analog aufgenommen und analog gemastert haben. Das gibt dem Ganzen einen fetten Sound. Die Räumlichkeit war spitze.

GR: Kannst Du Dir von Grundvergnügen mal Deine persönlichen Lieblingssongs herausgreifen?
ST: Lieblingssongs? Das kann ich nicht genau sagen, ich finde eigentlich alle irgendwie gut. Was herausragend ist, ist Learning by burning, weil das sich im Ansatz wirklich auch so zugetragen hat. Die Story finde ich deshalb schon besonders witzig.

GR: Wann und wie habt Ihr Euch kennengelernt?
ST: Das kann ich gar nicht mehr genau sagen. Über irgendwelche anderen Musiker,- dass man sich irgendwo getroffen hat. Ich glaube vor ein paar Jahren haben wir für einen anderen Sänger im Studio den gemeinsam begleitet und sind so zusammengekommen.
RW: Das weiß ich noch genau! Es war 1995 ein Studiojob für den Sänger Andre Herzberg, von Pankow aus Berlin. Da haben wir (von Copy-Music produziert) ein Solo aufgenommen und von da an haben Stoppok und ich viel zusammen gemacht.

GR: Stefan, Du lebst schon eine ganze Weile nicht mehr im Ruhrgebiet sondern in Bayern...
ST: Ich lebe jetzt auf dem Land, weil ich unheimlich gerne im Grünen bin. Meine größte Anstrengung und mein größter Wunsch ist, überhaupt einmal Zeit zu haben, dass ich mich in meinen Garten setzen kann... Das passiert leider selten genug. Wenn ich das schaffe, in den nächsten Jahren mal ein bisschen mehr Zeit zu haben, dann ist das schon ganz toll.

GR: Was macht Dir heutzutage die größten Sorgen?
ST: Dass es immer mehr bekloppte Leute gibt, dass ein Großteil der Menschheit immer beschränkter, einfältiger und ignoranter wird.

GR: Welche Art von Mensch macht Dir Mut für die Zukunft?
ST: Leute die diese Entwicklung durchschauen und mit aller Kraft dagegen powern. Ich wünsche mir, dass die Menschen sozial und respektvoll miteinander umgehen und sich nicht gegenseitig auf die Glocke hauen...

GR: Welches Ereignis hat Dich mit aller Entschiedenheit zur Musik gedrängt?
ST: Das ich Hendrix gehört habe! Deshalb haben wir auch eine Nummer von ihm im Programm. Der hat mich eigentlich auf diese Fährte gebracht. Ich habe gemerkt: Das erfüllt mich. Er hat mich auch dazu gebracht, was eigenes zu machen, und nicht nur einfach Sachen nachzuspielen. Ich wollte immer seine Intensität kriegen.

GR: Angenommen es hätte bald Dein letztes Stündlein geschlagen... Was würdest Du mit der Dir verbleibenden kurzen Zeit machen?
ST: Ich würde möglichst schnell zu meiner Familie fahren (da ich ja meistens unterwegs bin) würde meine Kinder zusammenklauben und was gemeinsam unternehmen.

GR: Nach welcher Richtlinie oder Philosophie versuchst Du Dein Leben zu realisieren?
ST: Für mich ist es wichtig, im hier und jetzt zu leben, bewusst zu leben. Mit der Vergangenheit und mit der Zukunft im Jetzt zu leben, die Mitte zu finden.

GR: Was gibt es für Dich momentan neben der Band und neben derTour mit Reggie noch für andere Projekte?
ST: Wir haben noch ein anderes Projekt mit einer amerikanischen Sängerin namens Beverly Joe Scott am laufen, wo Reggie und andere Leute auch noch mitspielen. Das ist ein Band-Ding mit eigenem Material. Ich produziere auch noch andere Bands wie zum Beispiel Die kleine Tierschau aus Stuttgart, eine meiner Lieblingstruppen. (Das geht in die Richtung Comedy,witziger Gesang.) Stoppok natürlich das Hauptziel.

GR: Reggie, Deine Soloscheibe wird im Frühjahr 2001 fertiggestellt sein. In welche Richtung geht das und was gibt es darüber zu berichten?
RW: Es geht in Richtung Bass, Schlagzeug, Gitarre, mit einer sehr schönen Stimme und ganz einfachen, guten Songs. Ein Großteil stammt aus meiner Feder, aber es werden auch Coverversionen dabei sein. Wir sind momentan noch in der Planungsphase, aber ich hoffe, dass die Songs auch radiotauglich werden.

GR: Und im Sommer 2001 ist dann mit einer kleinen Tour zu rechnen?
RW: Absolut! Von Ost nach West, Süden nach Norden, wir spielen überall. Auch auf dieser Tour sind wir jetzt schon drei Wochen unterwegs. Es macht solch einen Spaß, denn die Leute sind überall so nett, dass ich selber fast schon überrascht bin, dass es so toll geworden ist! Hamburg, München, Rostock, Eisleben,- ich bin wirklich beeindruckt...

GR: So bewegen sich eigentlich alle Aktivitäten komplett im Musikbereich?
ST: Genau. Musik ist meine Lebens- und Ausdrucksform. Musik und Leben das geht so miteinander einher und da fehlt mir auch nichts anderes.

GR: Mehr als die Hälfte der Tour mit Reggie Worthy hast Du schon hinter Dich gebracht. Was waren bis jetzt die Highlights?
ST: Eine sehr spezielle Reaktion hatten wir zum Beispiel vorgestern in Schwerin. Da waren wir noch nie. Das war unglaublich extrem. Man sagte uns, der Schweriner sei normalerweise nicht so richtig vom Hocker zu haun, aber die Leute standen dort auf den Stühlen! Es ging dort echt die Post ab. Eigentlich passieren dauernd irgendwelche komischen Sachen (wie zum Beispiel heute mit dem dauernden Durchzug auf der Bühne hier in Braunschweig...), das ist ja eben gerade das Gute, dass jeder Abend anders ist. Gestern beim Solo wäre fast der Stuhl zusammengebrochen und ich musste aufstehen, weil der kurz vorm Abwinken war. Normalerweise machen wir unsere Band-Auftritte ja stehend und so haben wir bei Sitz-Konzerten schon manchmal das Gefühl, vor Hummeln im Hintern kaum noch sitzen bleiben zu können.

GR: Wenn das letzte Konzert dieser Reihe am 17.12.2000 in Heiligenhaus gelaufen ist, ist die Sache dann abgeschlossen, oder wird es noch weitere Stoppok plus Worthy Duo-Auftritte geben?
ST: Es hat schon jetzt so viele Anfragen diesbezüglich gegeben, dass wir da wahrscheinlich noch mal einen Nachschlag spielen werden.

GR: Hast Du noch eine persönliche Message zum Abschluss?
ST: Fernseher auslassen! Den habe ich total bei mir verbannt. So geht es mir gut. Wenn ich auf Tour im Hotel mal durchschalte, dann merke ich ganz deutlich, wie rasend schnell das alles schlechter wird, was da über den Bildschirm flimmert. Es ist kaum zu fassen, was da für Scheiße läuft, im Radio ebenfalls. Ich würde mir wünschen, dass sie im Radio mal wieder gute Musik spielen!

Musiker

2002

Bender, Thorsten - d

Bender, Thorsten

Trommler bei Stoppok.

Dziuk, Danny - org, piano, v

Dziuk, Danny

Keyboarder bei Stoppok.

Schulz, Mario - g, dohro, v

Schulz, Mario

Gitarrist von Stoppok.

Stoppok, Stefan - g, banjo, mand, zith.

Stoppok, Stefan

Chief von Stoppok.

Worthy, Reggie - b, v

Worthy, Reggie

Bassist von Stoppok.

News

Kontakt

Offizielle Page: www.stoppok.com

German Rock e.V. - seit 1998 Förderung deutscher Rockmusik und Aufbau eines allgemein zugänglichen Datenarchivs - jeder kann Mitglied werden und die Szene unterstützen.

Und so kannst du uns auch als Nichtmitglied unterstützen.