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Grönemeyer
Grönemeyer, Bochum

Biografie

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[Mit Beiträgen von: Jürgen Hornschuh, Wolfgang Pokall, Klaus Unland, Karin Rocholl, Regina Sommerfeld]

Bilder

Aufkleber

Foto: Karin Rocholl
Sammlung Wolfgang Pokall

Konzertbericht

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Diskografie

Jahr vonJahr bisBezeichnungArtCover
1978 Grönemeyer LP
1980 Zwo LP
1982 Total egal LP
1983 Gemischte Gefühle LP
1984 4630 Bochum LP
1986 Sprünge LP
1988 Ö LP
1990 Luxus LP
1993 Chaos LP
1995 Live LP
1995 Unplugged LP
1998 Bleibt alles anders LP
2002 Mensch LP

Rezensionen

Sprünge (1986)
- "KINDER AN DIE MACHT"
Dieser Song entstand aufgrund großer Kinderaugen, die einen ohne Falsch anschauen, aufgrund dieser verschütteten Fähigkeiten, die man an sich selbst entdeckt, weil man ja selbst mal zu dem Heer der Unschuldigen gehörte. Außerdem nur als Stichwort: Kinderlieblosigkeit, Kinderhaß speziell in Deutschland. Spielverbot, ruhig sein müssen, dieser ganze Quatsch. Kinder strahlen eine ungeheuere Power aus und erst im Kontakt mit ihnen merkt man, wieviel Beton man schon um sich aufgebaut hat. Kein Lied, um Heiner Geissler zu unterstützen.- "TANZEN"
Das war mein erstes Thema für SPRÜNGE. Es geht um den Gegensatz zwischen falschem Nationalstolz und gesundem Selbstbewußtsein, um die fatale Wiederaufrüstung deutschen Denkens. Es geht um die antisemitischen Sprüche eines BRD-Bürgermeisters, um die offene Ausländerfeindlichkeit in Hamburg und München, da muß man einfach Stellung beziehen ... Tolle rhythmische Sachen, Mischung aus "Natur" und "Maschine"; ein Saxophonsolo von einem bis dato unbekannten Kneipenspieler namens Frank Kirchner.
- "MEHR GEHT LEIDER NICHT"
Es ist wunderbar, wenn man jemanden hat, mit dem man keine Profilkämpfe austragen muß, wo man sich nicht verstellen muß, wo man mit allen Schwächen man selbst sein kann. Ich habe zum Glück eine solche Person an der Seite. Jemand, der mir, wenn ich abheben will -und das tut man bei großem Erfolg allzu gern - klipp und klar sagt: Jetzt fängst du leise an zu spinnen. Eigentlich, weil Liebeslied, Variation über ein Thema. Der "Trick" ist:Man darf nur auf seinen Bauch hören. Man will ja gar nichts Neues sagen. Man will ja nur betroffen machen.
- "MASS ALLER DINGE"
Vordergründig geht's um Südafrika, um den heimlichen Kolonialismus, um weiße Überheblichkeit. Sicher, wir alle bedauern lauthals die Ungerechtigkeiten, die auf dem schwarzen Kontinent passieren, vergessen dabei jedoch, daß die Entwicklungshilfe ja gezielt dorthin geht, wo man weiß: Die kaufen etwas von uns, bleiben schön abhängig, weil sie sich wieder verschulden. Wir fahren halt in den Busch und meinen im Oberlehrer-Stil: "Oh Jungs, die Zivilisation kommt, ihr könnt ohne Rasierapparat nicht mehr leben".
- "NUR NOCH SO"
Ich wollte mal einen Shuffle schreiben mit Bläsern und allem Drum und Dran. Text spricht von völliger Hingabe. Muß man nicht hyperernst nehmen.
- "UNTERWEGS"
Rock'n'Roll-Syndrom. Die Leere nach einem Konzert. Sehnsucht. Alle vermuten gerne, man mache jede Nacht einen drauf und eine nach der anderen. Die Realität ist, wie so oft, nüchterner: Man liegt (fast immer) allein. Auf der musikalischen Seite, die ja bei mir oft ausschlaggebend ist, eine "gepickte" E-Gitarre, die mir besonders gut gefällt, ein verschleppter langsamer, sich langsam aufbauender Groove.
- "LÄCHELN'
Ohnmacht und Wut, die vor dem Fernsehen entsteht, wenn man Zimmermann oder Wörner oder andere dieses Kalibers sieht, wie sie mit einem grandios überheblichen Lächeln jede Kritik (und sei sie noch so berechtigt) einfach wegstecken. Alles wird nicht nur ausgesessen, sondern auch ausgelächelt. Als Kohl 1974 parteiintern davon sprach, Bundeskanzler zu werden, sollen die allermeisten nur gelacht haben. Man hielt diesen Mann für zu dumm, ein Loch in den Schnee zu pinkeln. Seine einzige Qualität: Das Aussitzen als Methode. Die Macht und Qualität der Demokratie müssen es sein, diese vom Volk gewählten Vertreter rauszuwerten, wenn sie groben Mist bauen. Im normalen Berufsleben wären die meisten dieser Herren längst gefeuert; auf dem Fußballfeld hätten sie längst die rote Karte gesehen. Dieses Lächeln macht mich einfach wahnsinnig.
- "VIEL ZU VIEL'
Zuerst hatte ich diesen aufgelösten Akkord, diese bachartige Figur. Der Hauptspaß bestand darin, so eine eigentlich klassische Figur rockig hinzukriegen. Text: Abenteuer. Man läßt sich ein. Trifft ein Übereinkommen. Das flüchtige Abenteuer geht schief, weil es eben nicht flüchtig bleibt. Es hinterläßt tiefe Spuren, es tut weh. Das Betriebsausflugssyndrom mal anders.
- "EINMAL"
Zwei Pole: Leben und Traum. Gegen das neue deutsche Prinzip Hoffnung und das "Uns geht's ja immer besser"-Gerede. Da sitzen die Kids zu Hause, keinen Job, obwohl alles günstig ist: der Dollar im Keller, die Inflationsrate niedrig, blablabia ... Wenn nicht jetzt, wann sonst soll man was für die Kids tun. Situation: Traumschiff auf der Mattscheibe und Trouble, wenn man aus der Tür geht.
- "ANGST"
Ein 6/8-Takt. Wanderung durch die Tonarten. Hinterlistige Ballade. Fängt langsam an, steigert sich unaufhörlich. Glanzlicht: die olle nöhlige Hammondorgel.
[Presseinfo 1986]


Mensch (2002, Grönland / EMI 724354162121)
Vier Jahre nach seinem letzten Studioalbum Bleibt Alles Anders veröffentlichte Herbert Grönemeyer im September sein neues Album mit dem Titel Mensch. Vier lange Jahre der Trauerarbeit und inneren Widerbelebung liegen hinter ihm. Die Öffentlichkeit nahm betroffen teil an seinen massiven Schicksalsschlägen und war um so gespannter auf sein aktuelles Werk. Und doch übertrifft das Album alle Erwartungen und kann ohne Pathos als Meisterwerk bezeichnet werden.
Nachdem 1979 sein erstes Album gnadenlos floppte und er 1984 mit Bochum den Durchbruch erreichte, wurde Herbert Grönemeyer ein einflussreicher und beständiger Musiker mit eigenem Stil. Viele Hits konnte er verbuchen, zeitlose Klassiker der deutschsprachigen Rock- und Popmusik. Die Top-Platzierung in den Charts blieb ihm jedoch verwehrt - bis der Song Mensch in den Radios lief und mit den zwei Worten "Du fehlst" mehr Wirkung erzielte als man mitunter vertragen konnte. Niemand kam um dieses wunderbare Stück Musik herum und so stieg die Single von null auf eins in die Deutschen Charts. Ein Hauch von Magie wehte in diesen Tagen durch unser Land.
Mensch ist auch der erste Track auf dem gleichnamigen Album und gleichzeitig der rote Faden in diesem Werk. Der sommerliche Groove versinnbildlicht eine neue Lebenslust, die sich im Text durchaus wiederfindet, täuscht aber nicht über das nachdenkliche Potential hinweg. Grönemeyer hebt menschliche Attribute ans Tageslicht, die seiner Überzeugung und wohl auch seiner Erfahrung entspringen. Und eben nicht nur seiner. Wenn die Möwen leise kreischen und das Klavier den Bass ersetzt, dann steht man am offenen Meer der Emotionen und schaut in die Abendsonne. Die Botschaft ist klar: Der Mensch ist das Zentrum unserer Gesellschaft, unserer Welt. Mit dieser humanen Hymne im Kopf lassen sich alle auf dem Album folgenden Songs inhaltlich vergleichen. 66 Minuten Menschlichkeit und professionelle Musikproduktion.
Selbst Neuland handelt nicht unbedingt von einem politischen System, sondern von einer Nation und deren Bürger: "Ich mag dies Land, ich mag die Menschen, ich mag nicht den Staat". Zu wilden & schrägen Gitarren wird Herbert zum Grölemeyer und rockt in atemberaubendem Tempo richtig los. "Kein Gleichschritt, keine Zwänge". So punkig - in jeder Beziehung - hätte man ihn im Jahre 2002 sicherlich nicht erwartet.Und doch ist es keine Ausnahme, da auch Viertel Vor Vier so richtig abgeht, musikalisch wie textlich. Und Grönemeyers erkennende Essenz kurz vor dem nuklearen Weltende lautet "Man hat nicht gelebt, wenn man es nicht probiert".
Leider gehören zu den Lebenserfahrungen auch Trauer und Schmerz. Jeder geht anders damit um, aber jeder kennt es. Und darum kann eine Ballade wie Der Weg niemanden kalt lassen. Herbert Grönemeyer zeigt Stärke, indem er Schwäche offenbart. Er lässt den Hörer teilhaben, gibt ihm Worte. Der Songtext - eine zauberhafte Hommage an seine verstorbene Frau Anna - drückt in Fragmenten wie "Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet" oder "Ich trag Dich bei mir bis der Vorgang fällt" auf poetischste Weise aus, was viele andere Menschen emotional nachvollziehen können. Getragen von einer intimen Gesangsakustik, schwermütigen Streichern und einem subtilen Klavierspiel.
Ebenfalls sehr niedergeschlagen & seelenwund ist der Song Unbewohnt, auch wenn hier im Gegensatz zu Der Weg Kälte statt Wärme regiert, Leere statt Fülle den Platz einnimmt. "Es tropft ins Herz, der Kopf unmöbliert und hohl". Klavier & Celli im Midtempo begleiten den einsamen Alltag.
Es sind nicht nur das Private und die Tiefe, welche dieses Album so besonders machen, sondern ebenso die musikalische Vielseitigkeit und künstlerische Weiterentwicklung. Grönemeyer windet sich gerne mal aus den so typisch deutschen Schubladen und präsentiert wie selbstverständlich ein temperamentvolles Jazz-Arrangement, dass an Ricky Martin erinnert. Textlich handelt Lache, Wenn Es Nicht Zum Weinen Reicht von Stagnation in den Rädern des Lebens: "Tausend Haare in der Suppe und Dein Löffel hat ein Loch". Je nach eigener Befindlichkeit kann der Hörer dazu lächelnd mit den Hüften wackeln oder haareraufend erkennen, dass der Sänger auch sein Leben besingt. Dann wünschte man vielleicht sogar, dass Herbert Grönemeyer anruft und eine alte Schellack-Platte über das alte Grammophon abspielt, genau wie im Song Dort Und Hier, um zu versuchen, Kontakt zwischen den Welten diesseits und jenseits von Eden herzustellen.
Das Ende des Albums Mensch verlässt die düstere Seite und melodische Sinnlichkeit, um sich den melodramatischen Spannungen und psychedelischen Soundeffekten zu widmen. Eindrucksvoll, tanzbar und bannend sind Blick zurück über Altersweisheit oder Kein Pokal mit krachigem Refrain und ebensolchem Ende einer Beziehung.
Selbstbefreiung für den Weg Zum Meer könnte als inhaltliche Konsequenz und Vision des Albums betrachtet werden. Noch einmal ein Monument, noch eine Säule damit der rote Faden auf seinem Weg vom Menschen zum Meer nicht den Halt verliert. Streicher & Klavier erklingen in symphonischer Größenordnung, die Percussions sind etwas zu aufdringlich und würden in Reduzierung auf Herzschlag-Beats besser zum Song wirken.
Als Bonustrack präsentiert Herbert ein balladeskes Demo mit dem Titel Letzter Tag und 14 Minuten (!) später einen weiteren "hidden Track": Eine junge Stimme singt auf englisch einen ruhigen Popsong und es könnte, der sehr persönlichen Notes des Gesamtwerkes folgend, Grönemeyer Junior sein, aber das bleibt ein Geheimnis.
Was bleibt? Zum einen der Drang, die CD gleich noch einmal zu hören und zum anderen ein enormer Respekt vor dem Menschen & Künstler Herbert Grönemeyer. Es bleibt ein tiefer Eindruck zurück, der dieses Album zum Besten des Jahres macht.
[Regina Sommerfeld]
Songbook: Alles (2008, mmp, ISBN13: 978-3-86543-335-0)
Herbert Grönemeyer ist wohl einer der bedeutendsten und besten Musiker, die dieses Land zu bieten hat. Seit über zwanzig Jahren mischt er nun in diesem Business mit und hat unzählige Hits geschrieben. Die Vielfalt und Ausmaß seines Schaffens hat man nun in einem kleinen, handtaschenfreundlichen Büchlein zusammengefasst.
In Alles bekommt man wirklich Alles. Ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis macht einem die Suche nach dem richtigen Song leicht. Dann folgt eine Discografie und los geht's auch schon mit den Songtexten. Beginnend mit Alkohol über Bleibt Alles Anders, Musik Nur Wenn Sie Laut Ist bis Stand Der Dinge und Was Soll Das, sind hier alle Songtexte verewigt mit den entsprechenden Gitarrenakkorden. Zu Guter Letzt befindet sich noch eine Grifftabelle am Ende des kleinen Buches.
Einzig negativ zu erwähnen bleibt mir die Optik, der Umschlag ist zwar schön abwaschbar, allerdings ist die Grundfarbe Weiß und die Schrift in Neongelb, was einem das Lesen erschwert. Aber da es sich hier nur um die Hülle handelt und nicht um den Inhalt, sehen wir mal grob drüber hinweg.
Fazit: Eine super Sammlung aller Grönemeyerhits. Ein Muss für jeden Fan, der sich die Texte noch mal zu Gemüte führen und die Songs eventuell auch mal selbst nachspielen will.
[Madlen Meier]

Interviews

Noch 1984, als BOCHUM veröffentlicht wurde, war der Schauspieler wesentlich populärer als der Musiker Herbert Grönemeyer. Das hat sich - nach 1,4 Millionen verkauften BOCHUM-Exemplaren - gründlich geändert. Durch Hits wie "Männer", "Flugzeuge im Bauch" und "Alkohol" wurde der Wahlkölner zum Dauergast in den deutschen Hitparaden. Seine Schlüsselrolle bei der "Band für Afrika", seine kritischen Aussagen zum politisch "gewendeten" Deutschland und die zahlreichen Festivalauftritte machten deutlich, daß Grönemeyer zu dem kleinen Kreis von Musikern gehört, die "aus dem Bauch heraus spielen, ohne dabei gleich den Kopf zu verlieren." -Anläßlich der Veröffentlichung seiner aktuellen LP SPRÜNGE erzählt Grönemeyer, wie er mit der großen Erfolgsvorgabe zurecht kam, was er von seinen Hörern erwartet, wo er seine Einflüsse sieht und welche Ziele er sich setzt...

Wie würdest du - als Urheber - die musikalische Entwicklung von BOCHUM-zu SPRÜNGE beschreiben?
SPRÜNGE ist sicherlich eine Fortführung von BOCHUM, ausgereifter, mit der Erfahrung von zwei Jahren im Rücken, aber musikalisch nicht etwas völlig anderes. Textlich bezieht sich diese LP stärker als BOCHUM auf nationale Phänomene, auf die politische und soziale Großwetterlage: mit Liedern über das neue deutsche Lächeln, den Hang zur Verinnerlichung, der allgemeinen Angst usw.

BOCHUM hat 1,4 Millionen Exemplare verkauft. Lastete auf dir ein großer Erfolgsdruck?
Sicher wird man in der Öffentlichkeit mit Argusaugen darüber wachen, ob der Grönemeyer das wieder schafft. Ich distanziere mich gar nicht bewußt von diesem Erfolgsdruck nach dem Motto "Lieber vorbauen als umfallen", sondern sage mir: Ich habe BOCHUM nicht gemacht, um 1,4 Millionen davon zu verkaufen. Nun ist das mal passiert, was mache ich draus? Wenn ich von jemandem eine Lieblingsplatte hatte und die richtig wundhörte, dann dauerte es erfahrungsgemäß sehr lange, bis ich entdeckte, daß auch der Nachfolger schön ist. Insofern... abwarten! Außerdem werden sie sowieso alle die Messer wetzen. Und drittens: Ich mache schon jahrelang Musik und ich mache weiter. Man darf nicht in den Wahn verfallen, den Leuten die Platte um die Ohren zu hauen nach dem Motto: Du hast schon eine Grönemeyer, jetzt mußt du noch eine kaufen. Ich will ja gar nicht, daß die Leute meine Platte blind kaufen. Sie sollen sich mit mir genauso kritisch auseinandersetzen wie mit anderen Dingen, um hinterher ja oder nein zu sagen. Wenn sie darauf stehen, gut. Wenn nicht, kann ich auch nichts daran ändern.

Wie stehst du persönlich zu dem Riesenerfolg? Wie kommt man damit zurecht?
Ich habe in den letzten zwei Jahren bemerkt, daß Erfolg sich unheimlich schnell verselbständigt. Es wird unwichtig, was in der Dose ist - man weiß nur, daß die Dose Erfolg hat. Und jeder will damit Geschäfte machen. Man ist plötzlich ein Produkt, ein Marktwert - und das unabhängig davon, ob man Heino oder Grönemeyer heißt. Dagegen kann man nur angehen, wenn man konsequent sein Ding durchzieht. Es geht mir also nicht darum. auf Teufel komm raus die Ansprüche hochzuschrauben, sondern darum, weiterzumachen - fast so, als sei nichts geschehen.

Einfache Frage: Wie macht man das?
Eine Platte zu machen - und das verkennen viele - ist ja keine Auftragsarbeit, die dann und dann fertig zu sein hat, sondern im besten Fall ein persönlicher Ausdruck. Und den kann ich nur selbst bestimmen. Sicher, man erfährt immer wieder von den markttechnischen Zwängen und Strukturen, aber davon versuche ich mich weitgehend loszumachen, sonst fabriziert man nur noch Müll.

Apropos Müll. Auf dem Popsektor wird die akustische Umwelt ja sehr häufig verschmutzt. Wie und worin unterscheidet sich Rockmusik davon?
Die Frage, die man sich stellen muß, lautet: "Was macht man eigentlich?" Sicherlich hat die Rockmusik in ihren Ursprüngen - egal. wo die im einzelnen liegen - eindeutig politische Funktionen. Sie war provokant, war gegen das Establishment und erzeugte eine ständige Reibung. Als Musiker bin ich bestimmt kein Bilderstürmer. Ich stehe auf meine Kompositionen, aber außergewöhnlich sind meine Songs nicht. Darum versuche ich über die Textschiene dieses Moment des Unbequemen hereinzubringen. Es geht nicht darum, Kunst mit Ewigkeitswert zu machen, aber man sollte doch bemüht sein. nicht in dem Sog des Konformismus unterzugehen.

Auf BOCHUM hast du das Phänomen der Amerikanisierung reflektiert und kritisiert. Gerät man nicht in Interessenkonflikte, wenn man andererseits von angloamerikanischer Musik beeinflußt ist?
Jein! Sicher bin ich von angloamerikanischer Musik beeinflußt, aber wenn man sich meine Kompositionen mal genau anschaut, dann bemerkt man, daß ich auch von der europäischen Klassik viel gelernt habe - harmonisch und kontrapunktisch und in zig anderen Beziehungen. Außerdem gibt es da auch eine gewisse Nähe zum deutschen Volkslied. Und speziell in den Texten versuche ich - wie schon eingangs erwähnt - auf die deutsche Situation einzugehen und jede falsche Internationalität zu vermeiden.

Anderes Thema: Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Herbert Grönemeyer und seiner Band ab?
Wir haben im Grunde eine sehr seltsame Entwicklung als Band durchgemacht. Ursprünglich nur als Begleitung engagiert, sind wir inzwischen zu einer festen und sehr intakten Einheit zusammengewachsen. Dadurch klingt SPRÜNGE auch besonders satt, alles steht wie eine Eins.

Das Ganze firmiert unter Herbert Grönemeyer? Inwieweit bist du der Boss?
Also ich schreibe die Stücke und die Texte. Ich singe und spiele - mehr oder weniger - Keyboards. Die Platte ist eigentlich ein totes Medium, dem man soviel Leben einhauchen muß, wie eben geht. Darum stammen die Arrangements dann von der ganzen Band - und ich habe sehr kompetente Musiker, die ohne weiteres imstande sind, ihren Beitrag zu leisten. SPRÜNGE habe ich zusammen mit dem Bassisten Norbert Hamm produziert, der sehr klare rhythmische Vorstellungen hat. Das kann der unheimlich gut. Wir probieren aus, fummeln rum. Es gibt da keine dirigistischen Vorgaben.

Wo entstehen die Stücke?
Am Klavier - dann mache ich kleine Demos, schreibe die harmonischen Strukturen raus, die hören wir uns zusammen an und auf dieser Basis arbeiten wir uns dann langsam vor. Das Fett wird angebraten und jeder legt seinen Speck in die Pfanne. Musikalisch stehe ichnicht da als der große Meister, aber inhaltlich muß ich für das, was da abgeht, gerade stehen.

Du hast vorhin den klassischen Einfluß erwähnt. Wie macht sich der bemerkbar?
Dafür müßte ich dir das Songbuch mal zeigen. Eigentlich klingen die Kompositionen ja ziemlich populär, aber wenn man genau hinsieht, dann bemerkt man doch den Klassiker. Man denkt, das ist völlig flockig, aber "Bochum" z. B. fährt durch verschiedene Tonarten - von C nach F nach AsDur... Das fällt keinem auf und genau das bereitet mir einen Heidenspaß. Aber ich mache auch daraus keine Religion: "Männer" z.B. ist sehr einfach gehalten. Das sind Spielereien von mir.

Wie gut bist du als Pianist?
Ich spiele eigentlich mittelmäßig. Unser Keyboarder Alfred Kritzer spielt richtig geil. Ich bin der Meinung, daß man Musik aus dem Bauch heraus macht und daß man das auch nicht analysieren kann. Kunst generell - also auch Musik - hat nichts mit Lernen zu tun, sondern zuallererst mit Intuition und Leidenschaft. Man redet zwar hierzulande gerne von Formalismen, aber Kunst ist eine Identität mit sich selbst, ein SichHinstellen und etwas behaupten, was eigenständig ist. Nur das strahlt die Kraft aus. Entweder man trifft den Punkt oder man trifft ihn nicht.

Eine führende deutsche Musikzeitschrift hat dich mal des Pathos bezichtigt. Würdest du dem zustimmen?
Ja - solange ich glaube, das für mich verwenden zu können, habe ich vor dem Pathos auch keine Angst. Wenn ich z.B. "Scheiße" schreie, dann ist das pathetisch. Im Alltag ist man ja auch nicht immer so distinguiert. Alle Gefühlsausbrüche, jede Liebeserklärung - alles pathetisch. Nur: Das Pathos darf nicht zum Gesetz werden, zum wagnerianischen Brunftgebrüll.

Was bringt dir die Schauspielerei im Gegensatz zur Musik?
Von der Entwicklung her war es ja so, daß ich als Musiker zum Theater kam. Die Schauspielerei war eigentlich ein Nebenprodukt. Die haben mich auf die Bühne gestellt und gesagt: "Nun spiel mal, das kannste vielleicht auch noch ..." Weil ich nie Schauspieler werden wollte, hatte ich dazu ein ganz eigenartiges Verhältnis. Das fanden die besonders interessant. Ich war in Bochum als musikalischer Leiter und verbrachte zwölf Stunden im Theater. Sehr lange habe ich die Schauspielerei von dieser Spaß-Seite aus betrachtet. Ich machte mir nie Gedanken darüber, was Schauspielerei eigentlich bedeutete. Mit einigen Texten von Shakespeare in "Wie es euch gefällt" oder "Hamlet" konnte ich schlichtweg nichts anfangen. Inzwischen nehme ich das natürlich ernster. Ich beschäftige mich mit den Rollen, baue den Charakter auf usw.

"Das Boot" war international ein großer Erfolg. Öffnete sich dadurch die Tür nach Hollywood?
Sicher, aber das war viel zu früh für mich. Außerdem war es weiß Gott nicht mein Anliegen, in Hollywood Karriere zu machen. Es geht mir zuerst um den Inhalt - und es ist mir egal, ob das gute Buch aus Amerika oder Albanien kommt. Man kann ja nicht filmen mit dem fatalen Wunsch, irgendwann mal eine Hollywood-Berühmtheit zu sein. Das wäre die total falsche Prämisse. Man kann seinen Weg nur machen über Inhalte.

Für wie gut hälst du dich als Sänger?
Ich kann bestimmt besser singen als schauspielern. Nicht unbedingt von der Technik her, aber von der Freude, vom Ausdruck her.

Stehst du gerne auf der Bühne?
Ja, das ist ja wohl der Grund, warum man Musik macht. Ich stehe wesentlich lieber auf der Bühne als im Studio.

Hälst du dich mit irgendetwas fit?
Nein, kein spezifisches Fitneßprogramm. Mich trägt die Freude an der Musik und an den Konzerten. Joggen finde ich öde, weil man da so vereinsamt. Ich zehre konditionell noch von meiner Fußballer-Zeit.

Welche Pläne hast du für 1986/87 ?
Zuerst kommt SPRÜNGE, dann eine Tournee, dann muß ich auch mal wieder Urlaub machen. Im übrigen plane ich nicht besonders weit voraus.

Bist du zufrieden mit dem, was du bis jetzt erreicht hast?
Ja! Ich habe mir selbst nie Marken oder Ziele gesetzt. Ich lebe so vor mich hin und mache das, was ich machen will. Mein einziges Ziel: so intensiv zu leben, wie es geht! Nicht verblöden. Ich bin zufrieden. Aber das ist kein Lebenszweck für mich. Wichtiger ist: Ich muß wissen, daß es weitergeht. Wenn's mir schlecht geht, setze ich mich ans Klavier und baue über die Musik Spannung ab. Solche Möglichkeiten machen das Leben lebenswert.

[Presseinfo 1986]

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